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Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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sein entrücktes Grinsen ablegte, oder angealterte Ausgaben von Olivia Newton-John, deren Garderobe den ersten Folgen von Dallas zu entstammen schien. Der Rest war Sightseeing, Milieu gucken und Schlager mitgrölen, die einem woanders Schauder des Entsetzens über den Rücken gejagt hätten.
    Wagner bezweifelte, dass O'Connor sich dort aufhielt, selbst wenn er hineingegangen war. Vor ein Uhr morgens war im Klein Köln nichts los. Dennoch warf sie einen Blick hinein, aber wie erwartet konnte sie den Physiker nirgendwo ausmachen.
    Blieb Jameson's, der irische Pub wenige Meter weiter.
    Jameson's war ein Phänomen. Ziemlich groß und voller Versatzstücke, hatte er mit dem wahren Irland etwa so viel zu tun wie Hollywood mit der Wirklichkeit. Allerdings auch nicht weniger. Jameson's schaffte es, selbst den Kölner Iren so etwas wie den Traum von Irland zu verkaufen. Man hatte das Original-Interieur echter Pubs zusammengetragen und abenteuerlich kombiniert. Herausgekommen war eine gastronomische Chimäre, in der Liedermacher und Popgruppen auftraten, korrekt gezapftes Guinness inklusive Kleeblatt im Schaum und frische Galway-Austern mit Brownbread serviert wurden und so ziemlich jeder Whisky zu haben war, den Kenner schätzten. Das Personal sprach englisch, weil es vorwiegend tatsächlich von den britischen Inseln stammte. Die Gäste, sofern deutsch, zollten dem Charme des Authentischen Tribut, indem sie ebenfalls englisch sprachen. Natürlich blieb Kölns beliebtester Pub dennoch ein Disneyland, aber immerhin eines, in dem man echte Iren und wahre Fans der grünen Insel vorfand.
    Und mit aller Wahrscheinlichkeit Prof. Dr. Liam O'Connor.
    Wagner erblickte ihn, kaum dass sie die Flügeltüren mit den altmodisch geschliffenen Scheiben passiert hatte. Er saß auf einem Hocker an der Bar, offenbar ins Gespräch mit einer Gruppe jüngerer Leute vertieft. Als Wagner näher kam, stellte der Mann hinter der Bar gerade eine Phalanx Gläser vor sie hin, hohe Pints schwarzen Inhalts mit sahnig weißer Schicht oben drauf, sowie kleinere Gläser voller Sonnenlicht. O'Connor schien seinen Bedarf an Mineralwasser im Maritim gedeckt zu haben. Fast wirkte es beruhigend auf Wagner, dass er wieder zu seinen Usancen zurückgefunden hatte.
    Sie stellte sich kommentarlos neben ihn. Da O'Connor ihr halb den Rücken zuwandte, nahm er den Neuzugang an der Bar nicht wahr. Wagner gab dem Barmann ein Zeichen und deutete auf den Whisky, den der Physiker vor sich stehen hatte.
    »Jameson 1780, twelve years old«, sagte der Barmann und verharrte einen Moment in Erwartung ihrer Bestellung, den Körper halb schon neuen Aufgaben zugedreht. Wagner nickte. Er eilte wortlos davon, zapfte ein paar Pints und stellte sie vor eine andere Gruppe Leute hin, bevor er eine bauchige Flasche aus dem Barschrank holte. Ein weiteres Glas füllte sich mit flüssigem Gold, und Wagner fand sich im Besitz ihres ersten irischen Whiskys, zumindest soweit sie sich erinnern konnte.
    Sie roch daran. Ein Duft von Heidekraut und seltsamerweise Sherry stieg ihr in die Nase, weich und süßlich. Sie nippte und fand den Geschmack durchaus angenehm. Sie dachte daran, wie O'Connor den Glenfiddich in den Ausguss geschüttet hatte. Spaßeshalber suchte sie nach dem Etikett zwischen den unzähligen Whiskyflaschen auf dem Bord des Barschranks und fand die Flasche versteckt im obersten Regal. Auch hier stellte man ihn offensichtlich nicht gern in den Vordergrund.
    Aus dem hinteren Teil des Pubs mischte sich Musik in die Geräuschkulisse. Jemand sang live zur Begleitung von Gitarre und Fiedel. Es klang wie Fool on the Hill in einer Bearbeitung von Brendan Behan oder Sean O'Casey.
    Leise begann Wagner mitzusummen. Sie hatte keine Eile. Ihr war klar, dass O'Connor wenig Lust verspürte, zurück zu der Abendgesellschaft im Maritim zu fahren. Interessanter wäre herauszufinden, worauf er stattdessen Lust hatte, und ihn notfalls daran zu hindern.
    Die Gruppe um O'Connor sprach englisch. Wagner hörte nicht hin, aber was an ihr Ohr drang, klang weder nach physikalischem Fachgeschwafel noch überhaupt nach irgendetwas aus O'Connors literarischer Domäne. Es schien um Flüsse und Boote zu gehen und einen ominösen Lebensmittelladen, der eigentlich keiner war. Nach einer Weile drehte sich O'Connor um, weil das Gold aus seinem Glas verschwunden war, hob die Rechte, um den Barkeeper heranzuwinken, räusperte sich und sah Wagner an.
    »Was trinken Sie da?«, fragte er ohne das geringste

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