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Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben

Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben

Titel: Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkana Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Europa wurde zwischen dem 4. und 10. Jahrhundert weitgehend aufgegeben. Der Historiker Rodney Stark weist darauf hin, dass es im spätmittelalterlichen christlichen Europa praktisch keine Sklaven mehr gab. Die Sklavenhaltung wurde durch Leibeigenschaft ersetzt, keine freundliche Einrichtung, aber zumindest eine, die auf gegenseitigen Rechten und Pflichten zwischen den Herren und den Leibeigenen beruhte. Die Leibeigenen zahlten Pacht und behielten einen Teil ihrer Erzeugnisse. Sie konnten heiraten, wen sie wollten, und selbst darüber entscheiden, wann sie arbeiteten, wie sie ihre Kinder erzogen und was sie in ihrer »Freizeit« taten. Kurzum, sie waren keine »beweglichen Sachen« oder »menschlichen Werkzeuge«. 17 Falls Sie je vor der Wahl stehen sollten, Leibeigener oder Sklave zu sein, dann entscheiden Sie sich besser für die Leibeigenschaft.
    Im amerikanischen Süden breitete sich die Sklaverei aus einem einfachen Grund aus: In der Neuen Welt gab es eine Menge schwerer Arbeit zu verrichten, und durch den afrikanischen Sklavenhandel standen dafür viele Männer und Frauen zur Verfügung. In Roll, Jordan, Roll, der vielleicht
besten Studie über die amerikanische Sklaverei, schrieb der marxistische Gelehrte Eugene Genovese, die Klasse der Pflanzer in den Südstaaten habe ein mächtiges eigennütziges Interesse an der Sklavenhaltung entwickelt. Der Einsatz der Südstaaten für die Sklaverei war ausschließlich durch dieses eigennützige Interesse motiviert, und das Heraufbeschwören der biblischen Theologie war für die Pflanzer wenig mehr als eine Rationalisierung der Tatsache, dass sie unwillige Afrikaner zu kostenloser Arbeit zwangen. Heute ist wohl jedermann klar, dass die meisten dieser Rationalisierungen wie beispielsweise der Fluch über Ham beziehungsweise Kanaan (1. Mose 9, 18 – 28) und Ähnliches kompletter Unsinn sind. In der Bibel steht nirgendwo, dass Ham schwarz war! Dass Südstaatler, die sich als Christen bezeichneten, trotzdem die Sklaverei verteidigten, mag manche Leute überraschen, wirklich erstaunen kann es jedoch nur jemanden, der die Tiefe der menschliche Selbstsucht nicht versteht.
    Genovese begann seine Untersuchung in der Erwartung, dabei festzustellen, das Christentum habe die Sklaven mit ihren Lebensbedingungen versöhnt, indem es ihnen vermittelte, sie sollten auf ihre Erlösung im Jenseits warten und nicht mit der Befreiung in diesem Leben rechnen. Das entspricht genau den Unterstellungen der Atheisten. Und Genovese stellte tatsächlich fest, dass die Hoffnung auf Erlösung in der Ewigkeit vielen Sklaven während der dunklen Nacht ihrer Gefangenschaft Trost spendete. Zu seinem Erstaunen entdeckte er jedoch, dass solche himmlischen Erwartungen die Sklaven keineswegs mit ihrem irdischen Los aussöhnten. Sie entwickelten vielmehr ein mächtiges Ethos der Befreiung, in dem die Hoffnung auf Erlösung
in der nächsten Welt unauflöslich mit der Forderung nach Freiheit in dieser Welt verbunden war. Genovese, der später zum Katholizismus konvertierte, zeigt, wie die Sklaven die Bibel lasen, um dieses Ethos zu entwickeln. Denken Sie an die Zeilen des großen Spirituals: »Go down, Moses, way down to Egypt land and tell old Pharao, let my people go.« (»Geh los, Moses, geh nach Ägypten hinab und sag dem alten Pharao: Lass mein Volk ziehen.«) Von hier, aus dem Buch Exodus, leiteten die Sklaven eine Analogie zwischen ihrer eigenen Situation und jener der Israeliten in ägyptischer Gefangenschaft ab. In diesem Sinne wurde Moses nicht nur zum Fürsprecher der unterdrückten Juden, sondern auch der afrikanischen Sklaven in Amerika; und viele befreite Sklaven nannten ihre Kinder später »Moses«. Anders, als die atheistische Kritik unterstellt, vermittelte die Bibel den Sklaven eine großartige Befreiungsbotschaft. 18
    Anfang des 18. Jahrhunderts begannen Gruppen von Quäkern und evangelikalen Christen in Amerika mit den ersten organisierten Kampagnen gegen die Sklaverei. Motiviert wurden sie dazu durch eine biblische Lehre: die schlichte Vorstellung, dass wir in den Augen Gottes alle gleich sind. Vorher war diese Aufassung als spirituelle Wahrheit interpretiert worden, die nur für das nächste Leben Gültigkeit hatte. Aber die Quäker und evangelikalen Christen erklärten beharrlich, die Idee habe grundlegende Auswirkungen auf das Diesseits. Und so leiteten sie aus der theologischen Vorstellung der Gleichheit aller Menschen vor Gott die politische Lektion ab, dass kein Mensch das Recht hat,

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