Lebensbilder I (German Edition)
mehr im Herzen als in seinen Werken Verehrer dieser infolge der Geschmacksveränderung des Publikums überlebten Richtung. Aber was zu ihren Gunsten ausschlagen konnte, tat und sagte er redlich. Er wußte genau, daß die jämmerliche Modeliteratur der Clauren und Raupach, der Schaden und Wachsmann sowie all der seichten Almanachnovellisten dem echten romantischen Geiste am meisten Abbruch getan hatte. Und so war er unermüdlich in der Bekämpfung ihrer trostlos trivialen, den ödesten Publikumsinstinkten entgegenkommenden Plattitüden. Wie er Raupach angriff (in dem Aufsatze des »Freimütigen« 1834, Nr. 175–178, »Raupach von innen. Eine Epistel an die Provinzialdichter«; vorangegangen war ein lobender Essay von Alexis »Raupach von außen«, ib. Nr. 173–174) oder Wachsmann namentlich wegen dessen hämischer Angriffe auf Börne abfertigte (»Glosse über sechs Novellen«, »Gesellschafter« 1834, Nr. 165–166) [Fußnote: Von Michael Holzmann in seinem Börnebuche, Seite 270, aber unter falschem Titel herangezogen. ] und die ganze Almanachnovellistik wirklich fein verspottete, das gehört zu den anregendsten und ehrlichsten kritischen Kundgebungen Schiffs. Daraus sprach jemand, der in einer wenig gesinnungstüchtigen Zeit den Mut hatte, unparteiisch über literarische Gerechte und Sünder zu urteilen. Ein unerschrockener Wahrheitsfanatismus und gefestete, unerschütterliche Grundsätze sind aus diesen anklagenden Aufsätzen immer erkennbar. Es ehrt Schiff, daß er es sogar wagte, in der Zeitschrift, deren Redakteur Alexis war, gegen diesen in der Auseinandersetzung mit Raupach aufzutreten. Wie er sich auch sonst, trotz seiner materiellen Abhängigkeit vom »Freimütigen«, nicht scheute, gegen Alexis anzukämpfen.
Als dieser in dem 1833 bei Brockhaus erschienenen Buche » Wiener Bilder « sein royalistisches politisches Glaubensbekenntnis veröffentlichte (Seite 425–453), worin er den Begriff der Volkssouveränität für eine Chimäre erklärte, für den Geburtsadel und die Legitimität eintrat und von einem »Völkerfrühling« nichts hören wollte, trat ihm Schiff in einem Aufsatze des »Gesellschafters« (1833, Nr. 179, 181) »Auch mein politisches Glaubensbekenntnis. Von einem dummen Teufel« [Fußnote: So unterfertigte sich schon Lyser in Aufsätzen, die er in Hamburg publizierte, gern. ] aufs schroffste entgegen. Furcht scheint er überhaupt nicht gekannt zu haben; denn sogar mit Wolfgang Menzel rechnete er zweimal in den schärfsten Ausdrücken ab. Dem konnte er seinen Goethehaß nicht verzeihen; er warf ihm literarische Unzurechnungsfähigkeit vor (»Gesellschafter« 1834, Nr. 42–44) und trat in dem Aufsatze »Goethes literarisches Porträt« ( ib. Nr. 139) voll Begeisterung für den von Menzel, Müllner und Pustkuchen Befehdeten ein, die er mit loderndem Ingrimm angriff. Auch Heine verschonte er nicht; seine Selbstbespiegelung in »Adler und Lorbeerbaum«, die auch Johann Peter Lysers Mißfallen erregt hatte [Fußnote: Vgl. mein Lyserbuch, Seite 72. ] , forderte den ersten seiner Ausfälle gegen Heine heraus, die er später heftigst fortsetzte, freilich zu seinem argen Schaden. –
Aus den theoretischen Ausführungen Schiffs wird seine literarische Stellung viel klarer ersichtlich als aus seinen eigenen dichterischen Arbeiten in dieser Zeit. Hier fließt alles; Romantik, Realismus, falsche Sentimentalität, wie sie sich in den flachsten Almanachnovellen austobte, Deutschtümelei und Franzosenfreundlichkeit – alles ist anzutreffen. Ein zutreffendes Bild der dichterischen Persönlichkeit Schiffs während seines ganzen Lebens ergibt sich nur, wenn man ihm chronologisch durch das Auf und Ab und Kreuz und Quer seiner literarischen Sprünge folgt. Um sein Schaffen zu beschreiben, ist nur der eine Weg gangbar, seine Jahr um Jahr entstandenen Schriften zu betrachten, die Widersprüche, die zwischen einer und der anderen liegen, aufzuzeigen und nicht etwa die zusammenzustellen, die inhaltlich zusammengehören. Schiffs Denken und Dichten war eben immer krummlinig, und deshalb muß man diesem Dichten wohl auch auf all seinen Zickzackläufen nachgehen, um die richtigen Vorstellungen davon zu erwecken. Gleich diese Berliner Zeit zwingt zu dieser chronologischen Betrachtungsweise. Schiff überarbeitete aus den »Contes de l'Atelier« von Michel Raymond , einer Kompagniefirma von vier literarischen Teilhabern, die nur allzu gerne gesellschaftliche Sümpfe aufdeckte und für Verbrechen und Hinrichtungen
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