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Legende von Eli Monpress 02 - Herr des Windes

Legende von Eli Monpress 02 - Herr des Windes

Titel: Legende von Eli Monpress 02 - Herr des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Aaron
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der Stadt fast einhundertfünfzig Kilometer weit aus jeder Richtung sehen. Einer überragte sie alle, selbst die berühmten sieben Wehranlagen der Weißfall-Zitadelle, die Heimat der Händlerprinzen von Zarin und der revolutionären Gesellschaft, die sie gegründet hatten. Der Turm des Geisterhofes stach vom hohen Felsenkamm ab, der Zarins Rückgrat bildete, und erhob sich ohne Fugen oder Mörtel gerade und weiß scheinbar bis in den fahlen Himmel. Hohe Fenster zogen sich in einer glatten, aufsteigenden Spirale über den Turm, und an jeder Öffnung hing ein flatterndes Banner: rote Seide, auf der sich ein perfekter, goldener Kreis abhob – das Symbol des Geisterhofes. Niemand, nicht einmal die Spiritisten selbst, wusste, wie dieser Turm geschaffen worden war. Die verbreitetste Geschichte lautete, dass die Formmagier – diese mysteriöse und unabhängige Gilde von Magiern, die für die erweckten Schwerter verantwortlich waren und für die Juwelen, in denen alle Spiritisten ihre Geister unterbrachten – ihn an einem einzigen Tag als Bezahlung einer unbekannten Schuld aus dem Stein hatten aufsteigen lassen. Angeblich war der Turm selbst ein einziger Geist, doch nur der Rektor Spiritualis, der die mächtige Bramante des Turms hielt, wusste es sicher.
    Im Fuße des Turmes befanden sich vier Tore. Das größte von ihnen, das östliche Tor, öffnete sich zum Rest der Stadt hin. Fünf Meter hoch und fast so breit wie die von Lorbeer gesäumte Straße, die darauf zuführte, strahlte es in einem glänzenden Rot. Breite Marmorstufen breiteten sich in einem Halbkreis um das Tor aus, und genau diese Stufen hatte sich Spiritist Krigel, der mit einer schweren Aufgabe betraute Assistent des Rektor Spiritualis, ausgesucht, um sich der Herausforderung zu stellen.
    »Nein. Hier.« Er schnippte mit den Fingern. Sein hartes Gesicht zeigte eine noch mürrischere Miene als gewöhnlich. »Stellt euch dorthin.«
    Die Menge der Spiritisten gehorchte und bewegte sich in einer Welle aus steifer roter Seide an die Stelle, auf die er gezeigt hatte. Sie sind alle zu jung, dachte Krigel und zog eine Grimasse. Viel zu jung. Sie mochten ja einer wie der andere vereidigte Spiritisten sein, aber kein Einziger hatte das Ende seiner Ausbildung länger als fünf Monate hinter sich. Nur einer von ihnen hatte mehr als einen gebundenen Geist unter seinem Befehl, und sie alle wirkten zu nervös, um den Geistern, die sie besaßen, klare Befehle zu erteilen. In der Tat, man hatte ihm eine unmögliche Aufgabe übertragen. Er konnte nur hoffen, dass das Mädchen nicht beschloss, sich zu wehren.
    »In Ordnung«, sagte er leise, als die Menge ihren Platz eingenommen hatte. »Wie viele von euch haben Feuergeister? Lagerfeuer, Fackeln, Kerzen, Buschfeuer, irgendetwas Brennendes?«
    Ein halbes Dutzend Hände erhoben sich in die Luft.
    »Setzt sie nicht ein«, blaffte Krigel und hob seine Stimme, damit ihn alle hören konnten. »Ich will nichts sehen, was ertränkt werden kann. Das bedeutet auch, keinen Sand, keine Elektrizität – nicht dass einer von euch schon fähig wäre, einen Blitz zu fangen – und besonders kein Feuer. Jetzt heben bitte diejenigen die Hand, die Steingeister, Erdgeister oder irgendetwas anderes haben, was dem Boden entspringt.«
    Wieder gingen ein halbes Dutzend Hände in die Höhe. Krigel nickte. »Ihr haltet euch bereit, von jetzt an gleich aktiv zu werden. Wenn ihr Hund versucht, etwas zu unternehmen, ganz gleich was, will ich, dass ihr ihn aufhaltet.«
    »Aber Sir«, sagte ein schlaksiger Junge in der ersten Reihe. »Was ist mit der Straße?«
    »Kümmert euch nicht um die Straße«, sagte Krigel mit einem Kopfschütteln. »Reißt sie auf, wenn es nötig ist. Ich will, dass dieser Hund ausgeschaltet wird, sonst fangen wir sie nie, falls sie beschließt zu fliehen. Ja«, sagte er und nickte in Richtung einer Hand, die sich weiter hinten erhoben hatte. »Großes Mädchen?«
    Das Mädchen, das eigentlich gar nicht so groß war, wurde rot wie ihre Robe, stellte aber trotzdem mit ruhiger Stimme ihre Frage. »Meister Krigel, sind die Anschuldigungen gegen sie wahr?«
    »Das geht dich nichts an«, sagte Krigel barsch und warf dem armen Mädchen einen so bösen Blick zu, dass es unwillkürlich einen Schritt zurückwich. »Darüber hat der Hof zu entscheiden. Unsere Aufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, dass sie vor den Hof tritt. Sonst nichts. Ja, du, sommersprossiger Junge?«
    Der Junge in der ersten Reihe senkte verlegen die Hand.

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