Leerer Kuehlschrank volle Windeln
schwarz. Da habe ich mich wohl zu früh gefreut. Mein PC hat sich wieder verabschiedet, und nun sitze ich da und sehe die Hände vor Augen nicht. Déjà-vu!
21 Uhr. Weil ich morgen früh raus muss, stelle ich vorsichtshalber den Wecker in meinem Handy. Eine Weckfunktion hat es zum Glück schon. Wäre blöd, wenn der Spaß hier länger dauert und mein Radiowecker deshalb nicht funktioniert. Ich komme ungern zu spät.
21.15 Uhr. Es klopft an der Wohnungstür. Es ist mein Nachbar Harald.
»Hast du auch keinen Strom?«, fragt er.
Ich überlege kurz, ob diese Frage ernst gemeint ist, und entgegne: »Warte kurz, ich muss überlegen … Doch, doch! Soll ich dir ein paar Kilowatt borgen?«
»Uns ist total langweilig, wir wollten eigentlich Günther Jauch gucken. Geht ja nun nicht. Willst du auf ein Glas Wein mit rüberkommen?«
Wieso eigentlich nicht? Ich kann heute wahrscheinlich eh nichts mehr machen und trotte meinem Nachbarn hinterher in seine Wohnung, wo seine Frau schon auf uns wartet. Die beiden haben sich ihre Eigentumswohnung ziemlich teuer eingerichtet. Da hätte sich mein Vermieter eine Scheibe abschneiden können. Allerdings finde ich das hier fast schon übertrieben. Sie haben ihr kleines Reich vollelektronisch und mit dem neuesten Technik-Schnick-Schnack ausstatten lassen.
Im Schlafzimmer klatschen sie in die Hände, um das Licht an- oder auszuschalten, in die Kühlschranktür ist ein Fernseher integriert, der auf seinem Bildschirm anzeigt, was im Kühlschrank noch drin ist. Im Flur hängt ein kleiner Mini-Computer, der für jeden Raum anzeigt, wie warm oder kalt es dort ist und ob die Fenster geöffnet oder geschlossen sind. Die Jalousien öffnen und schließen sich selbstständig zur vorprogrammierten Zeit. Nur heute schließt da nichts. Ohne Strom verweigern auch die besten Innovationen ihren Dienst.
Meine Nachbarn haben keine Kerzen aufgestellt, sondern helfen sich mit Taschenlampen über die energielose Zeit. Im Wohnzimmer stehen insgesamt vier Taschenlampen, die ihren Lichtstrahl zur Decke hin schicken. Romantisch. Mir wird ein Glas Wein eingeschenkt, wir quatschen über Gott und die Welt – wobei die Welt den weitaus größeren Anteil am Gespräch hat, denn von Gott gibt es ja keine Neuigkeiten. Und es wird und wird einfach nichts mit der Stromwiederherstellung. Was da wohl schiefgegangen sein mag …
21.55 Uhr. Wir werfen uns ein paar Decken über und gehen zu dritt auf die riesige Dachterrasse, um von oben einen Blick zu werfen – auf die Straße, auf die gegenüberliegenden Wohnungen, auf die ganze stromlose Gesamtsituation. Auch »drüben« ist tote Hose. Alles dunkel. Die einzigen Lichter, die man von hier oben sehen kann, stammen von vorbeifahrenden Autos.
»Da drüben in der 17 wohnt übrigens ne heiße Schnecke. Die arbeitet bei mir in der Firma in der Buchhaltung und ist zurzeit solo. Du doch auch, oder? Also wenn du auf der Suche bist, kann ich ja mal was vermitteln«, flüstert Harald.
»Klingt verlockend. Aber ich mag keine Schnecken«, lehne ich dankend ab.
Auf einmal geht im gegenüberliegenden Haus Licht an. Es blinkt und blitzt völlig durcheinander, die Stadt fängt wieder zu leben an. Hinter uns ertönt plötzlich aus dem Fernseher laut die Titelmelodie der Tagesthemen. Klappt doch. Anerkennend blicken wir uns an und stoßen auf den wiedergekehrten Strom an. Vor Freude merken wir nicht, dass die Stimme des Nachrichtensprechers immer leiser wird, bis sie nur noch schwach und dumpf zu hören ist.
Ich bin der Erste, der es bemerkt und drehe mich um. Was ich da sehe, verdirbt mir mit einem Mal die Freude.
»Ähem … Leute, ich will ja nicht die Stimmung versauen. Aber der Strom ist wieder da. Und blöderweise haben auch eure Elektro-Jalousien wieder Saft.«
Die beiden drehen sich um, mein Nachbar schreit kurz und laut: »Scheiße!«
Das sind in dem Moment auch meine Gedanken. Wir sind ausgesperrt auf einer Dachterrasse. Warum müssen die auch so einen modernen Kram in ihrer Wohnung haben? Und warum sind die Motoren so wahnsinnig leise?
Ich frage meinen Nachbarn, wie er seinen Jalousien-Timer programmiert hat, und kippe fast aus den Latschen, als er mir sagt, dass die Dinger erst morgen früh um sieben wieder hochgehen. Herzlichen Glückwunsch!
Wir versuchen, die Jalousien per Hand hochzuschieben. Es funktioniert nicht.
»Habt ihr euch denn nicht zeigen lassen, wie man sich im Notfall helfen kann?«, frage ich verzweifelt.
»Nee, Harald war nicht da, und ich habe nicht
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