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Lautlos

Lautlos

Titel: Lautlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Erstaunen.
    »Jameson«, sagte sie.
    O'Connor hob anerkennend die Brauen.
    »1780, um genau zu sein«, fügte sie hinzu. »Zwölf Jahre alt.«
    »Ich bin sehr zufrieden mit Ihnen«, sagte O'Connor. »Im Übrigen wusste ich, dass Sie früher oder später hier aufkreuzen würden. Darf ich Sie mit Scott und Mary bekannt machen? Der Mann mit der Mütze daneben hört auf den Namen Donovan. Das heißt, noch hört er, wenngleich er sich einem Stadium nähert, das eine gewisse Amnesie mit sich bringt. Man will sich nicht mehr kennen, weil man dann auch sein Zuhause nicht mehr kennen muss und keinen Grund hat, es aufzusuchen. Hier haben wir noch Angela, sie ist Donovans Freundin, was mir völlig unverständlich ist. Leute, die Kleine da heißt deutscher Rechtsauffassung nach eigentlich Gaby oder Heidi, aber sie weigert sich, und darum heißt sie Kika. Bietet ihr keinen Hocker an, sie sitzt bereits.«
    O'Connor hatte die Vorstellung auf Englisch vollzogen. Dabei schien er jede dritte Silbe einer gewissen Dehnung zu unterziehen, so dass sich die Sätze anhörten wie durchgeknetet. Wagner schätzte, dass die anderen Iren waren. Sie schüttelte Hände.
    »Wäre es ein Problem für Sie zu erfahren, dass man Sie im Maritim vermisst?«, sagte Wagner, nachdem die Gruppe ihr ein Guinness aufgenötigt und mit ihr angestoßen hatte.
    O'Connor verzog das Gesicht.
    »Da vermisst mich keiner. Offizielle Abendessen bringen Leute zusammen, die normalerweise nicht miteinander an einem Tisch sitzen würden. Glauben Sie, einer von denen interessiert sich wirklich für Experimente mit der Lichtgeschwindigkeit?«
    »Sie interessieren sich für Ihre Bücher.«
    »Dann sollen sie sie lesen. Kommen Sie, Kika, keiner will ernsthaft Prominente kennen lernen, es ist so desillusionierend. Entweder sie sind nicht halb so interessant, wie man es erwartet hätte, oder sie sind noch interessanter. In beiden Fällen haben die anderen nichts zu lachen. So ist es besser. Alle können sich endlich über das unterhalten, wonach ihnen der Sinn steht, und die Dame aus dem Fernsehen muss sich in ihrem Alter nicht mehr fragen, wie man einen Orgasmus simuliert. Allen ist gedient.«
    »Mir nicht«, sagte Wagner mit einigem Nachdruck. »Auch Kuhn wusste seine Begeisterung zu zügeln.«
    »Oje«, seufzte O'Connor. »Also, wo ist das Problem?«
    »Ich sehe schon, Sie sind heute nicht so schnell von Kapee. Man wird uns in Öl sieden, das ist das Problem. Leider entbindet uns Ihr wohlverstandener Hang zur Selbstverwirklichung nicht der Verantwortung, dass alles klappt, wenn der Spitzenautor einer Verlagsgruppe auf Tour geht.«
    »Na und? Ist doch nicht Ihre Schuld, wenn ich ausbüchse.«
    »Noch nie vom Überbringer schlechter Nachrichten gehört? Ich hätte mich auch ins Bett legen können, statt Ihnen hinterherzulaufen.«
    »Aber das dürfen Sie ja nun mal nicht«, sagte O'Connor und lächelte geheimnisvoll.
    »Was meinen Sie damit?«
    »Da Sie in verdeckter Mission hier weilen, wird man weniger Ihren Freund Kuhn zum Tode verurteilen als Sie.«
    »Quatsch, geheime Mission. Was soll das, Liam?«
    »Nicht? Tja.« O'Connor zuckte die Achseln. »Wie man sich täuschen kann. Schmeckt Ihnen der Whisky?«
    Wagner sann einen Moment darüber nach, was sie tun sollte. Leidenschaftlich drängte sich die Frage vor, was sie tun wollte. Letzteres hatte wenig mit dem offiziellen Grund ihres Hierseins zu tun.
    »Versprechen Sie mir, morgen fit zu sein?«, sagte sie.
    O'Connor musterte sie. Dann zeigte er auf den jungen Mann mit der Mütze.
    »Donovan hat einen Vetter in Shannonbridge. Raten Sie mal, was er tut.«
    »Schön. Was tut dieser Vetter?«
    »Er hat ein Boot!«, sagte Donovan, als sei der Umstand dieses Besitzes das Äußerste dessen, was ein Mensch tun kann.
    »Und?«
    »Es ist so eines von den Booten, die aussehen wie weggeschwemmte Häuser«, sagte O'Connor. »Und es ankert an der Brücke, um derentwegen die zwei Dutzend Häuser von Shannonbridge überhaupt eine Daseinsberechtigung haben. Es gibt nämlich kaum Brücken über den Shannon. Seltsam, nicht wahr? Ein Fluss, der die gesamte Insel durchschneidet, und kaum Brücken. Der zweite Grund, nach Shannonbridge zu fahren, ist der Pub. Die Theke endet aus unerfindlichen Gründen in der Wand, aber wenn um elf die letzte Bestellung ausgerufen wird, treten alle brav hinaus in die Nacht und verschwinden sogleich wieder im benachbarten Lebensmittelladen. Dort machen Sie dann die höchst frappierende Entdeckung, dass die Theke aus

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