Leben im Käfig (German Edition)
war. Er fand es falsch, dass anscheinend kaum etwas deswegen unternommen wurde. Bisher hatte sein Mitgefühl aber in keiner Form das Thema Sex berührt.
Vom Verstand her wusste er, dass Andreas keine Erfahrungen haben konnte. Sie hatten nie darüber gesprochen, aber dass er der Einzige war, der in den letzten Jahren Kontakt zu ihm gehabt hatte, war ein Fakt.
Sascha ertappte sich dabei, dass er sich fragte, wie sehr Andreas litt. Litt, weil er nicht nach draußen gehen konnte. Litt, weil er sich Dinge wünschte, die er nicht haben konnte. Litt, weil er genauso nach Berührung hungerte wie jeder andere Teenager auch. So weit, so gut.
Aber er wollte einen Mann, keine Frau. Er war genau wie Sascha, mit denselben Ängsten, denselben Unsicherheiten, demselben Druck im Nacken.
Apropos Druck ... Sascha stöhnte innerlich. Bestimmt wussten die von Winterfelds nichts von Andreas' Sehnsüchten. Nichts in seinem Zimmer ließ ahnen, dass er schwul war. Das machte es nicht leichter.
Abgesehen davon war es einfach heftig. Sascha wusste, wie quälend es sein konnte, wenn der Körper unbedingt wollte, brauchte, lechzte und man immer mit sich allein war. Er wusste, was man sich vorstellte, wenn man nachts wach lag. Die Erleichterung, wenn man Gewissheit hatte und zum ersten Mal mit jeder Faser genoss, einen anderen Jungen zu küssen und zu fühlen, war essenziell. Sie war es wert, sich dem ganzen Ärger zu stellen, der damit einherging. Der Rausch und das Gefühl, richtig zu handeln, belohnten einen für die Zweifel, die einen geplagt hatten.
Und oben auf war es das Beste, was man empfinden konnte. Die fremde Textur, der einmalige Geruch, die Reibung, der Kick und hinterher das Gefühl der Erleichterung. Zumindest für eine Weile.
Andreas kannte das alles nicht und würde es vielleicht nie kennenlernen. Weil er keine Chance hatte. Es war grauenhaft und gleichzeitig spürte Sascha, dass sich ungefragt ein weiterer Gedanke in seinen Kopf schlich.
Wenn Andreas endlich die Chance bekommen würde – Himmel, er war erst 19, wusste Sascha mittlerweile -, würde er hochgehen wie eine Bombe. Explodieren wie ein Pulverfass.
Ihn, als seinen Freund, sollte diese Vorstellung nicht erregen. Tat sie aber, wobei Erregung kaum der richtige Begriff für die unsichtbare Flamme in Saschas Bauch war, die ihm das Gefühl vermittelte, zu verdursten.
Sacht saugte er an seiner Unterlippe. Er wehrte sich nicht mehr, als seine Hand sich selbstständig machte und zu seiner Erektion wanderte. Seine Finger trafen auf bis zum Bersten gespannte Haut. Träge senkte er den Kopf und schloss die Faust. Die Fliesen in seinem Rücken waren kühl, als er sich Halt suchend dagegen lehnte.
Die Bilder kamen wieder und begleiteten ihn. Auf einmal wurden Situationen, die er bisher kaum wahrgenommen hatte, erotisch und aufregend. Das Bett, dieses verdammt bequeme Bett, auf dem sie immer lagen. Wie leicht wäre es gewesen, zuzufassen und Andreas zu erlösen. Die Hand über seine Haut gleiten lassen oder gleich auf seine Hose legen, ihn streicheln und ihm sagen, dass er nicht denken sollte. Nur fühlen. Ihn am Ohr küssen, ihm aus seinem Dilemma heraushelfen. Auf welche Weise auch immer.
Andreas war schön. Und er würde schmelzen, wenn sie zusammen waren.
Saschas Mund öffnete sich, als ihm die Luft knapp wurde. Es zog in seinen Hoden, in seinem Unterleib, überall.
Mit der freien Hand kniff er sich fast brutal in die linke Brustwarze. Auf direktem Wege raste der Schmerz in sein Glied und verwandelte sich dort in etwas Anderes, etwas Besseres. Er keuchte wohlig, suchte nach seinem Gleichgewicht, bevor er ohne Spielereien, ohne Verzögerungen dem Drängen nachgab. Für ein paar Sekunden machte alles Sinn, flog er über den Dingen. Das Wasser wusch die Überbleibsel seines Höhepunkts von seiner Hand.
Was er machen sollte, wusste er hinterher immer noch nicht. Aber er fühlte sich besser. Und schämte sich ein bisschen.
Kapitel 19
Erstaunlich, wie sich ein einzelner Ort oder Gegenstand je nach Aufgabe, Erwartung und Tagesform verändern konnte. Für den unvoreingenommenen Beobachter war das weiß getünchte Portal der Villa nicht mehr als eine Haustür, wenn auch von auffälliger Machart und mit einem Hauch Nostalgie versehen. Für Andreas stellte sich die Sache anders dar.
Wenn seine Eltern nach Hause kamen, schlecht gelaunt und mit einem Berg von Erwartungen an ihren unzulänglichen Sohn, wurde die unschuldige Tür zu den Toren der Hölle.
An Tagen,
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