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Im Auftrag der Liebe

Im Auftrag der Liebe

Titel: Im Auftrag der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Webber
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◊ 1 ◊
    I m Leben jeder Frau kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem sie begreift, dass ihr Vater nicht perfekt ist.
    Ich hatte das schon vor Jahren feststellen müssen, die Erkenntnis holte mich aber mit erschreckender Regelmäßigkeit immer wieder ein.
    Zum letzten Mal, als mein Vater beim Horizontaltango mit einer Frau, die nicht meine Mutter war, an einem Strand in Marblehead einen beinahe tödlichen Herzinfarkt erlitten hatte.
    Schockierend war daran nicht die andere Frau, sondern vielmehr die Örtlichkeit. Mein Vater hasste Sand.
    Glücklicherweise hatte seine neueste Flamme wohl mit dem gelegentlichen Herzstillstand Erfahrung, denn sie hatte einen Krankenwagen gerufen und dafür gesorgt, dass er auf dem Weg ins Mass General Hospital gewesen war, bevor seine Pumpe ernsthaft Schaden genommen hatte.
    Das war inzwischen zwei Wochen her.
    Jetzt sah ich ihm dabei zu, wie er in seinem geräumigen Designerschlafzimmer zwischen dem begehbaren Kleiderschrank und dem Bett hin- und herschritt, wo zwei Lederkoffer von T. Anthony auf der zerknitterten Zudecke lagen.
    Durch die Reihe deckenhoher Fenster mit Blick auf den Hafen von Boston fiel Sonnenlicht ins Zimmer und ließ die Atmosphäre heiter und fröhlich wirken, obwohl sie alles andere als heiter und fröhlich war.
    Mein Vater, Oscar Valentine, war ein distinguierter, gut aussehender Mann, der an einen altmodischen Filmstar erinnerte. Im August wurde er fünfundfünfzig, ging aber leicht für Ende vierzig durch. Er war ein Meter achtzig groß und wegen der regelmäßigen Besuche im hauseigenen Fitnessstudio und seines übertrieben gesunden Lebensstils schlank und gestählt. Das mit dem Herzinfarkt war eine ziemliche Überraschung gewesen.
    »Hör auf damit, Lucy«, befahl er. Er fuhr sich mit der Hand durchs grau melierte Haar und sah sich im Schlafzimmer um, ob er auch nichts vergessen hatte.
    Ich versuchte, nicht darüber nachzudenken, wie blass er vor der schokobraunen Wand aussah. »Womit soll ich aufhören?«
    »Hör auf, das Bett so anzustarren.«
    Ich hatte tatsächlich auf sein Bett gestarrt. Auch wenn ich mich noch sosehr dagegen wehrte, mir ging die ganze Zeit die Frage durch den Kopf, wie viele Frauen wohl schon mit ihm darin gelegen hatten. Und warum er seinen makellosen Ruf aufs Spiel setzte, indem er sich mit seiner Geliebten am Strand erwischen ließ.
    Eigentlich sollte ich an sein Benehmen längst gewöhnt sein, schließlich war er schon seit achtundzwanzig Jahren mein Vater. Aber ich kam damit immer noch nicht klar. Ich hatte nie bezweifelt, dass es da noch andere Frauen gab, aber ich hatte noch nie eine von ihnen zu Gesicht bekommen, ihn noch nie von einer sprechen hören und wünschte mir, ehrlich gesagt, weiter die Ahnungslose spielen zu können.
    »Und du, Judith«, sagte er zu meiner Mutter, »du könntest bitte mal mit dem Grinsen aufhören.«
    Meine Mutter, Judie, fächelte sich mit einem Architectural-Digest -Magazin Luft zu. Sie war fünfzig und gerade mitten in der Menopause, beim Kampf gegen die Hitzewallungen stand sie auf verlorenem Posten. »Am Strand, Oscar? Hättest du dich nicht wenigstens nach einem netten Hotel umsehen können?«
    »Genug Kohle dafür hättest du ja«, warf ich ein. Er war einer der reichsten Männer des Landes, Geld spielte also keine Rolle. »Fifteen Beacon ist doch ganz schön. Oder das Charles.«
    Die flatternden Seiten der Zeitschrift erzeugten eine frische Brise. »Ich war ja immer für das Ritz-Carlton. Oh, oder das Boston Harbour Hotel. Die sind doch alle äußerst diskret. Viel diskreter als so ein öffentlicher Strand.«
    Mein Vater hielt mitten in der Bewegung inne und starrte uns düster an, dann schüttelte er den Kopf wie ein vom Leben Gebeutelter und wandte sich wieder seinen Koffern zu. Er faltete ein Armani-Hemd zu einem akkuraten Rechteck und legte es auf die anderen sechs, die er bereits eingepackt hatte. »Ich finde das überhaupt nicht lustig.«
    »Oh, und ob«, widersprach meine Mutter und stupste mich mit dem Ellbogen an. »Sind wir nicht witzig?«
    Ich nickte. »Wir sind total witzig.«
    Mein Vater murmelte etwas vor sich hin, vermutlich dankte er Gott dafür, dass er bald auf dem Weg in den verdienten Urlaub sein würde.
    »Auf der Flucht« hätte es wohl eher getroffen.
    Denn in den Augen der Öffentlichkeit hatte Oscar Valentine, Heiratsvermittler Nummer eins im Lande, damit ganz unverfroren die Monogamie verraten. Er war wirklich und wahrhaftig auf frischer Tat ertappt worden. Und wenn

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