Lautlos
Zusammenkunft ohne Belang waren. Er beschloss, das kleine Gefühl des Friedens in sich zu bergen und beizeiten abzurufen, wenn ihm danach war.
»Können Sie es?«, wiederholte er seine Frage.
»Man kann alles, wenn man nur will«, sagte Jana gleichmütig.
»Ja, aber können Sie es? Unter diesen Umständen?«
»Die Aufgabe ist in der Tat sehr reizvoll«, erwiderte sie. »Ich würde sagen, die Bedingungen treiben die Wahrscheinlichkeit gegen null. Andererseits wäre der Effekt gewaltig. Kein Zeitpunkt könnte besser gewählt sein. Die Frage ist, ob es sich dafür lohnt, einen Fehlschlag zu riskieren.«
»Über Fehlschläge wollte ich eigentlich nicht mit Ihnen reden.«
»Das ist mir schon klar.« Sie sah ihn prüfend an. »Kommen Sie, Mirko. Sie wissen ebenso gut wie ich, was Ihre Auftraggeber da von uns verlangen. Ich habe Ihnen meinen Preis gesagt …«
»Und ich habe ihn weitergegeben.«
» … aber damit wird es nicht getan sein. Und garantieren kann ich schon gar nichts.«
Mirko schüttelte den Kopf.
»Ich erwarte keine Garantie.« Er ging bis nah an die Brüstung und sah in die Tiefe. »Nicht dafür, dass es gelingt. Ich will eine Garantie dafür, dass Sie es können.«
Jana trat neben ihn.
»Was, wenn ich Ihnen diese Garantie gebe?«
»Dann sind wir im Geschäft. Die Leute, die mich beauftragt haben, gehen davon aus, dass Sie sich die Sache sehr genau überlegen. Ich habe ihnen gesagt, dass Sie es unter fünfundzwanzig Millionen nicht machen. Das haben sie geschluckt. Sie denken nun, wir müssten alles unternehmen, um Sie für das Projekt zu gewinnen, obwohl ihnen dabei nicht ganz geheuer ist. Wie sehr Sie selbst an den fünfundzwanzig Millionen interessiert sind, habe ich natürlich vergessen zu erwähnen.«
»Warum wollen die gerade mich?«
»Ich will Sie. Weil Sie die Beste sind. Ich sage das widerstrebend, es festigt Ihre Position und damit den Preis, aber so ist es nun mal.«
»Es gibt andere Spezialisten.«
»Nicht für den Job. Wir brauchen jemanden, der auf ganz neue Ideen kommt. Auf etwas derart Abwegiges, dass niemand damit rechnen wird.« Mirko zögerte. »Für all das gäbe es sicher noch ein paar andere. Aber es kommt etwas hinzu, das meinen Auftraggebern sehr wichtig ist.«
»Was?«
»Sie sind Serbin.«
Janas Gesicht blieb reglos.
»Ich bin neutral«, sagte sie schließlich.
Mirko rupfte Moos aus den Ritzen der grob gefügten Steinmauer, zerrieb es zwischen seinen Fingern und roch daran. Der Duft hatte etwas Beruhigendes.
»Sie sind nicht neutral«, sagte er und sah Jana direkt in die Augen. Sie wich seinem Blick nicht aus. Durch nichts ließ sie erkennen, dass er ihren wunden Punkt getroffen hatte, aber Mirko ließ sich nicht täuschen. »Ihre Neutralität beschränkt sich auf Ihre Tätigkeit der freien Mitarbeit, wenn reiche Leute ein Problem zu lösen haben. Darin sind Sie kaum zu schlagen. Aber ich bin selbst Serbe, Jana. Ich weiß, dass Sie sich etwas anderes für unser Land vorstellen. Wenn Sie die impertinente Einmischung in unsere Geschichte ebenso satt haben wie ich, dann sind Sie nicht neutral.«
Es war ein Schuss ins Blaue. Janas Gesicht zeigte immer noch keine Regung. Sie wandte sich ab und ging ein paar Schritte von der Mauer weg.
Mirko wartete. Er war sicher, dass der Stachel ins Fleisch gedrungen war. Sie mochte sich selbst verleugnen, jeden Tag aufs Neue. Aber nicht ihr Land. Er konnte sich nicht so sehr getäuscht haben!
»Wer sind Ihre Auftraggeber?«, fragte sie.
»Das Trojanische Pferd ist mein Auftraggeber. Fragen Sie mich nicht, wer drin sitzt.«
»Genau das frage ich Sie.«
Mirko antwortete nicht.
Sie kam zurück und baute sich dicht vor ihm auf.
»Ich habe für Arkan und Dugi gearbeitet«, sagte sie. »Jahrelang. Ich kenne jeden, der mit den serbischen Milizen zu tun hatte. Die Paramilitärs hängen alle irgendwie an den Fäden der Milizenführer, niemand von denen ist mir fremd. Ich kenne die offiziellen und inoffiziellen Köpfe der Serbischen Garde und der Erneuerungsbewegung. Sie gehören nicht dazu, Mirko. Zu keinem. Also – wer bleibt in Serbien, der Sie zu mir geschickt haben könnte?«
»Ich kann und werde Ihnen das nicht sagen.« »Dann kann und werde ich Ihnen nicht helfen.« »Doch, das werden Sie. Weil Sie sich an Ihren zehn Fingern abzählen können, wer mich geschickt hat. Ist Ihnen während Ihrer Zeit bei den Milizen je ein Befehl, eine Anordnung, irgendetwas sonst untergekommen, das direkt aus Belgrad kam? Ich meine, von
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