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Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition)

Titel: Leichentuch: Band 2 der Blutdrachen Trilogie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph G. Kretschmann
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abgebissen worden und mit nur einem Stiefel kam Rebekka sich albern vor. Dann lieber barfuß!
    Der linke Fuß war nun schon zur Hälfte nachgewachsen. Ferse und Mittelfuß ragten aus dem Unterschenkel, es fehlten nur noch die Zehen. Wie lange hatte dieser Prozess gebraucht? Wie lange hatte sie am Grund der Bucht gelegen? Stunden? Tage? Wochen? Die Sonne versank hinter dem Horizont und Rebekka machte sich auf den Weg. Sie konnte spüren, wohin sie musste. Sie spürte, wo der Ring war. Und dort war von Steinborn. Der Ring zog sie nach Westen. Rebekka lief, so schnell der linke Fuß es zuließ. Gegen Mitternacht kam sie zu einer kleinen Stadt. Die Stadtmauer war schnell überwunden und es waren nur wenige Wachen unterwegs, die auf dem Wall patrouillierten. Ungesehen schlich Rebekka durch die Straßen und folgte ihrem Gefühl.
    Sie kam an einer Spelunke vorbei. In der Gasse daneben wartete sie. Gäste verließen die Kneipe. Rebekka wartete auf den richtigen. Sie konnte die Männer in der Wirtschaft reden hören. Da waren zwei, die sich über üble Geschäfte unterhielten. Danach hatte sie gesucht. Halsabschneider. Sie folgte den beiden, als die hinausgeworfen wurden, weil auch diese Spelunke die Tore schloss. In einer dunklen Seitengasse nahm sie ihr Blut und ihr Leben.
    Rebekka warf die Leichen der beiden in den Fluss, der durch die Stadt floss. Sie sprang hinterher und ließ sich mit den beiden Toten zusammen unter dem Gitter hindurchtreiben, das den Fluss überspannte. Sie sorgte dafür, dass die Leichen nicht gefunden werden konnten. Für die Stadtbewohner würden die beiden einfach verschwunden sein. Niemand würde sie vermissen. Niemand vermisste Schurken. Das Blut der beiden Ganoven hatte Rebekka gestärkt. Gegen Morgen erreichte sie ein heruntergebranntes Dorf. Sie erkannte den Ort erst auf den zweiten Blick. Nur ein paar Mauerreste standen noch von den Gebäuden, aus denen hier und da noch Knochen herausragten. Nun hatte sie wenigstens eine Vorstellung davon, wo sie sich befand. An diesem Platz des Todes hatte sie von Steinborn zuletzt gesehen. Der Ring zeigte ihr, wohin sie musste. Rebekka folgte seinem Ruf.

84. Kapitel
    „Ich wünsche Euch ein ruhiges, erfolgreiches Leben“, sagte Halef Omar. „Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder.“ „Vielleicht, mein Freund, eines Tages!“ Der Schakalköpfige nickte mir kurz zu, denn verschwand er im Unterholz. Er wollte zum Alamut. Bei den Assassinen konnte er hoffen, einen Platz zu finden. Hassan-i-Sabbah war gegangen, aber sein Blut floss in Halef Omar weiter. Auf der Bergfestung der Assassinen lebten die Werwölfe und er war ihnen ähnlicher als uns Menschen. Ich sah ihm noch nach, als die Blätter sich schon hinter ihm geschlossen hatten. Meine Gedanken drehten sich um Rebekka. Ich hatte die Suche aufgegeben. Seit neunzig Tagen suchten wir nach ihr, erfolglos. Ich musste mich wohl damit abfinden, dass ich sie verloren hatte. Ich fragte mich, ob ich dazu imstande sein würde. In mir war nur noch eine große Leere. Ich wusste, dass ich auf mein Gut zurückkehren musste, aber meine Gedanken kreisten nur um Rebekka. Ich würde sie nie vergessen.
    Irgendwann stieg ich auf mein Pferd. Ein Ziel hatte ich nicht mehr. Ich lenkte das Tier nach Norden. Wenn ich lang genug geradeaus ritt, würde ich irgendwann an die Küste der Ostsee kommen. Nach Hause. Ein leeres Wort. Mir erschien alles sinnlos. Ich ritt, bis ich oder das Pferd müde wurde, aß, wenn ich hungrig wurde und schlief kaum. Und wenn ich doch einmal für ein paar Stunden Schlaf fand, dann quälten mich finstere Träume. Einfach immer weiter nach Norden. Wie lange? Ich wusste es nicht. Auf Tag folgte Nacht, auf Nacht Tag. Manchmal regnete es, manchmal schien die Sonne. Mir war es gleich. Die Leere in mir wuchs mit jedem Tag. Ein schwarzes Loch in meiner Brust, dort, wo einmal mein Herz gewesen war. Morgens lag Reif auf den Ästen und dem Gras. Erste Flocken kündigten den Winter an, es wurde kälter. Ich mied größere Städte. Was ich brauchte, besorgte ich mir in kleineren Ortschaften, den Rest lieferte mir die Natur. Mir war alles egal geworden. Die Welt erschien mir tot und grau und an manchem Abend schlief ich in der Hoffnung ein, am nächsten Morgen einfach nicht mehr aufzuwachen. Aber diese Gnade blieb mir verwehrt. Jeden Morgen erwachte ich wieder, stieg auf mein Pferd und ritt weiter. Nach Norden. Aber dahinter steckte kein wirklicher Antrieb. Kein Plan, kein Ziel, nur die Leere in mir. Da war

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