Leben im Käfig (German Edition)
für ihn verschlossen waren. Das machte diese Kontakte schal, was den Betroffenen gegenüber sicherlich ungerecht war. Aus seiner Haut konnte er dennoch nicht. Bis Sascha kam.
Hatte er es richtig angefangen? Die Fragen klug beantwortet? War er den drohenden Missverständnissen ausgewichen?
Die Zeit würde es zeigen. Zum ersten Mal war Andreas froh, dass er offen gesagt hatte, was mit ihm los war. Er hatte keine Details genannt, aber Sascha wusste nun, was er nicht von ihm erbitten, ihn nicht fragen konnte. Hoffentlich würde er sich daran halten und nicht eines Tages vor der Tür stehen, um ihn ins Kino zu schleppen.
Seltsamerweise war diese Ehrlichkeit befreiend. Sie nahm Andreas den Druck, etwas darzustellen zu müssen, was er nicht war. Noch viel wichtiger war jedoch, dass sie miteinander Spaß gehabt hatten. Es war lange her, dass er aus vollem Herzen lachen konnte. Das Hochgefühl machte ihn ganz kribbelig. Konnten sie Freunde werden? Richtige Freunde? Enge Freunde, die miteinander redeten und sich alles erzählten?
Andreas hielt inne und nestelte an seinem Haarband. Es tat ihm leid, dass er Sascha den Anfang in Hamburg nicht leichter gestalten konnte.
Wenn er gekonnt hätte, hätte er ihn gerne durch die Stadt geführt. Er hätte ihm die Kinos gezeigt, den Elbstrand, die Innenstadt, die gemütlichen Restaurants und natürlich die Clubs und Kneipen.
Dummerweise konnte er Sascha nichts nahe bringen, was er selbst nicht kannte. Das war schade, aber konnte sein momentanes Glücksgefühl nicht dämpfen.
Beschwingt ging er hinüber zum Fenster. Der Morgen näherte sich mit einem Band aus goldenen und roten Streifen am Horizont. Es war leicht diesig, sodass die Sicht verschwamm. Das Nachbarhaus konnte Andreas dennoch gut erkennen. Dort drüben, in einem Zimmer, das er noch nie gesehen hatte, kroch Sascha gerade in sein Bett. Schlief er nackt oder in Shorts? Oder trug er etwa einen fürchterlichen Schlafanzug? Nein, sicher nicht bei der Witterung.
„Falsche Richtung“, ermahnte er sich selbst amüsiert. Seine ausgemergelten Züge erinnerten vage an ein Raubtier, das vor dem Fressen genüsslich die Zähne bleckte. Freunde dachten nicht darüber nach, was der jeweils andere im Bett anhatte. Andreas gab sich Mühe, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, aber in Windeseile schweiften seine Gedanken wieder ab.
Ob Sascha auch immer so verflucht scharf war wie er selbst? Manchmal glaubte Andreas, dass mit ihm etwas nicht stimmte, denn seit ein paar Jahren dachte er permanent an Sex, wenn es ihm halbwegs gut ging. Das Thema kreiste andauernd in seinem Hinterkopf und machte seine Nächte zu schweißtreibenden Angelegenheiten. Er hatte keinen Vergleich.
War er in dieser Beziehung normal oder war er irgendwie anders? Er hatte nie jemanden fragen können.
Wenn er seinem Vater Glauben schenken durfte, war es vermutlich normal. Was hatte er gestern Nacht seiner Mutter an den Kopf geworfen?
Jungen in seinem Alter brauchen ab und an mal eine weiche Frau im Bett.
Ob Frau oder Mann war an der Stelle egal. Es ging um die Kernaussage. Ohne Mühe schaffte Andreas es, den Rest des unangenehmen Gesprächs – Frauen, heiraten - aus seinem Verstand zu drängen und sich anderen Dingen zuzuwenden. Darin war er Meister. Darauf war er stolz.
Er wandte sich vom Fenster ab und sprang auf sein Bett. Der Lattenrost stöhnte protestierend. Schnell streifte Andreas seine Kleidung ab, bevor er sich mit ausgebreiteten Armen und einem Lächeln im Gesicht auf die Matratze fallen ließ. Seine Haut summte. Er schloss die Augen und ließ die Gedanken kommen, fühlte sich dabei nur ein klein wenig schäbig. Es erfuhr ja niemand davon.
Hatte Sascha auch Tage, an denen er vor Lust die Wände hochging? Hatte er auch Pornos auf seinem Computer; egal welcher Art? Wachte er manchmal mitten in der Nacht auf und griff sich sofort zwischen die Beine, weil ihm sinnliche Träume eine steinharte Erektion beschert hatten? Mochte er es auch, sich im Bad einzuschließen und sich unter der heißen Dusche in aller Ruhe einen runterzuholen? Fragen über Fragen, die alle miteinander dafür sorgten, dass Andreas' Atmung stockte und das Blut gen Süden schoss.
Das Halbdunkel streichelte seinen Körper, als er sich träge auf die Seite und schließlich auf den Bauch rollte. Seine Hände umschlossen sein Kopfkissen und zogen es eng an seine Brust. Das schwarze Laken schmiegte sich an seinen Unterleib und sein Glied. Unbewusst bewegte er das Becken und drängte
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