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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: du hättest vergessen Du dachtest
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Geld für ihr Studium brauchte. Jetzt war vom ehemaligen Grundbesitz nur noch ein halber Hektar übrig.
    Das Gespräch vom Vorabend fiel mir wieder ein: Ein gewisser Korpelainen interessierte sich für das Haus. Er glaubte offenbar nicht, dass es Unglück brachte, ein Haus zu kaufen, in dem ein Mord geschehen war.
    Ich zuckte zusammen, als mir klar wurde, dass sich Großvater und Rane in dieser Stube hier gestritten hatten. Warum hatte Rane einen Hammer bei sich gehabt? Ich setzte mich auf. Als ich die Füße unter der Bettdecke hervorschob, kam Kaitsu herein.
    »Morgen«, stöhnte er. »Hast du Aspirin? Mir dröhnt der Schädel.«
    Ich holte die Pillendose aus dem Koffer, Kaitsu nahm gleich zwei Tabletten.
    »Kannst du überhaupt fahren?«
    »Ich hab gerade gemessen, null Komma zwei. Bis wir abfah-ren, bin ich auf null«, beteuerte er.
    Ich packte das Bettzeug zusammen und zog mich an. In der Küche war der Frühstückstisch schon gedeckt. Mutter steckte voller Energie, wie immer, wenn es etwas zu organisieren gab, Veikko redete von der Sickergrube, die geleert werden musste.
    Nach dem Frühstück wurde Kaitsu unruhig.
    »Schläft Sara noch immer? Wir müssen los.«
    »Soll sie doch mit dem Bus nachkommen«, schlug Veikko vor, aber Mutter schüttelte den Kopf.
    »Im Bus wird ihr schlecht. Wahrscheinlich hat sie die halbe Nacht wach gelegen, nachdem sie gestern am Tag so lange geschlafen hat. Ich weck sie.«
    Sie klopfte an die Schlafzimmertür und ging hinein. Man hörte wütendes Fauchen, wie von zwei Katzen, die sich zum ersten Mal begegnen. Als Kind hatte ich mir immer die Ohren zugehal-ten, wenn Sara meine Mutter anbrüllte. Meist hatte Mutter gleichmütig zugehört, nur ein paarmal war sie selbst wütend geworden, dann aber gründlich. Großmutter hatte ihre Töchter jedes Mal zur Aussöhnung gezwungen, worauf Sara uns wieder regelmäßig besuchte und Mutter die Ohren vollschwatzte.
    Die Männer trugen bereits die Koffer zum Wagen, als Sara endlich aufstand. Ihr violettes Nachthemd sah aus wie ein Unterrock mit Fransen und ließ ihre Haut gelblich erscheinen.
    Sara hasste die Sonne. Sie sagte immer, sie sei ein Krebs, ein Mondkind.
    »Gibt’s Kaffee?«, fragte sie. Wenn Sara mitfährt, brauche ich mich auf der Rückfahrt nicht mit Kaitsu zu unterhalten, dachte ich zufrieden, denn Sara hatte die Angewohnheit, alle Gespräche allein zu bestreiten. Spätestens auf halber Strecke würde Kaitsu es nicht mehr aushalten und seinen Heavy Rock voll aufdrehen.
    »Ich hab noch gar nicht gepackt«, fauchte Sara, als Kaitsu hereinkam und sie zur Eile antrieb. »Katja, hilf mir mal die Kaffeetassen einzupacken, die krieg ich. Und die große Glas-platte auch. Was hast du dir eigentlich genommen?«
    »Nur die Katze aus der Bodenkammer.«

    »Aber die gehört mir, die hat Mutter für mich gehäkelt! Gib sie her!«
    »Bisher hast du dir nie etwas aus ihr gemacht«, giftete ich zurück. »Du hast sie nicht mal mitgenommen, als du ausgezogen bist.«
    »Sie gehört aber mir.«
    Ein Außenstehender hätte die Szene wahrscheinlich komisch gefunden: Eine vierzigjährige Frau und ihre fast dreißigjährige Nichte streiten sich um ein Kinderspielzeug.
    »Ich bin jetzt ein Waisenkind! Du hast deine Mutter noch«, verlegte Sara sich aufs Betteln.
    »Bitte, da hast du dein Spielzeug!« Ich zog die Katze aus der Tasche und warf sie ihr vor die Füße. Immerhin hatte ich noch die Briefe. Ich stopfte meine restlichen Sachen in die Tasche, brachte sie zum Wagen und verstaute sie zuunterst im Kofferraum. Zu Hause erwarteten mich eine Flasche Schnaps und eine Tafel Schokolade als Belohnung für das entsetzliche Wochenende. Sechs Stunden Fahrt von Pielavesi nach Helsinki, sogar weniger, falls Kaitsu über die Geschwindigkeitsbeschränkungen hinwegsah.
    Es wurde Mittag, bevor alles verstaut war. Kaitsu hatte sich Teppiche und Werkzeug ausgesucht. Der Hammer war sicher nicht der, mit dem Großvater erschlagen worden war. Tatwaffen wurden beschlagnahmt. Wer hatte den neuen Hammer gekauft?
    Hatte Großmutter ihn je in die Hand nehmen können, ohne daran zu denken, wozu der vorige benutzt worden war?
    Es wurde Herbst, die ersten Espenblätter färbten sich bereits rötlich. In der Nacht hatte es geregnet, neben dem Auto spiegel-ten sich in einer riesigen Pfütze die vorbeiziehenden Wolken.
    Die Sonne malte einer von ihnen einen Goldrand, und ich rief unwillkürlich:
    »Guckt mal, wie schön die Wolke aussieht!«

    »Wo denn, ich seh nur Schwarz«,

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