Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lauter reizende Menschen

Lauter reizende Menschen

Titel: Lauter reizende Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott - Joyce West
Vom Netzwerk:
um die Scheidung, schrieb ihr erneut deswegen, während sie bei mir wohnte — aber sie blieb unerbittlich. Jede Scheidung, erklärte sie, sei des Teufels — eine Bemerkung, die mir um so unerträglicher war, als sie dem Grundgedanken meines Buches direkt widersprach: Dort nämlich bot eine Scheidung den einzigen Ausweg für meine unglücklich Liebenden!«
    »Aber schließlich muß sie doch eingewilligt haben, denn die gegenwärtige Mrs. Kelly ist zweifellos nicht die Frau, die Sie gekannt haben«, meinte Ross ganz ruhig — und dann wechselte er das Thema.
    Lucia hatte allen Spaß an ihrem Besuch verloren. Plötzlich knisterte es eisig in der Luft, etwas Düsteres hing drohend über allen Anwesenden, etwas Unbegreifliches. Immer wieder wanderten Lucias Gedanken zu Moll Kelly mit dem lieben Gesicht, die so vollkommen von ihrem schmucken Manne abhängig war — von diesem Manne, der sie anbetete und behütete, und an dem sie mit einem Vertrauen hing, das Lucias ungewollten Neid erregt hatte. Sollte dieses Glück von nun an bedroht sein? — Und dann plötzlich überfiel Lucia der Gedanke: Wieder steckte Philipp Ross dahinter!
    Alle Gäste schienen zu spüren, daß etwas Lastendes sich auf sie gesenkt hatte. Annabel begriff offensichtlich nicht, worum es ging, Jim hingegen machte einen tief bekümmerten Eindruck. Mrs. Wharton, die mehrmals vergeblich versucht hatte, von neuem auf die Buchbesprechung im Radio zurückzukommen, versank schließlich in ein Schweigen, das man an einer weniger bedeutsamen Dame als knurrig bezeichnet hätte, und suchte Trost bei einer vierten Portion Waffeln. Lucia war ihr dankbar, als sie sich endlich majestätisch erhob und der Tochter zuwinkte, nun sei es Zeit zur Heimkehr.
    Während des allgemeinen Aufbruchs blieb Annabel kurz zurück und nahm Lucia beiseite. »Es war nett von Ihnen, uns so gastfrei zu bewirten, und Lens Waffeln waren hervorragend. Aber was ist nur mit uns allen los? Warum soll Kelly nicht geschieden sein? Und warum macht Jim ein so bedrücktes Gesicht? Lucia, ich bin nicht wie Mutter, ich bin nicht mißtrauisch: Aber heute spüre ich doch so etwas wie Unheil über uns hängen... Ach, schon gut. Es ist ja alles Blödsinn! Vielen Dank für den Kaffee! Kommen Sie doch bald mal wieder zu uns herüber! Ich bin immer schrecklich froh, wenn Sie bei mir sind!«
    Nachdem Lucia allen zum Abschied nachgewinkt hatte, bemerkte sie, daß Ross noch immer nicht gegangen war. Wortlos stand er da, schaute liebenswürdig lächelnd zu ihr herunter, und schon spürte sie, wie sie wieder einmal wütend auf ihn wurde: auf seinen unerschütterlichen Gleichmut. Wut empfand sie... und noch etwas; etwas sehr Unvernünftiges. Hastig stieß sie hervor: »Nun, das war mal wieder ein ergiebiger Vormittag, nicht wahr?«
    »Vor allem ein vergnüglicher. Ich bin entzückt von Ihrem Kaffee und von Lens Waffeln. Ach, dazu muß ich ihn ja noch beglückwünschen.«
    »Um Gottes willen, nein! Kein Wort davon! Eigentlich sollte ich niemandem verraten, wer sie gebacken hat, aber...«
    »Aber dann brachten Sie es doch nicht übers Herz, sich mit fremden Federn zu schmücken, nicht wahr? Es ist schon ein Elend, wenn man nicht anders als ehrlich sein kann!«
    Neue Empörung über seinen spöttischen Ton wallte in ihr auf. »Anscheinend gibt es Leute, die sich gern hinter fremden Federn verstecken!« fuhr sie ihn an.
    Das rätselhafte Lächeln erlosch, und wäre ihr der bloße Gedanke nicht unglaublich vorgekommen, so hätte sie gemeint, er sei verletzt. Aber er sagte nur: »Wer tut so etwas wohl gern? Es gibt eben Leute, die es zuweilen nicht vermeiden können!«
    Sie fühlte sich ein wenig beschämt. »Aber warum verstellen Sie sich auch vor Annabel, Howard und Owens? Ihnen dürften Sie doch wohl vertrauen!«
    »Bei einem Mordfall vertraue ich niemandem.«
    »Dann werde ich also auch beobachtet? Deshalb tauchen Sie immer wieder hier auf?«
    Bedächtig, abwägend schaute er sie an. »Wieder falsch geraten! So seltsam es klingen mag: Tatsächlich komme ich nicht aus diesem Grunde. Ich gebe unumwunden zu, daß Sie mit dem Fall nichts zu tun haben. Das ist zwar schade, jedoch kann ich es nicht ändern. Es wäre schon ein reichlich starkes Stück gewesen — gleich in der allerersten Nacht nach Ihrer Ankunft einen Mord zu begehen!«
    »Ich hätte doch eigens mit dieser Absicht herkommen können!«
    »Der Gedanke hat etwas für sich. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie in Ihrer dunklen Vergangenheit mit Davis

Weitere Kostenlose Bücher