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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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seliges Ende.
    Mein Vater eilte Susanna nach, den Schlafrock im Arm und nichts am Leib als die Hosen, die er in der Eile nur mit einem einzigen Knopf zugemacht hatte, und der Knopf war in der Hitze nur halb in das Knopfloch gekommen.
    Sie hat doch den Namen nicht vergessen? rief mein Vater noch unter der Thüre. – Nein, nein, sagte der Vikar in einem verständnißvollen Tone. – Und mit dem Kinde geht es besser, rief Susanna. – Und mit deiner Herrin? – So gut wie es nach Umständen sein kann, versetzte Susanna. – Ei, daß dich! sagte mein Vater, und in diesem Augenblick schlüpfte ihm der Hosenknopf aus dem Loch, – so, daß es ungewiß bleibt, ob der Ausruf Susannen oder dem Knopfloch galt – ob es ein Ausruf des Aergers oder der Verlegenheit war, und in dieser Ungewißheit muß es bleiben, bis ich Zeit haben werde folgende drei Lieblingskapitel zu schreiben: mein Kapitel über Kammerjungfern, mein Kapitel über die »Daß dich!«, und [mein] Kapitel über Knopflöcher.
    Alles was ich dem Leser einstweilen zu seiner Aufklärung sagen kann, ist, daß in dem Augenblick, da mein Vater: Daß dich! rief, er sich rasch umdrehte, – und die Hosen in der einen Hand haltend und den Schlafrock über den andern Arm geworfen, durch den Gang nach dem Bette zurückkehrte, aber etwas langsamer, als er gekommen war.

101. Kapitel.
    Ich wollte, ich könnte ein Kapitel über den Menschen schreiben.
    Eine geschicktere Gelegenheit hätte sich nie dargeboten, als eben jetzt, wo alle Vorhänge in der Familie zugezogen – die Lichter gelöscht, – und keines Menschen Augen offen sind als das einzige der Amme meiner Mutter, denn das andere war schon seit zwanzig Jahren zu.
    Es ist ein schöner Gegenstand!
    Aber so schön er ist, so wollte ich doch lieber ein Dutzend Kapitel über Knopflöcher schreiben, und zwar rascher und mit mehr Erfolg als ein einziges über diesen Stoff.
    Knopflöcher! schon in dem Wortbegriff liegt etwas Munteres – und glauben Sie mir, wenn ich einmal dahinter gerathe, ja ihr Herren mit den großen Bärten, – seht nur so ernst drein als ihr wollt, – so will ich eine lustige Geschichte aus meinen Knopflöchern machen – sie sollen ganz Geschöpfe von mir werden, – der Stoff ist noch unberührt – und ich werde keines Mannes Weisheit oder schöne Redensarten darüber benutzen.
    Was aber den Schlaf betrifft, – so weiß ich schon, ehe ich nur anfange, daß ich nichts daraus werde machen können; – erstens bin ich kein Held in euern schönen Redensarten; – und dann kann ich ums Leben kein wichtiges Gesicht zu einem schlechten Stoff machen und der Welt sagen: – er sei ein Asyl für den Unglücklichen, – die Befreiung für den Gefangenen, – ein weicher Schooß für den Hoffnungslosen, Mühseligen und Gebrochenen; auch vermöchte ich mich nicht zu der Lüge emporzuschwingen und zu behaupten, er sei von all den süßen und köstlichen Thätigkeiten unserer Natur, womit ihr großer Schöpfer in seiner Güte uns für die Leiden belohnen wollte, womit seine Gerechtigkeit und sein Belieben uns heimgesucht hat, – die erste und beste (ich wenigstens kenne zehnmal bessere Freuden); – möchte nicht sagen, was für ein Glück es für einen Menschen sei, wenn die Aengsten und Leidenschaften des Tages vorüber seien, und er sich niedergelegt habe, daß dann seine Seele in ihm so ruhe, daß, wohin sie immer die Augen wenden möge, der Himmel ruhig und klar sich über ihr wölbe, und kein Verlangen – keine Furcht – kein Zweifel die Luft trübe, noch irgend eine vergangene, gegenwärtige oder künftige Noth, über welche die Phantasie in dieser süßen Abgeschiedenheit nicht ungestraft hinwegkommen könnte.
    Gott segne den Mann, sagte Sancho Pansa, der jenes treffliche Ding, das man den Schlaf nennt, erfunden hat: – es deckt den Menschen zu wie ein Mantel. – Hierin liegt für mich mehr und es spricht wärmer zu meinem Herzen und Gemüth, als all die Redensarten, die all den gelehrten Köpfen zusammen über diese Sache entflohen sind.
    Doch will ich, was Montaigne hierüber gesagt hat, keineswegs herabsetzen; – es ist in seiner Art herrlich: (Ich citire aus dem Gedächtniß) die Welt, sagt er, genießt auch andere Vergnügungen, gerade wie sie es mit dem Schlaf macht, sie schmeckt nicht und fühlt nicht, wie er dahin schlüpft. Wir sollten aber darüber nachdenken und studiren, um dann dem gehörig dafür zu danken, der ihn uns schenkte. Ich lasse mich deshalb absichtlich im Schlafe stören,

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