Leerer Kuehlschrank volle Windeln
nicht jeder Einzeller auf meine privaten Daten zugreifen kann. Nur Freunde sollen auf mein Profil und meine Pinnwand gucken können, der Rest wird ausgeschlossen. Apropos Freunde: Die muss ich erst mal suchen. Während ich einen Freund nach dem anderen, Familienmitglieder und meine sympathischsten Kollegen hinzufüge, lege ich für mich fest, nur »echte« Freunde zu haben, die ich erstens aus dem realen Leben kenne und zweitens auch gut leiden kann. Es gibt Leute, die tausend, zweitausend oder fünftausend »Freunde« bei Facebook haben. Aber ob sie die auch erkennen würden, wenn sie ihnen auf der Straße begegnen?
In den ersten Tagen als Gesichtsbüchler bin ich ziemlich ernüchtert. Das soll es sein? Die meisten Statusmeldungen sind nicht spannender als der berühmte Sack Reis in China, der mal eben umgepurzelt ist:
Endlich Wochenende! Check!
Suche dringend ein iPhone-Ladekabel. Hat jemand eins über?
Juhu, endlich 3D-Brillen. Jetzt wird der Abend mit Schatzi schön.
Bin so müde, muss aber gleich arbeiten. Gähn …
Schon wieder Scheißwetter!
Moin moin, Welt!
Einige eifrige Nutzer posten ihren kompletten Tagesablauf in fünf bis zehn Statusmeldungen, oft dabei auch Fotos der Mahlzeiten, die sie gleich verspeisen werden – selbst zubereitet oder im Restaurant bestellt. Nicht selten zieren verschwommene Bilder von angebissenen McDonald’s-Hamburgern, Thüringer Rostbratwürsten, abgenagten Feiertagsenten oder verschmähten Autobahnraststättenköstlichkeiten die Pinnwände. Sogar ein Foto unseres gemeinsamen Freunde-Frühstücks springt mir entgegen. Dabei sieht man nicht nur, was auf dem Tisch steht, sondern auch mich, wie ich mit weitaufgerissenem Mund in ein vollbepacktes Rührei-Brötchen beiße. Jetzt weiß ich, was ich vermisst habe. Fotos, die die Welt nicht braucht.
Beliebte Motive sind Baby- und Kinderfotos von Eltern, die auf der Jagd nach Klicks auf den »Gefällt-mir-Button« sind. Manchmal, wenn ich Facebook öffne, habe ich den Eindruck, das Jahrbuch eines Kindergartens aufzuschlagen. Einige Eltern haben augenscheinlich kein eigenes Leben mehr, sondern profilieren sich über die Abenteuer und Erlebnisse ihres Nachwuchses. Nach wochenlangem Dauerbeschuss weiß ich schon gar nicht mehr, was ich kommentieren soll, weil sich irgendwie und irgendwann alles gleicht und wiederholt. Hin und wieder drücke ich auf das bekannte blau-weiße Knöpfchen, um den jungen Eltern zu bestätigen: »Ja, ihr habt den süßesten Wurm der Welt!«
Was ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, sind Statusmeldungen und Fotos von Freunden, die sich im Urlaub befinden oder auf dem Weg dorthin.
Flughafen Leipzig. Gleich geht es los.
Yeah. Zwei Wochen Karibik. Viel Spaß mit dem Regen in Deutschland!
Endlich Urlaub. Ausspannen, am Pool liegen, Sekt schlürfen …
Wellness pur – zwei Wochen lang. Das hab ich mir verdient.
Auf den ersten Blick völlig harmlose Infos, und als guter Freund freut man sich natürlich für seine Kumpels, die den langersehnten Urlaub genießen können. Aber als richtig guter Freund sollte man besser davor warnen, so etwas zu veröffentlichen. Letztendlich kommt es auf die Übersetzungen an. Potenzielle Interessenten könnten die Meldungen als Einladungen interpretieren:
Yo. Zwei Wochen weg. Die Wohnung steht euch offen. Viel Spaß!
Erst mal keiner da. Wenn ihr Lust habt, bedient euch einfach!
Wie ihr auf dem Foto seht, bin ich gerade in Florida. Und wenn ich da bin, kann ich ja nicht zu Hause sein. Viel Erfolg beim Einbrechen!
Einmal habe ich ein Ferienfoto kommentiert: Du bist im Urlaub? Ich dachte, du ziehst um! Vor deinem Haus steht ein Möbeltransporter und drei Leute verladen gerade dein Wohnzimmer!
Keine zehn Minuten erreichte mich eine E-Mail des Urlaubers: Mensch, Mario! Du hast mir einen Riesen-Schreck eingejagt. Ich habe gleich meine Schwester angerufen und gesagt, sie soll mal nachsehen. Du bist zwar ein Blödmann, dennoch danke. Das Foto habe ich gelöscht. Ich bin nämlich auch ein Blödmann.
Und manchmal wird mein Informationsbedarf auch etwas zu viel bedient.
Freund A : Hey, Freund B, hast du schon die Plätze für Freitag reserviert?
Freund B : Ja, alles in Sack und Tüten. Das wird sensationell.
Freund A : Ich würde gern noch meine neue Flamme mitbringen. Geht das?
Freund B : Klar, kein Problem. Ich rufe noch mal an. Hat es mit dem Geschenk geklappt, wie wir es besprochen haben?
Freund A : Alles besorgt. Mario wird in die Luft springen vor Freude.
Freund
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