Lautlos
Traumtänzern. Du hast verloren, Jana. Warum fragst du den armen Kerl nicht, weswegen er überhaupt gekommen ist?«
»Das hatte ich vor«, sagte Jana zwischen zusammengebissenen Zähnen. »Dein idiotischer Freund ist mir dazwischengekommen.«
»Lass den Mann, er ist Schriftsteller.« Kuhn gluckste. Offenbar hatte er in den Stunden seiner Gefangenschaft ein merkwürdig entspanntes Verhältnis zu der Terroristin entwickelt. »Er kann nicht anders als übertreiben. Sorry, Liam, das war prima, aber völlig unnötig. Sie hat gar nicht vor, uns zu töten. Es ist nicht ihr … Stil. Stimmt's, Jana? Du glaubst immer noch an die Moral des Mordens, dein Verständnis von Gerechtigkeit ist guillotinesk. Prozessieren, verurteilen, töten, das von Rechts wegen verurteilte Opfer. Wie altmodisch. Du wirst ebenso enden wie Robbespierre, an deiner eigenen Gerechtigkeit.«
»Halt den Mund, Kuhn.«
»Jana, hör zu, das hat alles keinen Sinn hier, wir …« Er schüttelte heftig den Kopf. »Du begreifst einfach nicht, was passiert. Wenn die Typen uns befreien wollten, in Ordnung, aber falls nicht … Ich meine, wir sind immer noch innerhalb des hermetischen Denkens, wir müssen den Gegebenheiten mehr Raum schaffen …«
Wagner sah langsam von Kuhn zu der Terroristin. Jana hatte sich etwas entspannt. Sie heftete ihren Blick auf den verstümmelten Killer.
»Rede endlich«, sagte sie.
»Ich weiß nichts«, stammelte der Mann. »Wirklich, ich …«
Jana feuerte.
Silberman warf sich zu Boden, O'Connor wich zurück. Der Mann schrie auf und schlug schützend die Arme über dem Kopf zusammen. Es sah schrecklich aus mit dem blutigen Stumpf. Wagner fühlte ihr Herz im Halse schlagen, dann sah sie, dass Jana vorbeigeschossen hatte.
»Wir sollten euch alle töten«, heulte der Killer. »Alle, ihr solltet sterben, das war der Auftrag, Sie, Gruschkow, Mahder, o Gott …«
»Mahder habe ich selbst erledigt«, sagte Jana. »Was noch?«
»Es war nicht meine Idee, nicht meine Idee! Wir sollten euch töten, und dann … dann …«
»Die Geiseln«, ergänzte Silberman tonlos.
Kuhn sah zu ihm hinüber und nickte matt.
»Ja, Aaron, guck mal an«, sagte er. »Prima Befreiungsaktion.«
»Wir sollten es mit euren Waffen machen, es sollte aussehen, als hättet ihr sie getötet, bevor wir kamen«, sprudelte der Mann atemlos hervor. »Das war der Plan, ich schwöre, das ist die Wahrheit!«
»Wer – seid – ihr?«, flüsterte Jana.
Der Mann nahm die Arme langsam wieder runter. Er zitterte am ganzen Körper.
»Sie wissen es doch schon.«
»Sag es.«
»Das Trojanische Pferd. Wir … wir sind das Trojanische Pferd.«
»Ihr?«, sagte Jana fassungslos. »Mirko ist …«
»Nein. Ja. Die Leute, die den Auftrag erteilt haben. Uns und Drake.«
»Drake? Wer ist Drake?«
»Drake. Drakovíc. Mirko. Wie … wie immer Sie ihn nennen wollen.«
Sie starrte ihn ungläubig an.
»Aber … ihr seid Amerikaner!«
»Ja.« Er ließ ein kurzes, gepeinigtes Lachen hören. »Sie merken aber auch alles.«
MIRKO
Vom Dach der Halle aus hatte er den gesamten Innenhof im Blickfeld.
Wenn Jana es wagen sollte, sich herauszutrauen, würde sie nicht einmal Zeit finden, es zu bedauern.
Aber Mirko wusste, dass sie nicht kommen würde.
Es wurde Zeit, dass er sich etwas einfallen ließ. In die Halle hereinzugelangen stellte kein Problem dar, es zu überleben, schon. Er konnte die provisorische Blockade des Eingangs ebenso wegsprengen wie die Tür, aber diesmal würde Jana vorbereitet sein.
Mirko grinste ohne Freude. Im Grunde hätte er stolz auf sich sein müssen. Er hatte die Richtige ausgesucht.
Zum wiederholten Male überlegte er, was schief gelaufen war. Sein Fehler war es gewesen, daran gab es nichts zu beschönigen! Der vielleicht einzige und zugleich dümmste Fehler, der ihm je unterlaufen war. Sich darauf zu verlassen, dass Jana nur O'Connor und weiter niemanden gemeint hatte, als sie Gruschkow Besuch ankündigte.
Nie durfte man sicher sein.
Er hatte seine Männer in den Tod geschickt. Es waren gute Männer gewesen, aber es gab andere, die nicht weniger gut waren. Das Problem bestand darin, dass zwar ein Anruf genügte, um kraft seiner Autorität Dutzende weiterer Agenten herzubeordern, die binnen weniger Minuten hier sein würden. Er war der Bereichsleiter Wohnen des Secret Service. Nur dass sie sämtlich einem ehrenvollen Ruf folgen würden, nämlich den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu schützen und nicht, ihn zu ermorden. Niemand außer den Dreien,
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