Lazyboy
und haucht mir einen Kuss auf die Nasenspitze.
»Hm«, brumme ich.
7
Den folgenden Tag verbringe ich vor dem Rechner. Ich recherchiere. Das kann man auch von zu Hause aus tun. Seit das Internet erfunden wurde, braucht man als Journalist im Grunde das Haus nicht mehr zu verlassen, das ist immerhin ein nützlicher Effekt dieser lästigen Erfindung. Zuerst gebe ich im Netz den Suchbegriff Türen ein. Danach Wurmloch, Teleportation, Parawissenschaften und Esoterik. Schwarze Magie . Das aber führt mich ganz woanders hin.
Was in Wikipedia über Türen zu erfahren ist, habe ich durchaus schon vorher gewusst, auch wenn ich nicht in der Lage gewesen wäre, es mit eigenen Worten so präzise auszudrücken, und es interessiert mich nur bedingt: Eine Tür ist eine Einrichtung zum Schließen einer Öffnung in einer Wand. Die Tür erlaubt das Abschließen von Räumen gegen andere Räume oder den Außenbereich bei gleichzeitiger Durchgangsmöglichkeit. Eine Tür besteht aus einem beweglichen Flügel, dem Türblatt, das entweder an zwei oder mehr Scharnieren, den Türbändern, am Türrahmen, der Zarge, auch Türfutter genannt, befestigt ist, oder, bei einer Schiebetür, durch eine Laufschiene oben oder unten in der Führung gehalten wird.
Zu sonderbaren Türentransfers durch den gekrümmten Raum finde ich keine Einträge.
Ich wähle die Telefonnummer von Portax, dem Türenspezialisten. Einfach nur so, vielleicht um Spaß zu haben. Ich weiß, dass es Quatsch ist. Aber es tut bestimmt gut, mit einem Spezialisten zu reden.
Auf der Website habe ich gelesen, dass es für mein Türenproblem ganz sicher eine Portax-Lösung gebe. Und dass sich ganz in meiner Nähe einer von 550 Portax-Fachbetrieben befinde. Irgendwie beruhigend.
Am Telefon meldet sich eine weibliche Stimme. Ich sage ihr, dass ich ein Türenproblem hätte und gerne mit einem Spezialisten darüber spräche. Worum es denn genau gehe, will sie wissen, woraufhin ich ihr bescheide, das lieber gleich mit einem Fachmann spezifizieren zu wollen. Etwas beleidigt bittet sie mich, am Apparat zu bleiben. Es knackt und knarzt, als sie mich verbindet, dann ist eine Weile ein Tonband zu hören, The Doors, Break on through to the other Side.
Ein Herr Wischnewski fragt mich unwirsch, was er für mich tun könne. Ich teile auch ihm mit, dass ich unter einem Türenproblem leide.
»Welche Tür?«, fragt er.
»Viele Türen«, sage ich.
»Tür ist nicht gleich Tür«, lässt er mich wissen, und das ist ja schon einmal eine interessante Information. Ich weiß allerdings nicht, ob sie mir im Alltag von Nutzen sein wird.
»Hm«, sage ich, »schwierig zu sagen. Beispielsweise meine Küchentür, da ist es vorgekommen.«
»Alte Tür?«, fragt er.
Und ich bejahe dies, denn ich gehe davon aus, dass es sich bei der Tür meiner Altbauwohnungsküche um eine solche handeln muss. Außerdem fühle ich mich auf eine seltsame Art und Weise von der Bezeichnung gemeint und angesprochen. Irgendwie bin ja auch ich so eine in die Jahre und etwas aus der Mode gekommene, bedauernswerte Alte Tür , die wacker versucht, weiterhin gewissenhaft ihren Dienst zu tun, auf und zu, klippklapp.
Er erzählt mir, dass sich hinter dem unansehnlichen Äußeren alter Türen in der Regel ein vollkommen intakter Kern verberge. Bei diesen Worten entwickelt seine Stimme eine gewisse Wärme, und ich sehe ihn vor mir in seinem Blaumann mit einem Bleistift in der Brusttasche, Brille auf der Nasenspitze, graue, etwas in Unordnung geratene Haare, wache, graugrüne Augen, die Zungenspitze zwischen die Lippen geklemmt, wenn er in eine etwas frickelige Arbeit versunken ist, voller Anteilnahme und Wärme den Türen gegenüber, etwas unwirsch gegenüber dem Türenbenutzer Mensch, der diesem Gebrauchsmöbel allzu oft nicht den nötigen Respekt im Alltag entgegenbringt und die Tür beispielsweise zuschmeißt, anstatt das Türblatt liebevoll in den Rahmen zu drücken.
»Er besteht entweder aus Massivholz«, sagt er, »typisch für alte Türen, die vom Schreiner auf Maß angefertigt wurden, oder aus Wabenkonstruktionen, wenn es sich um alte Normtüren handelt. Auf jeden Fall lohnt es sich, den intakten Kern zu erhalten.«
»Das höre ich gerne«, sage ich. Ein warmes, segensreiches Gefühl breitet sich im alten Kern meiner Brust aus.
Er sagt, dass bislang demjenigen, der wieder vorzeigbare und zum Einrichtungsstil passende Türen haben wollte, nur zwei Türen-Renovierungsmöglichkeiten zur Wahl gestanden hätten, nämlich sie
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