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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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überall, wo die Werke der Natur eine Kluft zeigen, betroffen und überfragt. Diese Eigenthümlichkeit aber gestaltete sich, wie tausend andere Dinge, für uns so, daß wir uns zwar nicht klar darüber werden können, aber doch unwillkürlich das Richtige finden, wenn Sie gütigst erlauben, – und damit können wir uns zufrieden geben.
    So hätte mein Vater sich mit diesem neuen Kummer nicht um Alles in der Welt niederlegen – noch ihn wie den ersten die Treppe hinauftragen können; er ging daher ruhig mit ihm hinaus und wandelte nach dem Fischteich.
    Hätte mein Vater den Kopf auf die Hand gestützt und eine Stunde lang überlegt, welchen Weg er einschlagen solle, – so hätte ihm die Vernunft mit aller ihrer Kraft keinen besseren zeigen können; es liegt nämlich etwas in Fischteichen, lieber Leser – was es ist, mögen Systembauer und Fischteichgräber miteinander ausmachen; – es liegt aber in einem ruhigen und mäßigen Wandel nach einem Fischteich, im ersten wirren Schuß der übeln Laune, etwas so unergründlich Beruhigendes, daß ich mich oft gewundert habe, daß weder Pythagoras, noch Plato, noch Solon, noch Lykurg, noch Muhamed, noch irgend Einer unserer bekannten Gesetzgeber hierüber eine Bestimmung erließ.

104. Kapitel.
    Euer Gnaden, sagte Trim und schloß die Zimmerthüre, ehe er zu sprechen anfing, Euer Gnaden haben wohl von dem unglücklichen Zufall gehört? – Ja wohl, Trim, erwiderte mein Onkel Toby, es macht mir großen Kummer. – Ich bin auch sehr darüber bekümmert; aber ich hoffe, Euer Gnaden lassen mir die Gerechtigkeit widerfahren, sagte Trim, und glauben, daß ich durchaus keine Schuld daran trage. – Du – Trim? rief mein Onkel Toby, und sah ihm gütig ins Gesicht, – nein, Susanna und der Vikar haben die Dummheit miteinander gemacht. – Was für ein Geschäft hatten denn die miteinander im Garten, Euer Gnaden? – Du meinst, im Gang, versetzte mein Onkel Toby.
    Trim merkte, daß er auf falscher Fährte sei, hielt darum an sich und machte eine tiefe Verbeugung. – Zwei Unfälle, sagte der Corporal zu sich selbst, sind wenigstens um zwei zu viel, um zu gleicher Zeit verhandelt zu werden, – den Unfall, daß die Kuh in unsere Schanze hereingebrochen ist, kann Seine Gnaden auch noch später erfahren. – Die tiefe Verbeugung, womit Trim die Sache geschickt zu verstecken wußte, ließ in meinem Onkel Toby keinerlei Verdacht aufkommen; er fuhr daher in dem, was er Trim zu sagen hatte, fort:
    Was mich betrifft, Trim, sprach er, so finde ich zwar wenig oder keinen Unterschied, ob man meinen Neffen Tristram oder Trismegistus nennt; – da sich mein Bruder aber die Sache so zu Herzen nimmt, Trim – so wollte ich gerne 100 Pfund geben, wenn ich es ungeschehen machen könnte. – Hundert Pfund – Euer Gnaden! rief Trim, – ich gäbe keinen Kirschkern drum. – Ich auch nicht, Trim, wegen meiner selbst, sagte mein Onkel Toby; – aber mein Bruder, mit dem sich in dieser Sache nicht sprechen läßt, – behauptet, es hänge von dem Taufnamen weit mehr ab, Trim, als die dummen Leute wüßten! – er sagt, so lange die Welt bestehe, habe noch nie ein Tristram eine große oder heldenmüthige That ausgeführt. – Ja er behauptet, Trim, mit diesem Namen könne ein Mann weder gelehrt, noch weise, noch tapfer werden. – Das ist eitel Phantasterei, halten zu Gnaden: – ich focht gerade so gut, sagte der Corporal, als man mich im Regiment Trim hieß, wie da man mich James Butler nannte. – Und was mich betrifft, sagte mein Onkel Toby, ich mußte zwar schamroth werden, wenn ich mich selbst rühmen wollte, Trim; – aber wenn ich auch Alexander geheißen hätte, ich hätte vor Namur doch nur meine Schuldigkeit thun können. – Guter Gott! rief Trim, indem er drei Schritte vorwärts machte, denkt ein Mann an seinen Taufnamen, Euer Gnaden, wenn er zum Angriff vorgeht? – Oder wenn er in der Tranchée steht, Trim, sprach mein Onkel Toby mit festem Blick. – Oder wenn er durch eine Bresche rückt? fuhr Trim fort und drängte sich zwischen die Stühle. – Oder die Linie forcirt? rief mein Onkel, erhob sich schnell und fällte seine Krücke wie eine Pike. – Oder Front gegen ein feindliches Peloton macht? versetzte Trim und legte seinen Stock an wie eine Muskete. – Oder das Glacis stürmt? schrie mein Onkel Toby, der jetzt warm wurde und einen Fuß auf den Stuhl setzte.

105. Kapitel.
    Mein Vater war von seinem Gang nach dem Fischteich zurückgekehrt, – und öffnete die Thüre mitten in

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