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Leg los alter Sack

Leg los alter Sack

Titel: Leg los alter Sack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz
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Außerdem werden dort jede Menge Herbizide eingesetzt. Geht alles gar nicht.«
    »Okay, dann sägen wir uns illegal einen im Wald ab«, sagte ich.
    Ein tadelnder Blick.
    »Indiskutabel, wir holen einen mit Ballen.«
    »Wie Ballen?«
    »Mit Wurzelballen«, präzisierte er. »Der Baum wird dann nach dem
    Abfeiern wieder eingepflanzt.«
    Und so kam es.
    In einer Ökobaumschule kauften wir einen Baum mit Ballen. Eine »Omorika«, eine stattliche, serbische Fichte in einem großen, schweren Topf. Man instruierte uns streng. Die Fichte müsse sich allmählich an den Wechsel zwischen kalter und warmer Zimmerluft gewöhnen.
    »Lagern Sie sie einen Tag in der Garage, bevor sie im Zimmer aufgestellt wird«, sagte der bärtige Baumpädagoge. »Gießen Sie den Baum täglich, und pflanzen Sie ihn nach etwa einer Woche wieder nach draußen. Achten Sie darauf, dass sich die Ballenerde nicht von den Wurzeln löst. Sie sind verdammt empfindlich.«
    Verschreckt fuhren wir mit der Omorika nach Hause.

    Ich wollte doch nur einen Tannenbaum kaufen und nicht gleich Forstwirtschaft studieren.
    Folgsam ließen wir den Ballenbaum einen Tag in der Garage stehen und wuchteten ihn dann mit aller gebotenen Vorsicht ins Wohnzimmer. Dort stand die Serbin dann mächtig und drohend. »Wie das Ding aus der Einkaufspassage«, murmelte der Große nachdenklich. Dem Jüngsten war auch das scheißegal. Die Tage vergingen. Wir wässerten. Wir besprenkelten. Wir feierten schließlich, und im Januar gaben wir die Fichte der Erde zurück. Dazu huben wir ein Loch von der Größe eines mittleren Gartenteichs aus, und die Jungs schleppten die Serbin ächzend auf einer Sackkarre herbei. Es fiel beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre kaum Ballenerde herab. Puh! Mission accomplished. Zumindest bis zum Ausbuddeln im Folgejahr. Doch dann las der Große im Internet, dass Bäume mit Ballen das dauernde Ein- und Auspflanzen selten überleben. Nicht mit uns und der Serbin! Und so beschlossen wir einfach, uns jedes Jahr einen neuen Ballenbaum zu kaufen und wieder einzupflanzen. Das taten wir auch, und so werden wir es auch in Zukunft machen. Jahr um Jahr.
    Und wenn dann in einigen Jahrzehnten die Kinder meiner Kinder auf unserem Grund durch einen dichten serbischen Fichtenwald streichen, in dem es Wölfe und Bären gibt, dann wird mein Großer als Opa an seinem Bart zupfen, seinen Blick über den gewaltigen Forst streichen lassen und murmeln: »War echt ’ne Scheißidee damals.«

Method Acting zum Fest
    ALS ICH EINMAL EIN WEIHNACHTSMANN WAR
    Meine Söhne sind ja schon groß. Ich liebe sie sehr, aber sie verweigern neuerdings das von mir so geschätzte Herumalbern: Kissenschlachten, Durchkitzeln, Gruselgeschichten unter der Decke erzählen, überfallartiges Erschrecken etc. Okay, sie sind 19 und 17. Ich bin diesbezüglich seit einiger Zeit unterbeschäftigt. Also bespaße ich ständig die jüngeren Kinder unserer Freunde. Kein Wunder also, dass ich letztes Jahr gebeten wurde, bei einer Familie am Heiligen Abend den Weihnachtsmann zu geben.
    Sie sollten das auch mal tun, aber Vorsicht; man kann da eine Menge falsch machen. So wie ich.
    Ich zog also einen roten Mantel an, setzte eine Kapuze auf und klebte mir einen Bart an. Dann sprang ich ins Wohnzimmer der befreundeten Familie und rief: »Ho, ho, ho!« Die kleine Verena blickte auf und fragte: »Warum hat denn Onkel Kester so eine doofe Kapuze auf?« Ich sagte wieder: »Ho, ho, ho«, und verließ rückwärts gehend das Zimmer, nicht ohne mit dem Gabensack noch einen Kerzenständer vom Beistelltisch zu fegen. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass der fusselnde Bart lungengängige Mineralfasern enthielt, sollte mir deshalb wochenlang Sorgen machen. Und dann sagte Verenas Mutter im Flur auch noch: »Na, du bist mir ja vielleicht ein Weihnachtsmann.«

    Es lief noch nie gut mit mir und Santa Claus. Schon damals nicht, als unsere eigenen Kinder noch klein waren. Wir kamen erst einmal ganz gut ohne den bärtigen, rotmäntligen Herrn aus. Die ersten beiden Jahre reichte es, die Geschenke einfach unter den Baum zu legen. Die wurden dann ausgepackt und begeistert vollgespeichelt. Und als die Jungs dann älter wurden, beschlossen meine Frau und ich, dass wir auch weiterhin nichts von einem Weihnachtsmann erzählen wollten.
    Denn warum sollten wir das gemeinsame Beschenken und das Gedenken an die Geburt des Herrn mit einer Lüge beschmutzen?
    Dann aber kamen die Jungs in den Kindergarten. Und dort erzählten ihnen die anderen

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