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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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Bedürfnisse geben möchten, bis ich in ein Spital gebracht werden könnte. – Ich will euer Bankier sein, sagte sie, indem sie die kleine Börse öffnete, – da mir aber dies Geschäft allein nicht genug zu thun gibt, so will ich auch eure Krankenwärterin sein.
    Aus der Art wie sie sprach, und aus der Kleidung, die ich jetzt erst aufmerksamer betrachtete, – erkannte ich, daß das junge Weib nicht die Tochter des Bauern sein konnte.
    Sie hatte ein schwarzes Kleid an, das bis zu den Zehen herabging, und ihr Haar unter einem Batisttuch verborgen, das dicht an der Stirne anlag; es war Eine von der Art Nonne, Euer Gnaden, von denen es sehr viele in Flandern gibt, wie Euer Gnaden wissen, und die frei herumgehen dürfen. – Nach deiner Beschreibung, Trim, sagte mein Onkel Toby, muß es eine junge Beguine gewesen sein, wie man sie nur in den spanischen Niederlanden, – und auch noch in Amsterdam – findet; sie unterscheiden sich von den Nonnen dadurch, daß sie ihr Kloster verlassen können, wenn sie heirathen wollen; es ist ihr Beruf, Kranke zu besuchen und zu pflegen. Was mich betrifft, so wollte ich lieber, sie thäten's aus Menschenliebe.
    Sie sagte mir oft, sie thue es um Christi willen, bemerkte Trim.
    Das gefiel mir nicht.
    Ich glaube, Trim, wir haben Beide Unrecht, sagte mein Onkel Toby; – wir wollen heute Abend Herrn Yorick darum fragen, wenn er zu meinem Bruder Shandy kommt, – erinnere mich daran, setzte mein Onkel Toby hinzu.
    Die junge Beguine, fuhr der Corporal fort, hatte mir kaum gesagt, sie wolle meine Krankenpflegerin sein, als sie sich rasch an das Geschäft machte und etwas für mich herrichtete. Kurze Zeit darauf – mir kam es freilich lange vor – kam sie mit Flanell u. s. w. zurück, bähte mir das Knie ein Paar Stunden lang, machte mir eine Schaale Haferschleim und wünschte mir dann gute Nacht, wobei sie versprach in der anderen Frühe wieder zu kommen. – Aber sie wünschte mir etwas, Euer Gnaden, was ich unmöglich haben konnte. Im Gegentheil, mein Fieber steigerte sich sehr in der Nacht; ihr Gesicht hatte eine große Verwirrung in mir angerichtet, – alle Augenblicke hieb ich die Welt in zwei Theile und gab ihr die eine Hälfte, – alle Augenblicke rief ich weinend, ich könne ihr nichts geben als meinen Tornister und achtzehn Gulden. – Die ganze Nacht hindurch sah ich die schöne Beguine wie ein Engel neben meinem Bette sitzen, wie sie meinen Vorhang zurückzog und mir herzstärkende Mittel gab; – ich erwachte erst aus diesem Traume, als sie wirklich zur versprochenen Stunde kam und mir jene tatsächlich reichte. In Wahrheit war sie fast immer bei mir und ich war so gewohnt das Leben aus ihren Händen zu empfangen, daß es mir ganz wehe ums Herz wurde und ich alle Farbe verlor, wenn sie nur das Zimmer verließ; und dennoch, fuhr der Corporal fort (indem er eine der seltsamsten Betrachtungen von der Welt hierüber anstellte) –
    War ich nicht verliebt, – denn während der drei Wochen, daß sie fast immer um mich war, und mir Tag und Nacht mit ihrer Hand mein Knie bähte, kann ich Euer Gnaden versichern, daß mir *   *   * nicht ein einziges Mal.
    Das war doch seltsam, Trim, sagte mein Onkel Toby.
    Das meine ich auch, – sagte Frau Wadman.
    Nicht ein einziges Mal, wiederholte der Corporal.

265. Kapitel.
    Das ist aber nicht zu verwundern, fuhr der Corporal fort, – als er sah, wie mein Onkel Toby darüber nachsann, – denn mit der Liebe, Euer Gnaden, ist es wie im Krieg; ein Soldat kann drei Wochen lang bis zum Samstag Abend gut durchgekommen sein – und doch am Sonntag Morgen durchs Herz geschossen werden. – So ging es auch hier, Euer Gnaden, nur mit dem Unterschied – daß es an einem Sonntag Nachmittag war, daß ich mich plötzlich wie ein Donnerwetter verliebte. – Es kam über mich, Euer Gnaden, wie eine Bombe, – daß ich kaum Zeit hatte, zu sagen: Gott steh' mir bei!
    Ich wußte nicht, Trim, daß sich ein Mann so plötzlich verlieben könne, sagte mein Onkel Toby.
    Doch, Euer Gnaden, wenn er schon auf dem Weg dazu ist, erwiderte Trim.
    Sag' mir doch wie das zuging, sagte mein Onkel Toby.
    Mit Vergnügen, sagte der Corporal, indem er sich verbeugte.

266. Kapitel.
    Ich war die ganze Zeit so durchgekommen und hatte mich nicht verliebt, fuhr der Corporal fort, und hätte auch das Kapitel ruhig zu Ende gebracht, wenn es nicht anders zum Voraus bestimmt gewesen wäre. – Aber seinem Schicksal kann man nicht entgehen. – Es war, wie ich Euer Gnaden

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