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Lebensabende & Blutbaeder

Lebensabende & Blutbaeder

Titel: Lebensabende & Blutbaeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Rebhandl
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Prolog
    Einmal, kruzifix, einmal nur, dass auch ihm etwas gelingen könnte und er nicht immer nur Spott und Hohn ausgesetzt wäre. Einmal nur, dass das gleißende Rampenlicht auf ihn fallen täte und er sich ein Stück vom unvergänglichen Ruhm abschneiden könnte. Einmal nur, dass auch er zehn, fünfzehn Minuten ein ausgewachsener Star sein könnte, Himmelherrgottnocheinmal, einmal nur, das tät ihm so gut!
    Oder einmal wenigstens, dass er doch noch einen Fall ruckzuck und ohne gröberen Ansehensverlust lösen könnte, bevor er endgültig in den Lebensabend hinüber gleitet: Hinfahren zum Tatort mit der Fips. Hinschauen, wer im Blutbad liegt. Schlüsse ziehen (die richtigen!). Im Hirn kombinieren, wer der Täter sein könnte. Den Verdächtigen unter Druck setzen, sodass der aus seinem Lügengebäude heraus kriechen muss, bevor es über ihm zusammenbricht und ihn unter sich begräbt. Die anschließende Verhaftung natürlich im Blitzlichtgewitter, wo denn sonst. Vielleicht, dass die Schwarzhaarige von der „Zeit im Bild 1“ persönlich am Tatort vorbeischauen könnte, die taugt ihm nämlich schon gewaltig. In ihrem Beisein das Tätergfrast dingfest machen und von oben bis unten fest verschnüren. Aus Gründen der Pädagogik vielleicht ein zwei Gnackwatschen, so viel Spaß muss sein. Abschließend die feierliche Übergabe vom Verbrecher an das Landesgericht (im Blitzlichtgewitter!). Später als Belohnung die Ordensverleihung beim Klestil in der Hofburg, das Große Verdienstkreuz am Band bitte, danke. Dazu ein Bussi von der Gattin, küss die Hand, die ist auch sehr rassig. So schaut ein großer Augenblick aus, genau so.
    Einmal nur, dass alles genau so hinhauen könnte wie er es damals in der Gendarmerieschule oben in Linz gelernt hat! Einmal nur, dass ein Fall ihm nicht von vorne bis hinten entgleitet und zum Festival der Peinlichkeiten ausartet! Einmal nur, dass er den richtigen Täter fassen könnte! Und einmal nur, dass er deswegen im Jahrbuch vom „Der Kriminalist“ lobend erwähnt werden könnte, samt einem Foto von ihm mit der schwarzhaarigen Reporterin, plus ein ausführliches Interview:
    Geh sag, Biermösel, wie hast du es denn angestellt, dass du die zwei gefährlichen und den ganzen Ort terrorisierenden Rotzbuben letztendlich unschädlich gemacht hast?
    Ganz ehrlich, Biermösel, hast du sofort gewusst, dass es sich bei den zwei Handtascherlräubern um zwei Rotzbuben handelt?
    Jetzt einmal für das Lehrbuch, Biermösel: Nimmst du wirklich nie ein Protokoll auf, überhaupt nie?
    Unter strengster Amtsverschwiegenheit, Biermösel: Was war denn eigentlich drinnen in den zwei Handtascherln, welche die zwei mutmaßlichen Rotzbuben dem deutschen Sextouristenpärchen gestohlen haben?
    Und jetzt unter uns, Biermösel! Sind sie wirklich schon über siebzig, die zwei deutschen Sexmaschinen, wie du sie mutmaßlich
    – Nicht mutmaßlich! Keinesfalls mutmaßlich! –
    Na gut, wie du sie halt nennen musst.
    Kruzifix, Biermösel, sag! Wie war es genau?

Sinnieren
    Wenn er das wüsste!
    Das hätte sich der Biermösel auch nicht träumen lassen, dass sein Lebensabend wie ein hinterrücks abgefeuerter Komantschenpfeil auf ihn zuschießen würde, blitzschnell und ohne Vorwarnung. Kaum dass er die Gendarmerieschule oben in Linz mit katastrophalem Erfolg verlassen hat und auf dem Posten herüben in Aussee in den Staatsdienst eingetreten ist, hat er auch schon wieder Anspruch auf die Frühpension, fünfunddreißig Jahre vergehen heute wie nichts.
    Jetzt steht er beim Fenster auf seinem Gendarmerieposten und schaut deppert auf den See hinaus, über dem schon wieder das Sauwetter herinnen hängt. Er schaut deppert, wie er die letzten Jahre immer wieder und mit der Zeit immer länger geschaut hat. Am Anfang immer nur ein, zwei Minuten am Tag, weil wenn die Gendarmerie jung ist, dann jagt sie das Bundesverdienstkreuz am Band und sucht das Feuergefecht im Außendienst. Aber mit der Zeit ist er immer länger beim Fenster stehen geblieben und hat immer depperter auf den See hinaus geschaut, wie sich die Feuergefechte nie eingestellt haben und das Bundesverdienstkreuz am Band letztendlich im Samtkissen hat liegen bleiben müssen. Und seit ein paar Jahren schließlich meidet er den Außendienst überhaupt, weil er es sich unten herum komplett vertan hat, das depperte Sauwetter dauernd, das depperte!
    Wie er jetzt so auf den See hinaus schaut, da denkt sich der Biermösel, dass es das auch noch nie gegeben hat, dass in dieser Gegend

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