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Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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nebst einer verschwiegenen Institution, die nur aktiv wird, falls ich mich über einen bestimmten Zeitraum hinaus nicht melde – ist bekannt, dass Sie unter dem Namen Laura Firidolfi auftreten. Ich weiß natürlich, dass das nicht Ihr wirklicher Name ist. In gewissen Kreisen hält sich wiederum das Gerücht, Jana sei identisch mit der untergetauchten Separatistin Sonja Cośic, geboren 1969 in Belgrad, Studium des Serbischen, der Physik und der Informatik, Patriotin durch und durch. Ich schätze, der eine oder andere dürfte es sogar mit einiger Verlässlichkeit bestätigen können. Meine Auftraggeber haben den Namen Laura Firidolfi nie gehört und werden ihn auch nicht zu hören bekommen, soweit es mich betrifft. Aber sie wissen um Ihre serbische Herkunft und gestatten sich aufgrund dessen die erwähnte Skepsis an Ihrer Gesinnung. Zusammengefasst sind Sie also in Personalunion Sonja Cośic, Laura Firidolfi und Jana. Die Liste Ihrer Inkarnationen dürfte damit kaum erschöpft sein. – Nun«, er drehte ihr sein Gesicht zu, »Sie sollen wissen, dass mich all das nicht im Geringsten interessiert. Aber wir werden Vertrauen zueinander fassen müssen. Ich bin meinerseits bereit, Ihnen die größtmögliche Offenheit entgegenzubringen, sobald wir eine gemeinsame Basis der Zusammenarbeit gefunden haben. Im Moment sollte dieses Vertrauen allerdings im gegenseitigen Verzicht bestehen, einander nachzuspionieren. Ich bin Ihnen ein Stück entgegengekommen, denn ich will nicht mit verdeckten Karten spielen. Dafür werden Sie meine Spielregeln beherzigen. Sie werden keinerlei Versuch unternehmen, Informationen über mich und meine Auftraggeber einzuziehen, mir zu folgen oder Leute auf mich anzusetzen. Meinerseits verspreche ich, keine Bemühungen in Gang zu setzen, um meinen Kenntnisstand über Sie, Ihre weiteren Identitäten und Ihre sonstigen Geschäfte und Verbindungen zu vertiefen. Können wir uns dahingehend verständigen?«
    Jana schwieg. Dann lächelte sie. Es war das erste Mal seit ihrem Zusammentreffen, dass sie ihre Mimik einer Veränderung unterwarf.
    »Ich hätte Sie um das Gleiche gebeten«, sagte sie. »Aber Sie haben Ihre Hausaufgaben ja schon gemacht.«
    »Es liegt nicht in meinem Interesse, Ihnen Schwierigkeiten zu bereiten«, sagte Mirko freundlich. »Ganz im Gegenteil. Wir möchten Sie gewinnen. Wenn Sie sich entschließen, den Auftrag abzulehnen, hat unser Gespräch nie stattgefunden, mehr wird nicht geschehen. Sie werden dann erst wieder von mir hören, wenn ich mich für andere Zwecke Ihrer Fähigkeiten versichern möchte, falls das überhaupt jemals der Fall sein wird. Ich garantiere Ihnen in jeder Hinsicht Aufrichtigkeit und Loyalität, solange Sie sich an unsere Vereinbarungen halten. Einverstanden?«
    »Wir sind hier in Italien, Mirko. Es gilt das gesprochene Wort.«
    »Also sind wir uns einig?«
    »Es wäre unsinnig, wenn sich Leute wie wir in die Haare geraten«, sagte Jana gelassen. »So etwas endet immer unerfreulich. Sie haben mir zwar eben einen Grund geliefert, Sie irgendwo in diesen schönen Bergen zu verscharren …«
    »Ich weiß.«
    »Aber ich mag Ihre Offenheit. Außerdem glaube ich kaum, dass ich so einfach zum Verscharren käme.« Sie nickte ihm zu. »Goliath gegen Goliath. Einverstanden bis dahin, Mirko.«
    »Gut. Noch etwas. Falls Sie sich für uns entscheiden, werden wir die Operation gemeinsam in Angriff nehmen. Das heißt, Sie und ich. Ich werde mich Ihnen und Ihrem Kommando zwar unterordnen und Ihnen zuarbeiten. Aber ich werde mit von der Partie sein.«
    »Auf Wunsch Ihrer Auftraggeber?«
    »So ist es.«
    »Verstehe. Nichts dagegen, solange Sie Ihren Job machen.« Janas Augen verengten sich, während sie mit gleicher Ruhe weitersprach. »Sollte ich allerdings auch nur die geringsten Anzeichen dafür sehen, dass Ihnen die Sache über den Kopf wächst, behalte ich mir vor, Sie erstens rauszuschmeißen und zweitens die Operation abzublasen. Das sind meine Bedingungen, Mirko. D'accordo ?«
    »Voll und ganz.«
    »Sie unterstehen meinem Kommando. Sie tun, was ich Ihnen sage. Und Sie werden mich bitteschön beeindrucken.«
    Mirko neigte den Kopf.
    »Ich denke«, sagte er, »das dürfte sich machen lassen.«
     
    Nachdem Mirko gegangen war, nahm Jana im Ort ein leichtes Mittagessen zu sich. Sie saß an einem wackligen Holztisch mit rotweiß karierter Decke, aß panini und hausgemachte Kleinigkeiten und genoss den atemberaubenden Blick in die einhundertzwanzig Meter tiefe Loreto-Schlucht.

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