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Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
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hinwegführte, unterbrach ihn mein Onkel Toby. – Mich aber ließen sie auf dem Schlachtfeld liegen, – sagte der Corporal.
    Das thaten sie, armer Bursche! versetzte mein Onkel Toby. – So wurde ich erst am nächsten Mittag ausgewechselt, fuhr der Corporal fort, und mit dreizehn oder vierzehn Anderen auf einen Karren geladen und in unser Spital gebracht.
    An keinem Theil des Körpers, Euer Gnaden, macht eine Wunde eine unerträglichere Qual als an dem Knie.
    Außer noch am Schambein, sagte mein Onkel Toby. – Euer Gnaden, erwiderte der Corporal, der Knieschmerz muß meiner Meinung nach der heftigste sein, weil dort herum so viele Sehnen und wie man es Alles heißt, zusammenlaufen.
    Gerade deshalb, sagte mein Onkel Toby, ist das Schambein noch unendlich empfindlicher; – denn dort laufen nicht nur ebenso viel Sehnen und wie man es Alles heißt (denn ich kenne ihre Namen ebensowenig wie du) zusammen, – sondern überdies noch *   *   * – Frau Wadman, welche die ganze Zeit über in ihrer Laube gewesen war, – hielt hier augenblicks ihren Athem an, öffnete ihre Morgenhaube am Kinn und erhob sich auf einem Fuß.
    Der Streit wurde eine Zeitlang in freundschaftlichem Tone und mit gleicher Kraft zwischen meinem Onkel Toby und Trim fortgeführt, bis Trim sich erinnerte, daß er oft über die Leiden seines Herrn geweint, über seine eigenen aber nie eine Thräne vergossen hatte, – seine Behauptung aufgeben wollte, was aber mein Onkel Toby nicht zugab. – Dies beweist nur deinen nobeln Charakter, Trim, sagte er.
    Auf diese Art blieb bis heute unentschieden, ob die Schmerzen, welche (
caeteris paribus
) eine Wunde am Schambein verursacht, größer sind als die einer Wunde am Knie, – oder ob die Schmerzen einer Wunde am Knie nicht doch noch größer sind, als die einer solchen am Schambein.

264. Kapitel.
    Die Qualen, die mir mein Knie verursachte, fuhr der Corporal fort, waren an sich schon furchtbar, aber die Unbequemlichkeit des Karrens, die Holperigkeit der schrecklich ausgefahrenen Wege, machten sie noch viel ärger, so daß ich bei jedem Schritt glaubte, es sei mein letzter. Dazu kam der Blutverlust, der Mangel aller Pflege und das Wundfieber – (armer Kerl, sagte mein Onkel Toby) – kurz, Euer Gnaden, es war mehr als ich aushalten konnte.
    Ich erzählte meine Leiden einem jungen Weibe in einem Bauernhause, wo unser Karren, der der letzte in der Reihe war, angehalten hatte. Man hatte mich dort hineingetragen und das junge Weib hatte ein herzstärkendes Tränklein aus der Tasche gezogen und mir auf Zucker einige Tropfen davon gegeben; und da sie sah, daß es mir gut that, hatte sie mir noch ein zweites und ein drittes Mal davon gegeben. – Ich erzählte ihr nun wie sehr ich leide, und wie es mir so unerträglich sei, daß ich mich lieber auf das Bett niederlegen, mein Gesicht gegen Einen, der in der Zimmerecke hing , wenden und sterben möchte – als weiterfahren. Sie versuchte nun, mich nach dem Bett zu führen, ich wurde aber in ihren Armen ohnmächtig. – Sie war wirklich eine gute Seele, wie Euer Gnaden gleich hören werden, sagte der Corporal, indem er sich die Augen wischte.
    Ich glaubte immer, Liebe sei ein lustiges Ding, meinte mein Onkel Toby.
    Es ist (bisweilen) das ernsthafteste Ding auf der Welt.
    Das junge Weib, fuhr der Corporal fort, redete den Führern so zu, daß der Karren mit den Verwundeten ohne mich weiter ging. Sie hatte jene versichert, ich würde gleich sterben, wenn man mich wieder in den Karren brächte. Als ich wieder zu mir kam, – fand ich mich in einer stillen ruhigen Hütte, wo Niemand war als das junge Weib, der Bauer und seine Frau. Ich lag auf dem Bett in der Ecke des Zimmers mit meinem verwundeten Bein auf einem Stuhl. Neben mir saß das junge Weib, hatte die Ecke ihres Taschentuchs in Weinessig getaucht und hielt es mir mit der einen Hand an die Nase, während sie mir mit der anderen die Schläfe rieb.
    Ich hielt sie anfangs für die Tochter des Bauern (denn es war kein Wirthshaus) – und hatte ihr eine kleine Börse mit achtzehn Gulden angeboten, die mir mein armer Bruder Tom (hier wischte sich Trim die Augen), kurz ehe er nach Lissabon ging, durch einen Rekruten zum Andenken geschickt hatte.
    Ich habe Euer Gnaden diese jämmerliche Geschichte noch nie erzählt – (hier wischte sich Trim zum dritten Male die Augen).
    Das junge Weib rief den alten Mann und seine Frau herein und zeigte ihnen das Geld, damit sie mir in solange ein Bett und die sonstigen kleinen

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