Auf eiskalter Fährte. Abrechnung im Yukon (German Edition)
Ein stürmischer Wind bläst Clay Morgan um die Ohren. Er flucht leise vor sich hin und zieht den Kragen seines schwarzen Reitermantels hoch. Obwohl er einen breitkrempigen Hut aufhat, peitscht ihm der Wind den Regen ins Gesicht. Ausgerechnet jetzt, auf dem Heimweg, muss ihn so ein Sauwetter überraschen, denkt er. Doch jetzt im Spätherbst ist das in Montana keine Seltenheit. Das Wetter kündigt den nahen Winter an. Bald wird der Regen in Schnee übergehen und Frost wird das Land in seinem eiskalten Griff halten. Die Hufe seines Pferdes klatschen bei jedem Schritt in den aufgeweichten, schlammigen Boden. Clay Morgan zieht seinen Mantel noch enger um die Beine und knöpft ihn zu. Wasser trieft aus der Mähne des Pferdes. Stoisch setzt es einen Huf vor den anderen. Ihm macht das Wetter nichts aus. „Blacky“, das Mountain Horse, gehört zu einer überaus widerstandsfähigen Rasse, die frei in den Bergen aufwächst und solche Wetterkapriolen gewöhnt ist. Clay Morgan lenkt sein Pferd mit der linken Hand, die andere tief in die Tasche seines Mantels gesteckt.Er ist ein Mann von 43 Jahren. Nicht sehr groß, doch muskulös. Gekleidet in der typischen Kluft der Cowboys. Nur sein knallgelbes Halstuch fällt aus dem Rahmen. Unter seinem Mantel trägt er „Chaps“, den typischen Beinschutz, gegen dorniges Gestrüpp und austretende Hufe. An den Stiefeln blinken silberne Sporen. Sein Gesicht mit den wachen Augen ziert ein Schnauzbart, aus dem jetzt das Wasser tropft.
Vor ihm tauchen jetzt die ersten Häuser auf. Langsam wird es dämmrig. Durch den Regenschleier schimmern die Lichter der Stadt wie Diamanten. Helena, die Heimatstadt von Clay Morgan. Er befindet sich auf dem Weg zur Ranch. Die aber liegt noch zehn Meilen außerhalb dieser verschlafenen Kleinstadt. Und Clay hat keine Lust, bei diesem Schmodder-Wetter noch weiter zu reiten.
Da nimmt er sich doch lieber ein Zimmer bei Anny und setzt seinen Weg morgen früh fort. Im Mietstall gibt er Blacky in Obhut. Tom Clayton wird ihn gut versorgen. Dann stapft er missmutig durch den Matsch hinüber zu „Anny's Hotel“.„Mann, Clay. Was machst du bei dem Dreckwetter da draußen?“, fragt Anny erstaunt, als er in die Lobby tritt. „Hör nur auf“, knurrt Clay knapp und klopft seinen durchnässten Hut am Mantel ab. „Seit einer Woche bin ich jetzt unterwegs. Und ausgerechnet die letzten zwei Tage schüttet es ununterbrochen. War unten in Bozeman und habe die ausgesonderten Rinder verkauft. Hast du mein Zimmer noch frei?“ „Klar. Wie immer. Weißt du doch“, erwidert Anny lächelnd und reicht ihm den Schlüssel herüber. „Nicht viel los, was?“, lächelt Clay dünn und zieht sich den Mantel aus. Anny zuckt mit den Schultern und verdreht die Augen. „Paah. Wer verirrt sich schon bei diesem Wetter hierher? Der Einzige, der sich jetzt freut, ist Bob. Sein Saloon ist rappelvoll.“ Clay lacht. „Yeaah. Da haben die Männer eine gute Ausrede, wenn sie morgen nach Hause kommen. Das Wetter war schuld.“ Anny lacht kurz und trocken. „Komm erst mal mit rüber. Kannst doch bestimmt einen Drink gebrauchen.“
Das lässt sich Clay nicht zweimal sagen. Und so stehen sie noch eine Weile an der Bar und unterhalten sich über allerlei Alltägliches. Bis Clay sich auf sein Zimmer begibt. Das weiche warme Bett hat er schon seit Tagen vermisst.
Am nächsten Morgen, als er die Vorhänge öffnet, muss er blinzeln. Kaum eine Wolke am Himmel. Die dunklen Regenwolken sind verschwunden. Nur hier und da tropft noch etwas Wasser von den Vordächern. Auf den Straßen steht das Wasser in großen Pfützen, die jetzt in der Morgensonne glitzern. Clay zieht den Fensterflügel hoch und atmet tief die würzige Morgenluft ein. Die Frühaufsteher unter den Bewohnern des Städtchens machen sich an ihre Arbeit. Erste Wagen rollen durch die Stadt. Drüben auf der anderen Seite öffnet Jonathan Miller gerade seine Möbeltischlerei. Und Joy und Mike Adams, die Geschwister, unterhalten sich angeregt vor ihrem Drugstore. Harry Stanton, der Inhaber eines Hardware-Ladens winkt zu ihm herauf. Clay lächelt und nickt ihm freundlich zu.
Dann macht er sich fertig und geht nach unten. Schon auf der Treppe hört er, dass sich jemand aufgeregt unterhält. Anny steht mit Chris Madson, dem Bankangestellten, zusammen. Als sie Clay die Treppe herunter kommen sehen, verstummen sie. Anny blickt Clay sorgenvoll entgegen.
Dem schwant nichts Gutes. „Was ist los?“, fragt er ernst. „Hat es irgendwo
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