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Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben

Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben

Titel: Leben nach dem Tod - warum es nicht irrational, sondern logisch ist, an das Jenseits zu glauben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkana Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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verstehen. So entwickelte Augustinus einfach weiter, was die frühen Christen bereits glaubten, indem er seine Schlussfolgerungen daraus zog. Dazu gehörte beispielsweise das Argument, dass es im Gottesstaat einen transzendenten Maßstab der Gerechtigkeit gibt, der den Bürgern erlaubt, das Handeln der irdischen Herrscher zu richten und zu korrigieren. 10 Er legte auch die intellektuellen Grundlagen für die Unterscheidung zwischen den Reichen von Kirche und Staat. Das hatte zur Folge, dass sich Kirche und Staat trotz vielfältiger Verflechtungen in den westlichen Zivilisationen als getrennte Institutionen entwickelten.
    Wir machen nun einen Zeitsprung ins 11. Jahrhundert, wo ein heftiger Streit zwischen Papst Gregor VII. und dem deutschen König Heinrich IV. darüber entbrannte, wer von beiden das Recht hatte, Bischöfe und andere lokale kirchliche
Amtsträger zu ernennen und »einzusetzen«. Dieser sogenannte Investiturstreit war der Höhepunkt einer unaufhörlichen Rivalität zwischen kirchlicher und weltlicher Macht. Eine der merkwürdigsten Begebenheiten in der Geschichte des Westens ist der Gang nach Canossa, die Szene, in der Heinrich vor Gregor im Schnee fror und Buße tat. Später trieb Heinrich den Papst jedoch erfolgreich ins Exil nach Salerno. Obwohl Kirche und Staat Rivalen blieben, führte die Auseinandersetzung im Laufe der Zeit zu einer neuen Art von westlicher Gesellschaft, in der die Macht der Regierung eingeschränkt ist – die Regierung hat ihre Befugnisse, aber sie kann nicht einfach tun, was sie will. Wir haben außerdem eine bürgerliche Gesellschaft, einen Art Schutzraum, in dem freie Bürger vor staatlicher Kontrolle relativ geschützt sind. Und schließlich haben wir den institutionellen Pluralismus, der sich beispielsweise in einer Gewaltenteilung mit gegenseitiger Kontrolle und einer freien Presse spiegelt. Diese modernen Institutionen wurzeln in einem Text aus dem 4. Jahrhundert und in einem alten Streit zwischen den Vertretern des Gottes- und des Menschenstaats.
    Wir wollen nun untersuchen, welche Auswirkungen der christliche Glaube an Transzendenz und ein Leben nach dem Tod auf die Vorstellungen von Menschenwürde und Menschenrechten hatte. Als die amerikanischen Gründerväter das zu etablieren versuchten, was sie als Novus Ordo Seclorum, eine »neue Ära« oder »Neuordnung der Zeit«, bezeichneten, diskutierten sie darüber, auf welcher Basis die radikale Behauptung, dass »alle Menschen gleich geschaffen sind«, am besten bekräftigt werden könne. Die Formulierung kam schließlich von Thomas Jefferson, einem
Mann der Aufklärung und einem Mann der Wissenschaft, der zugleich neben Benjamin Franklin der vielleicht am wenigsten gottesfürchtige unter den Gründervätern war. Aber auch wenn sie sich von der christlichen Orthodoxie entfernt hatten, glaubten Jefferson und Franklin doch an Gott und ein Leben nach dem Tod. Und als Jefferson schließlich die Quelle für den selbstverständlichen Gleichheitsgrundsatz benannte, war es niemand anders als »der Schöpfer«. Nach Ansicht der amerikanischen Gründerväter haben alle Rechte ihren gemeinsamen Ursprung in »den Gesetzen der Natur und im Gott der Natur«. Die Unabhängigkeitserklärung bezieht sich auf Gott als Quelle der göttlichen Vorsehung und zugleich als höchsten Richter des Gewissens im Jenseits. 11
    Heute mag es uns seltsam erscheinen, dass Gott und die göttliche Vorsehung als Quelle des Rechts beschworen werden. Deshalb wollen wir die Frage stellen: Wenn Rechte nicht von Gott abgeleitet werden, wovon dann? Nun, sie könnten evolutionär angelegt sein. Vielleicht hat uns die natürliche Auslese so ausgestattet, dass wir die Würde der anderen respektieren. Aber selbst wenn es so wäre, besteht das Problem darin, dass es nichts mit Rechten zu tun hätte. Rechte sind die moralische Sprache der Politik. Wie Alexis de Tocqueville es einmal ausgedrückt hat: »Die Idee des Rechts bedeutet einfach, die Tugend in die politische Welt einzuführen.« 12 Rechte haben nichts damit zu tun, wie wir handeln, sondern wie wir handeln sollten. Folglich ist die Evolution hier ziemlich irrelevant. Eine zweite mögliche Quelle von Rechten ist die Vorstellung, dass wir alle ohne Unterschied Menschen sind und deshalb dieselben Rechte und Privilegien haben. Aber Affen sind ohne Unterschied
Affen, und doch haben sie nicht dieselben Rechte und Privilegien. Natürlich handeln Affen gelegentlich ihren eigenen »Sozialvertrag« aus, aber wie der

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