Legende von Eli Monpress 02 - Herr des Windes
Geisterhof gebracht, und damit auch über sie. Das sind keine Menschen, die einfach ignorieren, wenn sie beschämt wurden, Miranda.«
»Aber das ist absurd!«, rief Miranda.
»Natürlich ist es das«, sagte Banage. »Doch auch wenn sie isoliert draußen auf dem Land leben, die Turmwächter sind die einzigen Stimmberechtigten des Geisterhofes. Wenn genügend von ihnen beschließen, dass du dich einem Prozess stellen und dich selbst erklären musst, kann ich nichts tun, außer sicherzustellen, dass du tatsächlich dort erscheinst.«
»Das war es also?«, fragte Miranda, während sich ihre Hände umeinander verkrampften. »Ich werde vor Gericht gestellt. Weshalb? Weil ich ein Königreich gerettet habe?«
Banage seufzte. »Die offizielle Anklage lautet, dass du vorsätzlich und vollkommen im Widerspruch zu deinen Befehlen mit einem bekannten Dieb zusammengearbeitet hast, um Mellinor zu destabilisieren und letztendlich einen Großen Geist in deinen Besitz zu bringen.«
Mirandas Gesicht lief dunkelrot an. »Ich habe Mellinor in einer Verzweiflungstat angenommen, um ihm das Leben zu retten!«
»Ich bin mir sicher, dass es so war. Die Anklage ist lächerlich. Du magst eine mächtige Spiritistin sein, aber selbst du könntest keinen Großen Geist gegen seinen Willen halten.«
Banages Ausgeglichenheit sorgte dafür, dass Miranda ihn würgen wollte. »Wenn Ihr wisst, dass es lächerlich ist, warum muss ich dann vor Gericht erscheinen?«
»Weil wir keine Wahl haben«, erwiderte Banage. »Das ist eine absolut legale Anklage, die durch die richtigen Kanäle vorgebracht wurde. Sollte ich etwas unternehmen, um den Prozess aufzuhalten, würde mir das als Bevorzugung deiner Person ausgelegt. Wahrscheinlich wird mir das sowieso schon vorgeworfen, nachdem du nach deiner Verhaftung in mein Büro geführt und nicht in einer Zelle eingesperrt wurdest.«
Miranda wandte den Blick ab. Sie war so wütend, dass sie kaum noch klar denken konnte. Ihr gegenüber holte Banage tief Luft. »Miranda«, sagte er. »Ich weiß, wie beleidigend das für dich ist, aber du musst ruhig bleiben. Wenn du diesen Prozess verlierst und für schuldig befunden wirst, unsere Eide verraten zu haben, könnte man dir deinen Rang aberkennen, dich aus den Reihen der Spiritisten ausstoßen und dir sogar die Ringe abnehmen. Hier steht zu viel auf dem Spiel, um es aus Wut und Stolz zu opfern.«
Miranda biss die Zähne zusammen. »Könnte ich zumindest einmal die formelle Anklageschrift sehen?«
Banage hielt ihr die Schriftrolle entgegen. Miranda stand auf, nahm sie und ließ das Papier unter dem Gewicht der Siegel aufrollen. Die Anklage stand in großen Buchstaben oben über der Seite und beinhaltete genau das, was Banage gesagt hatte. Sie verzog das Gesicht und ließ ihre Augen zur Mitte der Seite gleiten, wo die Unterschriften begannen. Sie musterte die Namen in der Hoffnung, jemanden zu entdecken, bei dem sie Einspruch erheben konnte. Wenn sie schon vor Gericht landen sollte, brauchte sie Verbündete. Doch als sie das Ende der Liste erreicht hatte, wo der ursprüngliche Auftraggeber der Anklage unterschrieben hatte, und die extravagante Unterschrift entdeckte, die sich über die gesamte linke Ecke zog, verschwamm ihr Blick vor Wut.
»Grenith Hern?«
»Er ist Oberster Turmwächter«, sagte Banage. »Es ist nicht ungewöhnlich, dass er bei so etwas …«
»Grenith Hern?« Jetzt schrie Miranda fast. »Der Mann, dessen Karriere quasi daraus besteht, Euch zu hassen? Der Euch beschuldigt, ihm den Posten des Rektors vor der Nase weggeschnappt zu haben? Er ist derjenige, der für diese ›faire und legale‹ Anklage verantwortlich ist?«
»Es reicht, Miranda.« Banages Stimme war kalt und scharf.
Miranda ignorierte die Warnung. »Ihr wisst, dass er das nur tut, um Euch zu diskreditieren!«
»Natürlich weiß ich das«, zischte Banage und stand auf, um ihr in die Augen zu sehen. »Aber ich stehe nicht über dem Gesetz, und du auch nicht. Wir müssen den Verordnungen des Hofes gehorchen. Und diese Gesetze besagen, dass ein Spiritist, der einen Ruf vor den Hof bekommt, dort zu erscheinen hat, ganz gleich, wer das Edikt unterschrieben hat oder warum. Ende der Diskussion!«
Miranda warf das Schriftstück auf den Schreibtisch. »Ich werde nicht vor den Hof treten und einfach nur dastehen, während dieser Mann Lügen über mich verbreitet! Er würde alles behaupten, um seinen Willen durchzusetzen. Ihr wisst, dass es die Hälfte dieser Unterschriften nicht gäbe, wenn
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