Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy

Titel: Leben und Meinungen des Herren Tristram Shandy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurence Sterne
Vom Netzwerk:
nicht daraus herauskommen kann; und dann fortschreiben müßte wie ein holländischer Commentator bis ans Ende des Kapitels, wenn nicht etwas geschähe –
    So unterhandle ich doch nie einen Augenblick mit Feder und Tinte; sondern wenn eine Prise Tabak oder ein Gang durchs Zimmer nicht helfen wollen, – so nehme ich ein Rasirmesser, probire die Schärfe am Ballen meiner Hand und rasire dann meinen Bart ohne weitere Ceremonie, außer daß ich ihn vorher einseife, wobei ich nur Sorge trage, daß wenn ja ein Haar stehen bleibt, es kein graues ist. Hierauf wechsle ich mein Hemd, – ziehe einen besseren Rock an, – schicke nach meiner neuesten Perrücke, – stecke meinen Topasring an den Finger, mit einem Wort ziehe mich vollständig und aufs beste an.
    Nun müßte es schon mit dem Teufel zugehen, wenn dies nichts hälfe; denn man bedenke, da jeder Mann gerne dabei ist, wenn sein eigener Bart rasirt wird (obgleich es keine Regel ohne Ausnahme gibt), und solange dies geschieht, er sich die ganze Zeit über ganz unvermeidlich selbst gegenüber sitzt, falls er nämlich dabei mitarbeitet, – so muß diese Situation wie alle anderen notwendig ihre eigenthümlichen Bemerkungen in sein Gehirn bringen.
    Ich behaupte, die Ideen eines rauhbärtigen Mannes werden um sieben Jahre eleganter und jugendlicher durch eine einzige Operation; und könnten, wenn sie nicht Gefahr liefen ganz wegrasirt zu werden, durch beständiges Rasiren auf den höchsten Gipfel der Erhabenheit gebracht werden. – Wie es Homer zu Stande brachte, mit einem so langen Bart zu schreiben, begreife ich nicht; – und da dieser Fall gegen meine Hypothese spricht, bekümmere ich mich auch nicht darum; – kehren wir jedoch zur Toilette zurück.
    Ludovicus Sorbonensis
will dies ganz zu einer Angelegenheit des Körpers machen (εξωτερικη πραξις, wie er es nennt), – aber er täuscht sich: Seele und Leib sind bei jeder Sache, die sie erzeugen, Mittheilhaber. Ein Mann kann sich nicht anziehen, ohne daß seine Ideen zu gleicher Zeit bekleidet werden; und wenn er sich wie ein Gentleman kleidet, so wird auch jeder seiner Gedanken in einer ähnlichen nobeln Art vor seiner Phantasie stehen, – so daß er nichts zu thun braucht, als seine Feder zu ergreifen und so zu schreiben wie er selbst ist.
    Wenn daher der geneigte Leser gerne wissen möchte, ob ich sauber und lesbar schreibe, so wird er hierüber ganz ebensogut urtheilen können, wenn er in die Rechnung meiner Wäscherin, wie wenn er in mein Buch sieht. Ich kann von einem einzigen Monat nachweisen, daß ich einunddreißig Hemden durch sauberes Schreiben beschmutzte, und daß ich trotzdem für das, was ich in diesem einen Monat geschrieben, mehr geschmäht, verwünscht, kritisirt und verdammt wurde, und daß mehr mystische Köpfe deshalb geschüttelt wurden, als in allen andern Monaten dieses Jahrs zusammen.
    Aber der geehrte Leser hat die Rechnungen nicht gesehen, die ich darüber bekommen.

293. Kapitel.
    Da ich niemals die Absicht hatte, die Abschweifung, für die ich all diese Vorbereitungen getroffen habe, früher zu beginnen, als bis ich zum 294. Kapitel komme, – so kann ich dieses Kapitel benützen wie ich für gut finde. – Ich habe in diesem Augenblick zwanzig Stoffe dafür. – Ich könnte mein Kapitel über die Knopflöcher schreiben, –
    Oder mein Kapitel über die Pfui's, das darauf folgen sollte – Oder mein Kapitel über Knoten; falls aber der geneigte Leser nichts mehr damit zu schaffen haben will, – könnten sie mich zu Mißliebigkeiten führen. Das Sicherste ist, ich mache es wie die gelehrten Herren und erhebe Einwürfe gegen das was ich geschrieben habe, obschon ich zum Voraus erklären muß, daß ich so wenig etwas darauf zu erwidern vermöchte wie mein Absatz.
    Und zuerst kann man sagen, in meinen Sachen liege eine erbärmliche Art Thersitischer Satyre, so schwarz wie die Tinte, in der sie geschrieben worden, – (und wer dies behauptet, der möge sich bei dem Obermusterherrn der griechischen Armee bedanken, daß er den Namen eines so abscheulichen und ungesitteten Mannes wie Thersites in der Armeeliste duldete, – denn dieser Name zog ihm ein Beiwort zu). – Bei diesen Erzeugnissen wird er behaupten, thun alle persönlichen Waschungen und Abreibungen auf Erden dem sinkenden Genius in keiner Weise gut – sondern gerade das Gegentheil, denn je schmutziger der Bursch, desto mehr Erfolg hat er im Allgemeinen.
    Hierauf habe ich keine andere Antwort, – wenigstens

Weitere Kostenlose Bücher