Lautlos
die er verloren hatte, wusste, dass Karel Zeman Drakovíc alias Carl Seamus Drake – einer Anwandlung von Sentimentalität folgend hatte er diesen Namen vor langer Zeit gewählt, als die Amerikaner ihm den Gebrauch eines englisch klingenden empfohlen hatten – identisch war mit einem phantomgleichen Terminator namens Mirko, der auf der schwarzen Liste der CIA stand und etwas anderen amerikanischen Interessen diente.
Er legte sich auf den Rücken und sah hinauf in den dämmrig werdenden Himmel. Dies war ein Industriegebiet. Die Explosion musste für die Gefangenen im Innern der Halle geklungen haben wie ein Donnerschlag, aber hier draußen hatten die Bewegungen der Luft den Schall rasch zerstreut, und die nächsten Wohnhäuser lagen eine ganze Strecke weit entfernt. Gleiches galt für die Schusswechsel. Dennoch durfte er sich nicht darauf verlassen, hier noch lange allein zu bleiben. Es war und blieb ein Dilemma. Allein konnte er gegen Jana wenig unternehmen, solange sie sich nicht zeigte, und jede Art von Verstärkung würde den Geiseln das Leben retten, was genauso schlecht war.
In jedem Fall wäre es das Ende für Carl Seamus Drake und alle seine synonymen Erscheinungen. Bedauerlich im Angesicht des Reichtums, den das Trojanische Pferd ihm offerierte. Selbst jetzt noch, nachdem das Attentat misslungen war, gab es eine gute Chance, den Plänen der Verschwörer Geltung zu verschaffen, wenigstens zu Teilen.
Wenn Jana nicht bald kam, würde er sie herauslocken müssen.
Oder hineingehen. Am Ende doch.
HALLE
»Wieso die Amerikaner?«
Jana sah den Agenten an, als habe er eine Erklärung für ihr persönliches Scheitern zur Hand. Sie konnte nicht glauben, dass sie für die Amerikaner gearbeitet hatte. Sie hatte die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass Mirko sie mit der Nase auf Belgrad gestoßen hatte, weil in Wirklichkeit jemand anderer dahintersteckte. Moskau schien involviert, vielleicht aber auch der Nahe Osten. So viele Regimes hassten die Amerikaner und ihren Präsidenten. Selbst an Kuba hatte sie für kurze Zeit gedacht. Alle die Länder auf Amerikas schwarzer Liste. Und wenn nicht die offiziellen Machthabenden, dann doch einflussreiche und zahlungskräftige Investoren in einer Ökonomie des Terrors, die aus dem Sturm, mit dem sie die Welt überzogen, Nutzen schöpften.
Dann wieder war sie überzeugt gewesen, Mirko habe ihr diese Gedankengänge einzugeben gesucht, weil der Auftrag eben doch aus Belgrad kam! Warum hätte eine andere Nation, die Auftragsterroristen suchte, ein derartiges Fintenspiel veranstalten sollen, diesen verstohlenen Appell an ihren Patriotismus? Vielleicht, weil sie befürchteten, niemanden dafür zu gewinnen, Bill Clinton zu ermorden?
Darum eine Patriotin?
Lächerlich! Indiskutabel! Alle möglichen Leute hätten nichts lieber getan, als den Herrn des Präventivschlags unter die Erde zu bringen. Die religiösen Fundamentalisten in der ganzen Welt, allein sie rekrutierten ein kaum überschaubares Potential von Attentätern, die in dem Vorhaben eine sakramentöse Handlung erblickt hätten. Jemand von Janas Fähigkeiten war selten in der Szene, aber er hätte sich dennoch auftreiben lassen in den Lagern der algerischen GIA, der libanesischen Hisbollah, selbst in den Reihen ultraorthodoxer jüdischer Siedlerblöcke wurde man fündig.
Sie hatte sich im Kreis gedreht. Jede Spur, die nicht nach Serbien führte, ergab keinen rechten Sinn. Zum Schluss war sie allzu bereit gewesen, der serbischen Variante Vorrang einzuräumen.
Jede Spur, die nicht nach Serbien führte …
Und welchen Sinn ergaben Spuren, die nach Serbien führten? Oder nach Moskau, woher der Laser stammte?
Mirko hatte alles über den Gipfel gewusst. Interna der Amerikaner. So, wie man es von einem Meisterspion erwarten konnte. Jetzt erschien sein Wissen in völlig neuem Licht.
Eine Ahnung dämmerte in ihr hoch. Eine ungeheuerliche Vorstellung.
»Wieso nicht die Amerikaner?«, ächzte Kuhn. »Die Welt ist konzernisiert. Schon gehört, dass die PLO vom Mossad gekauft wurde? Die IRA gehört jetzt zur Disney-Gruppe. Aufwachen, Jana. Frühstück!«
Sie hörte nicht hin. Die Gedanken jagten einander.
»Wer sind Mirkos Hintermänner?«, fuhr sie den Agenten an. »Was verbirgt sich hinter dem Trojanischen Pferd?«
»Im Trojanischen Pferd, Jana«, korrigierte sie Kuhn fröhlich. »Es war hohl. Dich haben sie nicht mit reingenommen, du solltest den Gaul nur vor die Tore ziehen.«
Der Agent schüttelte den Kopf. Er schien
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