Lautlos
Sie ein bisschen schonender«, sagte er nach vorne.
Er hätte den impertinenten Doktor gern noch ein bisschen leiden sehen, auch wenn er Bill Clinton tausendmal das Leben gerettet hatte. Aber der Mann war bekanntlich zu allem fähig.
Außerdem begann er, O'Connor irgendwie zu mögen.
SPEDITION
Mahder schickte ängstliche Blicke über die Straße, aber niemand war zu sehen. Das kleine Industriegebiet, mehr eine Industrie-Straße, lag weitestgehend verlassen da. Gegen eine Umzäunung gedrückt, wartete er auf Jana.
Er wusste, dass sie irgendwann eintreffen musste, es sei denn, man hatte sie am Flughafen verhaftet. Aber das war unwahrscheinlich. O'Connor mochte so ziemlich alles herausgefunden haben, von Jana konnte er unmöglich wissen. Selbst wenn er oder die Polizei zu dem Schluss gelangten, der Attentäter müsse unter den Fotografen zu suchen sein, würden sie bei ihr nichts finden.
Natürlich konnte sie dennoch verhaftet werden. Vielleicht hielt ihre falsche Identität den Überprüfungen nicht stand. Vielleicht hatten sie jemanden, der sich mit Kameras gut genug auskannte, um den winzigen Schlitz zu entdecken, durch den der Chip geschoben wurde.
Vielleicht, vielleicht.
Er wusste nicht einmal, ob das Attentat gelungen war, seit er überstürzt den Flughafen verlassen hatte. Zuerst war er zu einem kleinen Friedhof gefahren, der wenige Straßen von der Spedition entfernt lag, hatte den Wagen unter einen Baum gestellt und sich voller Angst in die Kapelle verkrochen, bis ihm das Warten unerträglich wurde. Er war kein Profi in solchen Dingen. Er wusste, dass man in Fällen wie diesem untertauchte, aber keineswegs, wie man das am besten anstellte, ohne erwischt zu werden.
Sie würden natürlich auch nach seinem Wagen suchen. Das war bitter! Den Wagen konnte er vergessen. Schließlich hatte er sich schweren Herzens entschieden, ihn unter den Bäumen stehen zu lassen. Er würde eben versuchen, sich in den Besitz eines Mietwagens zu bringen, sobald Jana oder Gruschkow ihm das Geld gegeben hatten.
Beim Heraushuschen aus der Kapelle war er sich vorgekommen wie der Hase auf der Flucht vor den Hunden. Er hatte sich im Schatten der Hauswände gehalten und sich wahrscheinlich so verdächtig bewegt, dass jeder Idiot stutzig werden musste. Beim Überqueren der Hauptstraße war ihm das Herz in die Hose gerutscht in Erwartung, plötzlich von Autos umstellt zu sein, aus denen Polizisten stürmten. Er hatte sich gefühlt wie gebrandmarkt. Sah nicht jeder, wer er war und was er getan hatte?
Aber niemand hatte ihn beachtet, war stehen geblieben und hatte mit dem Finger auf ihn gezeigt, und dann war er schon in der schmalen, ruhigen Straße mit den Zweckbauten gewesen, wo um diese Zeit nicht mehr gearbeitet wurde und niemand mehr unterwegs war.
Er sah hinüber zur Spedition auf der anderen Straßenseite. Hatte er zu viel Zeit in der Kapelle verbracht? Die Ungewissheit war schrecklich. Vielleicht war Jana schon längst eingetroffen und hatte sich mit Gruschkow abgesetzt. Was war dann mit dem Lektor, von dem er wusste, dass sie ihn drüben gefangen hielten? War auch er tot? Hatte dieser Mirko einen weiteren Menschen getötet?
Dann fiel ihm ein, dass Jana gesagt hatte, Mirko werde am Tag des Anschlags gar nicht mehr zugegen sein. Irgendwie bestätigte dies Mahders Verdacht, dass hinter dem Kommando eine andere Macht stehen musste. Sie hatten ihm so gut wie nichts erzählt, und er war klug genug gewesen, nicht zu fragen. Er wollte nichts wissen, was seinen Kopf kosten konnte. Er wollte auch nicht wissen, ob der verdammte Lektor tot war, aber um diese Erfahrung würde er kaum herumkommen.
Ein Geräusch mischte sich in seine Gedanken, wurde lauter. Ein gleichmäßiges Knattern, das rasch näher kam. Mahder hob den Kopf zum Himmel und erstarrte.
Ein Hubschrauber!
Er kam aus Richtung des Flughafens ziemlich dicht über den Häusern herangeflogen und schien geradewegs auf ihn zuzuhalten. Mahder erschrak zu Tode. Fluchtinstinkt überkam ihn. Aber sie würden ihn rennen sehen, würden womöglich auf ihn schießen. Zitternd blieb er an seinem Platz und heftete seinen Blick auf die Maschine. Deutlich war zu erkennen, dass es sich um einen Polizeihubschrauber handelte.
Sie suchten ihn.
Sein Magen krampfte sich zusammen vor Angst. Das Dröhnen brachte die Luft zum Erzittern. Einen Moment fürchtete er, der Helikopter werde direkt vor seinen Augen auf der Straße runtergehen, Scharfschützen würden herausstürzen, er würde die Hände
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