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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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der Attake, gerade als mein Onkel Toby das Glacis stürmte. – Trim setzte ab. – Noch nie in seinem Leben war mein Onkel Toby bei einem wüthenderen Ritt betroffen worden! Ach Onkel Toby! Hätte nicht eine wichtigere Sache die ganze Beredtsamkeit meines Vaters in Anspruch genommen, wie wärst du und dein armes Steckenpferd mißhandelt worden.
    Mein Vater hängte seinen Hut wieder mit derselben Miene auf, wie er ihn herabgenommen hatte; und nachdem er einen flüchtigen Blick auf die Unordnung im Zimmer geworfen hatte, nahm er einen der Stühle, welche Corporal Trims Bresche gebildet hatten und stellte ihn meinem Onkel Toby gegenüber – dann setzte er sich und brach, sobald das Theegeschirr abgeräumt und die Thür geschlossen war, in folgende Klagen aus:
    Die Klage meines Vaters .
    Es ist rein umsonst, sprach mein Vater, wobei er sich ebensosehr gegen Ernulphus' Verfluchungsregister, das auf der Kaminecke lag, – als gegen meinen Onkel Toby wandte, der darunter saß: – es ist rein umsonst, sprach mein Vater in der denkbar kläglichsten Laune, noch länger gegen diese widrigste aller menschlichen Ueberzeugungen anzukämpfen. – Ich sehe nun klar, daß der Himmel, sei es nun wegen meiner eigenen Sünden, Bruder Toby, oder wegen der Sünden und Thorheiten der Familie Shandy es für passend erachtet hat, seine schwerste Artillerie gegen mich aufzupflanzen und daß das Glück meines Kindes die Zielscheibe ist, gegen die deren ganze Kraft gerichtet ist. – Das würde ja die ganze Welt um uns her zermalmen, Bruder Shandy, sagte mein Onkel Toby, wenn es so wäre. – Unglücklicher Tristram! Kind des Zorns! Kind der Abgelebtheit! der Unterbrechung! des Mißgriffs und des Mißvergnügens! Wo ist das Mißgeschick, das Unheil im Buche embryotischer Uebel, das deine Gestalt auseinanderrenken, deine Fasern verwirren konnte, und das nicht auf dein Haupt gestürzt wäre, sogar noch ehe du zur Welt kamst! – wie viel Uebel hast du beim Eintritt selbst erlitten! – wie viel seitdem du da bist – gezeugt schon auf der absteigenden Lebensleiter deines Vaters, – wo die Kräfte seiner Einbildungskraft und seines Körpers schwächer geworden waren, – wo das Grundfeuer und der Grundsaft, die Elemente, welche die deinigen hätten beeinflussen sollen, bereits im Vertrocknen waren – wo nichts da war, um deinen Lebenszettel zu grundiren als Verneinungen! – Es ist im besten Fall kläglich, Bruder Toby, und es bedurfte all der kleinen Hilfen, die Sorgsamkeit und Aufmerksamkeit von beiden Seiten gewähren konnten. – Aber welche Niederlage haben wir erlitten! Du kennst das Ereigniß, Bruder Toby, – es ist zu traurig, um es zu wiederholen – die wenigen animalischen Geister, über die ich auf der Welt zu gebieten hatte, die Gedächtniß, Phantasie, Leben übertragen konnten – sie wurden sämmtlich zerstreut, verwirrt, zerschlagen, zum Teufel geschickt! –
    Hier war nun der Augenblick gekommen, wo diese Jagd gegen mich ein Ende nehmen konnte, – wo wenigstens der Versuch zu machen war, ob die Ruhe und geistige Heiterkeit deiner Schwägerin, Bruder Toby, bei gehöriger Rücksicht auf ihre Ausleerungen und Wiederauffüllungen, – und ihre außerordentlichen Naturverhältnisse nicht im Laufe von neun Monaten Alles wieder in Ordnung bringen könnten. – Aber meinem Kind sollte es nicht so gut werden! – Wie plagte sie sich und dem zu Folge auch ihren Fötus mit jener unsinnigen Besorgniß, weil sie ihr Kindbett nicht in der Stadt abhalten sollte. – Ich habe geglaubt, meine Schwägerin habe sich mit der größten Geduld in diese Bestimmung gefügt, erwiderte mein Onkel Toby, – ich hörte sie nie auch nur ein ärgerliches Wort darüber äußern. – O sie tobte innerlich, rief mein Vater, und weißt du, Bruder, das war zehn Mal schlimmer für das Kind, – und dann – welche Kämpfe hatte sie mit mir, welche beständige Stürme wegen der Hebamme! – Zu irgend einem Loch mußte es doch hinaus! sagte mein Onkel Toby. – Loch! rief mein Vater und sah empor.
    Was war aber dies Alles, mein lieber Toby, gegen das Unheil, das uns betraf, als mein Kind mit dem Kopf zuerst auf die Welt kam, während doch mein einziger Wunsch bei diesem allgemeinen Schiffbruch seines Daseins war, daß wenigstens dieses kleine Gehäuse ungebrochen und ungeschunden zur Welt kommen möchte!
    Aber wie wurde mein System trotz aller meiner Vorsichtsmaßregeln schon in der Gebärmutter über den Haufen geworfen! und nachher der Kopf des Kinds der

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