Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy
und so viel Kunst und Geschick dabei zu Tage gebracht, daß man in Bestimmung der Zeit seiner Entdeckung nicht genau genug, in Nachforschung nach dem großen Entdecker und der Veranlassung, bei der die Entdeckung gemacht wurde, nicht gründlich genug sein kann.
Ich will durchaus nicht bestreiten, fuhr mein Onkel Toby fort, worin auch die Geschichtsschreiber einig sind, daß im Jahr unseres Herrn 1380 unter der Regierung Wenzels, eines Sohnes von Karl IV., ein gewisser Mönch Namens Schwartz den Venezianern in ihrem Krieg gegen die Genuesen den Gebrauch des Schießpulvers lehrte; aber es ist gewiß, daß er nicht der Erste war; denn wenn wir dem Bischof von Leon, Don Pedro, Glauben schenken dürfen – Euer Gnaden, wie kamen denn Mönche und Bischöfe dazu, sich so viel mit Schießpulver abzugeben? fragte Trim. – Das weiß Gott! erwiderte mein Onkel Toby, seine Vorsehung versteht aus Allem Gutes zu ziehen; Don Pedro also behauptet in seiner Chronik vom König Alphons, welcher Toledo einnahm, – daß schon im Jahre 1343, also volle 37 Jahre vor Schwartz das Geheimniß des Pulvers Mohren und Christen wohl bekannt gewesen und nicht nur bei ihren Seeschlachten, sondern auch bei den meisten ihrer denkwürdigen Belagerungen in Spanien und der Berberei angewendet worden sei; – auch weiß Jedermann, daß der Mönch Bacon schon 150 Jahre ehe Schwartz geboren wurde, darüber geschrieben und der Welt edelmüthig ein Recept zur Bereitung desselben hinterlassen hat; – und daß die Chinesen, fuhr mein Onkel Toby fort, uns und alle Berichte hierüber noch mehr in Verlegenheit setzen, insofern sie sich rühmen, daß sie diese Erfindung schon mehrere Hundert Jahre vor Bacon gemacht haben.
Ich glaube das ist eine rechte Lügenbrut! rief Trim.
Sie müssen sich hierüber irgend wie im Irrthum befinden, sagte mein Onkel Toby, das geht aus dem gegenwärtigen elenden Zustand ihrer Befestigung hervor; denn diese besteht nur aus einem Graben mit einem Backsteinwall ohne Flanken, – und das was sie an den Winkeln desselben für eine Bastion ausgeben, ist so barbarisch gebaut, daß man es ebensogut – für eines meiner sieben Schlösser halten könnte, Euer Gnaden, fiel Trim ein.
Obgleich mein Onkel sehr in Noth wegen eines guten Vergleichs war, so lehnte er doch Trim's Aushilfe sehr artig ab, – bis ihm Trim sagte, er habe noch ein halb Dutzend Schlösser in Böhmen, die er nicht wisse, wie losbringen. Ueber diesen herzlichen Spaß des Corporals war mein Onkel Toby so vergnügt, daß er seine Vorlesung über Schießpulver fahren ließ, und den Corporal bat, jetzt nur mit seiner Geschichte vom König von Böhmen und dessen sieben Schlössern fortzumachen.
Fortsetzung der Geschichte vom König von Böhmen und dessen sieben Schlössern .
Dieser unglückliche König von Böhmen, sagte Trim. – Ja, war er denn unglücklich? rief mein Onkel Toby, denn er war in seine Vorlesung über Schießpulver und andere militärische Angelegenheiten so versunken gewesen, daß er zwar dem Corporal geboten hatte, weiter zu machen, die vielen Unterbrechungen aber, die er veranlaßt, nicht so schwer auf seine Phantasie drückten, um sich jenes Beiwort daraus erklären zu können. – War er denn unglücklich? fragte mein Onkel Toby pathetisch. – Der Corporal wünschte zuerst das Wort und alle seine Synonymen zum Teufel und begann dann im Geist die Hauptereignisse im Leben des Königs von Böhmen an sich vorübergehen zu lassen. Da aber aus allen hervorging, daß dieser König eigentlich der glücklichste Mann gewesen, der je auf der Welt gelebt – so kam der Corporal in keine geringe Verlegenheit; und da er sein Prädikat nicht zurücknehmen, – und noch weniger es klären, – am allerwenigsten aber seine Geschichte verdrehen wollte (wie die Gelehrten es oft machen, um ein System zu retten) – so sah er meinem Onkel Toby Hilfe suchend ins Gesicht. Als er jedoch wahrnahm, daß mein Onkel Toby gerade selbst darauf wartete, – so fuhr er nach einigem Räuspern fort:
Der König von Böhmen, Euer Gnaden. war insofern unglücklich, – daß er eine große Freude an der Schifffahrt und an aller Art von Marinedingen hatte, – und im ganzen Königreich Böhmen zufällig kein einziger Seehafen war.
Wie zum Henker wäre das aber auch möglich, Trim? rief mein Onkel Toby, Böhmen ist ja ein Binnenland; da konnte es ja nicht anders sein.
Wenn es Gott so gewollt hätte, hätte es doch sein können, entgegnete Trim.
Mein Onkel Toby sprach von
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