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Leichenschänder

Titel: Leichenschänder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Benvenuti
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Walze und seine beiden Helfer mit keinem Wort. Diese Angelegenheit würde ich alleine klären. Scheiß auf die Regeln, denn du hast sie nicht gemacht.
    Der Arzt meinte, Ruhe sei jetzt das Wichtigste, das ich brauchte.
    Ich stimmte ihm zu.
    Ich brauchte Ruhe.
    Und einen Plan.
    Ich verbrachte die nächsten Wochen im Bett, las Kriminalromane, die mir Bruno, einer der Pfleger, aus der Bibliothek besorgte, und plante meine Rache.
    Nach zwei Monaten war die Wunde so weit verheilt, dass ich meine linke Hand wieder halbwegs normal gebrauchen konnte. Walze und die beiden Arschlöcher hatten mich häufig besucht und mich mit Beschwörungen, Drohungen und Geschenken davon abzuhalten versucht, irgendjemandem den genauen Unfallhergang zu schildern. Meine Verletzung war selbst für Walze und seine Kumpane eine Nummer zu groß. Ich grinste die drei jedes Mal mild lächelnd an und versicherte ihnen, dass von mir keiner auch nur ein Sterbenswörtchen erfahren würde.
    Als ich wieder zurück im Schlafsaal war, merkte ich, dass mich die anderen Insassen mieden und hinter meinem Rücken verstohlen Blicke austauschten. Ich beachtete sie nicht weiter.
    Ich wartete auf meine Chance.
    Einen Monat später bekam ich sie.
    Walze hatte Stubendienst und fegte den Schlafsaal aus. Ich holte das Stuhlbein, das ich vor Wochen aus der Tischlerei gestohlen hatte, unter meinem Kopfkissen hervor, ging hinüber zu Walze und tippte ihm auf die Schulter. Als er sich umdrehte, knallte ich ihm das Stuhlbein so fest ich konnte ins Gesicht. Seine Knochen brachen mit einem hellen, splitternden Geräusch. Blut quoll in einem Schwall aus seinem deformierten Gesicht, und Walze sackte stöhnend und taumelnd zu Boden.
    Ich ging zum Waschbecken, reinigte das Stuhlbein, rannte hinunter in die Tischlerei und warf es in den Häcksler. Dann marschierte ich in den Aufenthaltsraum und spielte gegen meine Gewohnheit zwei Stunden ein idiotisches Kartenspiel mit vier anderen Insassen.
    Walze wurde irgendwann gefunden, sofort in eine auswärtige Intensivstation gebracht und dort notoperiert. Es gab eine Untersuchung, und der Direktor des Heims machte keinen Hehl daraus, dass er mich für den Täter hielt. Aber durch die Kartenspieler hatte ich ein perfektes Alibi, und niemand konnte mir etwas nachweisen.
    Walze blieb ein halbes Jahr im Krankenhaus und wurde dann in ein anderes Heim verlegt. Soweit ich gehört habe, konnte er nicht mehr richtig sprechen. Scheiß auf die Regeln, denn du hast sie nicht gemacht.
    Im darauffolgenden Jahr begann ich eine Lehre als Fotograf. Im Heim gab es diverse Berufe, die man lernen konnte, aber mit meiner verstümmelten Hand schieden die meisten handwerklichen von vornherein aus. Ich hatte auch nicht vor, den Rest meines Lebens in einem Büro zu verbringen und die Einnahmen der Bosse zu addieren, die mir ihre Großzügigkeit dadurch bewiesen, dass sie mir zu Weihnachten eine Flasche Wein schenkten. Ich kannte dieses Leben gut genug von meinen Eltern. Jedes Jahr sollte endgültig das letzte sein, dann würden sie endlich anfangen zu leben, nicht bloß zu überleben. Dieser Traum wurde nie Realität. Er endete um einen Baum gewickelt, zerfetzt von scharfkantigem Blech.
    Mit achtzehn wurde mir klargemacht, dass meine Zeit im Heim nun abgelaufen sei. Wir waren ständig überfüllt, und jedes Bett wurde dringend benötigt. Da ich jetzt einen Beruf hatte, würde ich es schon irgendwie schaffen, wenn ich mich nur genügend anstrengte, sagte man mir. Ein knapper Händedruck, viel Glück, dann war ich draußen.
    Und ich strengte mich an. Ich klapperte sämtliche Fotografen, Fotogeschäfte, Zeitschriften, Zeitungen, Kataloghersteller und Werbeagenturen ab, ohne Erfolg. Dass ich bloß eine uralte Kamera besaß, die mir einer der Erzieher zum Abschied geschenkt hatte und mit der man kaum brauchbare Fotos zustande brachte, half mir nicht gerade.
    Dann lernte ich Rübe kennen. Rübe hatte feuerrotes Haar und auch Feuer im Arsch. Immer musste er etwas unternehmen oder es zumindest planen. Eines Nachts, nach etlichen Bieren über dem Limit, vertraute er mir an, dass er sein Geld damit verdiente, gestohlene Autos über die Grenze nach Ungarn zu bringen. Die Sache sei weit weniger riskant, als sie klang, versicherte er mir, denn weder klaue er die Autos, noch verkaufe er sie. Er war bloß der Fahrer. Mit dem Wagen hin, mit dem Zug zurück. Zwei Tage Arbeit, zehntausend Schilling. Netter Stundenlohn. Und im Moment wurden so viele Autos geklaut, dass man neue

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