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Leerer Kuehlschrank volle Windeln

Leerer Kuehlschrank volle Windeln

Titel: Leerer Kuehlschrank volle Windeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario D Richardt
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aufgepasst«, erwidert meine Nachbarin.
    »Das sind gute Voraussetzungen! Ich habe mein Handy nicht dabei, sonst hätten wir einen Schlüsseldienst rufen können, der hätte die Tür aufmacht und dann die Jalousien per Knopfdruck geöffnet. Aber das Leben ist wie so oft kein Konjunktiv.«
    Was folgt, ist die längste Nacht meines Lebens. Zum Glück sind es aushaltbare elf Grad, und wir haben die Decken mit rausgenommen. Wir machen es uns auf den Terrassenmöbeln gemütlich, reden, fluchen und schlafen irgendwann und vor allem irgendwie ein.
    6 Uhr. Rush Hour in Leipzig. Der Verkehrslärm lässt mich und meine Terrassen-Übernachtungs-Partner aufwachen. Wir sind immer noch ausgesperrt. War ja klar.
    7 Uhr. Pünktlich auf die Minute fahren die Jalousien nach oben. Der Fernseher läuft, das Licht im Wohnzimmer ist an, nur die Taschenlampen haben ihren Geist aufgegeben.
    Als ich in meine Wohnung komme, höre ich ein immer wiederkehrendes DRIIIIIIIIIIIING aus dem Plastik-Lautsprecher meines Handys. Das muss sich seit sechs Uhr ständig wiederholt haben. Hört sich an wie die Titelmusik von Biene Maja, allerdings bricht es ab und startet von vorn, noch bevor Karel Gott zu trällern beginnen könnte: »In einem unbekannten Land, vor gar nicht allzu langer Zeit …«
    Wie in einem unbekannten Land fühle ich mich. Ich rufe an, dass ich zu spät zur Arbeit komme, und will mich unter die heiße Dusche stellen. Doch aus der Brause über meinem Kopf kommt … nichts!
    Dann fällt mir ein, dass die Wasserwerke heute für ein paar Stunden das Wasser abstellen wollten. Immer wenn man denkt, es kann nicht mehr schlimmer werden, wird man eines Besseren belehrt.

DAS STREBEN DER ANDEREN
    Ich treffe zwei Freunde, die ich seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen habe, in einem Leipziger Frühstückscafé. Endlich finden wir mal wieder Zeit füreinander. Wir arbeiten alle in der Medienbranche – mit völlig unterschiedlichen Arbeitszeiten, so dass unsere Treffen viel zu selten stattfinden können. Aber nun nutzen wir die Zeit, uns mal wieder auszutauschen.
    Das »Austauschen« findet allerdings in einer anderen Art und Weise statt, als ich es mir vorgestellt habe. Wir sind uns ein gutes halbes Jahr nicht mehr über den Weg gelaufen. Inzwischen haben sich die beiden offensichtlich von der Apple-Lepsie anstecken lassen. Sprich: Auch sie sind nun stolze Besitzer und darüber hinaus eifrige Nutzer eines iPhones. Jeder Zweite, den ich kenne, hat so ein Smartphone des Apfel-Konzerns. Und wenn ich mal ganz ehrlich bin, das geht mir ziemlich auf die Nerven.
    Ich kann sowieso nicht verstehen, warum so viele Menschen auf das gleiche Telefon abfahren. Vielleicht steckt eine Verschwörung dahinter? Oder schlimmer: Sie wurden assimiliert – nicht von den Borg, wie in Star Trek, sondern von Apple. Vermutlich sind die Viren, mit denen man Apple-Leptiker wird, in Äpfeln versteckt. Glücklicherweise esse ich kein Obst. Anders kann ich mir jedenfalls nicht erklären, warum die halbe Welt ein Telefon mit so vielen technischen Defiziten haben will. Man kann ja nicht mal allein den Akku wechseln, wenn er langsam, aber sicher an Kapazität verliert. Nein, dazu muss man das ganze Telefon einschicken und für eine Stange Geld von Spezialisten den eingeklebten (!!!) Akku tauschen lassen. Verrückt, oder?
    Ebenfalls verrückt finde ich viele der sogenannten Apps. Es gibt für alles und jeden eine App. Die meisten davon sind so sinnvoll wie eine Nagelschere für Krokodile. Ich bin vor ein paar Tagen mit einem Kollegen mitgefahren. Das heißt, er und ich saßen auf der Rückbank eines Autos, das uns in eineinhalb Stunden von Leipzig nach Magdeburg brachte. Diese Zeit nutzte er ausgiebig, um mich mit seinem iPhone zu nerven. Neunzig Minuten lang hielt er mir das Teil unter die Nase und erklärte ausführlich, wie toll und super seine neuesten Apps seien. So zeigte er mir allen Ernstes eine digitale Wasserwaage. Als ob man sein Telefon tatsächlich als geeichtes Werkzeug einsetzen würde …
    Als nächstes schwärmte er von einem Kompass, der sich in der Tat mitdrehte, als er mit seinem Smartphone wie wild durch die Luft fuchtelte. Die Frage ist, wie oft er den Kompass einsetzt – und die Antwort darauf ist er mir bis heute schuldig. Voller Stolz präsentierte er dann eine weitere Sinnfrei-App. Dazu hielt er sein Handy in Richtung Himmel. Dort flog ein Flugzeug, er peilte es an und auf seinem Display erschienen die Flugnummer und das Reiseziel. Wozu das gut sein

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