Leben im Käfig (German Edition)
sich über die Oberarme und glitt tiefer unter die Decke.
Richard senkte sein Buch über fortschrittliche Personalführung und warf ihr einen schiefen Blick zu: „Ist dir schon wieder kalt?
„Ich vertrage eben den Wechsel zwischen der Hitze am Tag und dem Abend nicht“, zuckte sie die Achseln. „Außerdem bin ich müde. Aber was denkst du? Freut Andreas sich über das neue Gerät?“
„Ich hoffe es.“
„Du hoffst es? Ist das alles?“
„Was soll ich denn anderes sagen, Margarete? Ich würde ihm auch lieber sein erstes Auto oder ein Motorrad oder von mir aus ein Segelboot schenken als noch eine Tretmühle für den Keller. Aber uns bleibt ja nichts anderes übrig.“ Ungehalten tippte er sich mit dem Zeigefinger gegen die Lippen. Sein Buch landete auf dem Nachttisch, als er nachdenklich an die gegenüberliegende Wand starrte.
„Ich weiß“, murmelte sie traurig und zog die Beine an ihren schlanken Oberkörper heran. „Es macht mich nur traurig, ihn so zu sehen. Wenn ich aus dem Haus gehe, hoffe ich immer, dass es ihm abends besser geht, und bin jedes Mal enttäuscht. Das ist doch kein Leben.“
Halb rechnete sie damit, dass ihr Mann ihr über den Mund fahren würde, ihre Trauer mit unbestechlicher Rationalität ausbremsen, aber Richard verzog frustriert den Mund. Als sie sich auf die Seite rollte und ihm eine Hand auf die Brust schmiegte, schaute er sie lange ernst an. Man konnte förmlich sehen, wie es hinter seiner Stirn arbeitete. Schließlich nickte er und sagte langsam: „Vielleicht hast du recht. Vielleicht geht es so wirklich nicht weiter.“ Überrascht von dem Sinneswandel ihres Mannes blinzelte Margarete müde und fragte: „Also doch ein neuer Arzt?“
„Pft, nein, wohl kaum. Aber vielleicht müssen wir uns damit abfinden, dass sich in naher Zukunft nichts ändern wird und andere Vorkehrungen treffen. Solche, die Andreas gerecht werden.“
Was sollte das heißen? Hieß das, er resignierte? Gab er auf? Gab er ihr Kind auf? Entsetzt fuhr Margarete in die Höhe, das Gesicht mit einem Mal steinern und unerbittlich: „Wenn du auch nur im Traum daran denkst, Andreas aus der Firma auszuschließen oder zu verkaufen, bekommen wir beide gewaltigen Ärger miteinander.“
„Bist du verrückt geworden?“, herrschte Richard sie an. Er wirkte aufrichtig entsetzt. „Gut zu wissen, für was für einen Bastard du mich hältst. Ich sagte, wir brauchen eine Lösung, die Andreas gerecht wird. Was glaubst du denn, was ich vorhabe? Ihn enterben und auf die Straße setzen?“
„Was erwartest du, wenn du von Vorkehrungen sprichst? Er ist unser Kind und keine Jahresabschlussbilanz. Wir kommen gar nicht mehr an ihn heran und du gibst dir auch keine Mühe. Denkst du, ich weiß nicht, wie enttäuscht du von ihm bist? Weil er so gar nicht nach dir schlägt?“
„Ich werde diese Diskussion nicht schon wieder mit dir führen. Ob du es glaubst oder nicht, selbst ich weiß, dass der Junge nicht glücklich ist. Und vielleicht wird es Zeit, dass wir aufhören, die von Welt von ihm fernzuhalten sondern anfangen, die Welt zu ihm zu bringen.“
Margarete runzelte misstrauisch die Stirn. Es tat ihr weh, wenn ihr Mann und sie sich wegen Andreas stritten. Im Job arbeiteten sie bestens zusammen, aber im Privatleben waren sie sehr verschieden. Dass Richard selten seine Gedanken mit ihr teilte, machte es schwierig, eine gemeinsame Linie zu finden. Insofern hatte sie auch nicht viel Hoffnung, als sie fragte: „Was hast du vor? Du brütest doch etwas aus.“
Genau, wie sie erwartet hatte, war er nicht bereit, seine Pläne mit ihr zu teilen: „Wir werden sehen. Ich denke über die ein oder andere Option nach.“ Er zögerte kurz, bevor er hinzufügte: „Ich finde, wir sollten die Gesellschaft nächste Woche nicht im Grand Elysee geben, sondern hier.“
„Bei uns zu Hause? Aber es kommen über hundert Leute. Der Platz reicht nie. Und für Andreas wird es die Hölle sein“, entgegnete Margarete halb entsetzt, halb verwundert. „All die fremden Leute.“
„Wir lassen Pavillons im Garten aufstellen und buchen die besten Köche der Stadt. Kein klassisches Dinner, sondern eher eine amerikanische Gartenparty mit hervorragendem Essen, Barkeeper und eigenem Grillmeister“, spann Richard seine Idee weiter.
„Und Andreas?“
„Wie gesagt, wir werden uns im Garten aufhalten. Das Wetter wird schon halten. Ich möchte natürlich, dass er versucht, sich zu zeigen. Aber er kann sich jederzeit wieder verkriechen.“
„Aber
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