Leandra - Die Amazonenprinzessin (German Edition)
werden.“
„Wenn keine Tiere da sind, sollten wir vielleicht Menschen jagen“, schlug einer seiner Freunde vor.
„Eine Menschenjagd? Welch prächtige Idee!“ rief der Fürst begeistert und betrachtete die langen Beine seiner Schwester. „Von allen meiner Dienerinnen kannst du am schnellsten laufen, also wirst du unser Jagdwild sein.“
Adina nahm die Worte ihres betrunkenen Bruders nicht ernst, doch am nächsten Morgen sagte er nach dem Frühstück zu ihr: „Wir geben dir einen Vorsprung von drei Stunden.“
„Mirad, ich bin deine Schwester! Selbst du -“
Der Fürst schlug sie zu Boden.
„Verschwinde, bevor ich die Hunde auf dich hetze.“
Erschüttert stand Adina auf und floh in den Wald. Was sollte sie nur tun? Plötzlich stolperte sie über den Saum ihres Kleides und fiel hin. Hastig riss Adina es an den Seiten auf, sprang auf und lief weiter.
Nach einiger Zeit konnte sie nicht mehr, und Adina ließ sich gegen einen Baum fallen und rang keuchend um Luft. Da hörte sie das Gebell der Jagdhunde. Weiter. Sie musste weiter, aber nach wenigen Schritten gaben ihre Beine unter ihr nach. Die Hunde näherten sich, und dann sprangen sie gefolgt von ihren Führern aus dem Gebüsch.
„Bitte lasst mich gehen“, bat Adina, doch die Männer befahlen ihren Hunden sie einzukreisen, und wenig später kam ihr Bruder und seine Freunde angeritten.
„Das war ja eine erbärmliche Jagd“, sagte Mirad und zielte mit der Armbrust auf sie. Adina schloss die Augen. Ihr Bruder sprach weiter: „Komm schon, gib dir mehr Mühe, Adina.“
Sie öffnete die Augen und sah zu Mirad hoch, der sie anlächelte.
„Vielleicht wird etwas Schmerz dich anspornen.“
Der Bolzen drang in ihren linken Arm ein, und sie schrie auf, während die Hunde vor Blutgier jaulten und von den Männern festgehalten werden mussten.
Adina biss die Zähne zusammen und lief weiter. Ja, der Schmerz gab ihr neue Kraft, aber was half es ihr? Sie hatte keine Möglichkeit, ihrem Bruder zu entkommen. Da erreichte sie einen ganz besonderen Teil des Rothan-Waldes, wo die Blätter noch nicht rot waren, sondern im satten Grün leuchteten. Adina wusste sofort, dass dies eine geweihte Stätte der Göttin Isen war. Verzweifelt betrat sie den Ort und bat die Göttin um Schutz. An der Quelle ließ Adina sich nieder und trank einige Schlücke Wasser. Wie wunderschön es hier ist , dachte sie und wünschte sich, sie könnte in diesem Wald in Frieden leben.
„Du hast dir einen schönen Ort zum Sterben ausgesucht“, ertönte Fürst Mirads Stimme.
Adina hob den Kopf und sah, dass er auf ihr Herz zielte. Seltsamerweise verspürte sie keine Angst mehr.
„Ist diese Frau nicht deine Schwester?“, fragte eine Stimme, die aus den Baumkronen zu kommen schien.
„Und wenn schon? Sklaven und Weiber sind dazu da, ihren Herren zu dienen.“
„Und weil auch ich weiblich bin, achtest du meinen heiligen Ort nicht?“
„Ihr habt keine Macht über mich.“
„Das ist wahr, aber diese Frau hat um meinen Schutz gebeten, und ich werde ihn ihr gewähren.“
Isen verwandelte Adina in eine weiße Hirschkuh, die schnell wie der Wind in den nächsten Büschen verschwand.
„Hinterher!“, schrie Mirad, und die Vohraner nahmen die Verfolgung wieder auf.
Die Göttin rief ihm nach: „Versuche sie zu erlegen, und genieße deine Macht, solange du sie noch hast.“
Mirad und sein Gefolge fanden keine Spur von der weißen Hirschkuh, und sobald der Fürst den Wald verlassen hatte, vergaß er die Worte der Göttin. Ungesehen von menschlichen Augen stieg Isen in Gestalt eines Falken aus den Baumkronen hinauf und folgte dem Jagdtrupp, bis sie das erste Feld erblickte. Dort sah sie Sklaven hart arbeiten, kaum verheilte Wunden von Peitschenhieben verunstalteten ihre Rücken, und der Aufseher zögerte nicht, ihnen neue beizubringen, wenn sie ihm zu langsam waren. Sie drehte ab, doch auf den anderen Feldern erging es den Sklaven nicht anders.
In der Nacht lief sie als Fuchs durch die Straßen einer Stadt und hörte Weinen, Schmerzensschreie und grausames Gelächter. Die Vohraner quälten ihre Frauen aus Spaß, so wie Mirad aus einer Laune heraus seine eigene Schwester gejagt hatte. Entsetzt stieg Isen in den Himmel, um mit ihrem Vater zu sprechen. Isidor erklärte ihr, dass die Vohraner nicht mehr den Kriegsgott Manesh verehrten, sondern den finsteren Vishan die Treue geschworen hatten. Sie sahen seine Geschöpfe – die Dämonen – als Wesen höchster Freiheit an und schienen diesen nacheifern zu wollen. Isen
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