Leichtmatrosen küsst man nicht - Roman
deutlich zu verstehen gegeben, dass sie nach dem Kaffee und den Pralinen für Sex ohne jegliche Verpflichtungen offen wäre. Aber Manus kannte die Antwort auf seine Frage: »Ein Mann, der seine Frau liebt.« Für ihn nämlich kam keine andere in Frage, nicht bevor er endgültig wusste, dass seine Beziehung tot und begraben war. Solange noch ein Funken Hoffnung bestand, wollte er um Roz kämpfen.
Und dann war ihm plötzlich wieder eingefallen, dass Jonie schon immer auf Jungen geflogen war, die mit anderen Mädchen zusammen waren. Wahrscheinlich hatte sie sich deshalb nie für den jungen Single-Manus am College interessiert.
Er war zurückgewichen, ehe ihre Lippen seine berührten, hatte ihr für den netten Abend gedankt und war gegangen.
Als das Taxi vor der Nummer 15 in der Land Lane hielt, hatte Olive für einen Moment die verwegene Idee, dem Taxifahrer zu sagen, er solle weiterfahren. Aber wohin? Biegen Sie am Ende der Straße links ab, und dann weiter bis Kefalonia. Ja, klar.
Sie bezahlte den Fahrer und ging zur Tür. In ihrer Handtasche war ein Scheck über knapp eine halbe Million Pfund, der ihr erlaubte, alles zurückzulassen und einen Neuanfang zu wagen, also warum war sie hier? Sie wusste inzwischen, dass sie David nicht liebte. Wann hatte sie aufgehört, ihn zu lieben? Falls er sie mit einem Strauß roter Rosen an der Tür empfing, würde sie dann bei ihm bleiben, weil sie sich nicht traute »Ich liebe dich nicht mehr« zu sagen?
Sie fürchtete sich davor, das Haus zu betreten. Sollte Doreen völlig verwahrlost sein und David es im Kreuz haben, würde ihr blödes Pflichtgefühl wieder die Kontrolle übernehmen, das sie an diese Familie band, egal wie viele Ziffern auf dem Scheck standen.
Sie schob die Tür auf. Eigentlich erwartete sie, dass es nach Zigarettenqualm und schmutziger Wäsche stank. Umso verblüffter war sie, den blumigen Duft von Teppichreiniger wahrzunehmen. Schuhpaare standen ordentlich neben der Tür, doch es waren nur Davids Schuhe. Der Telefontisch in der Diele war poliert, der Spiegel darüber staubfrei, der Läufer auf dem Boden frisch gesaugt. Auch das Wohnzimmer war aufgeräumt, der Esstisch frei bis auf eine Vase mit roten Rosen in der Mitte, und Doreens Sessel stand in der Ecke neben dem Sideboard. Vor allem aber war Doreen selbst nirgends zu entdecken.
»Hallo, Fremde!«, sagte David, der den Kopf zur Küchentür herausstreckte. Er wirkte erstaunlich ruhig für einen Mann, dessen Frau sechzehn Tage zuvor ohne ein Wort verschwunden war. Er kam zu ihr, und sie umarmten sich linkisch. Normalerweise ließen sie derlei Zuneigungsbekundungen.
»Hattest du eine schöne Zeit?«, fragte er und wischte sich nervös die Hände an seiner Hose ab. An seiner sauberen Hose, wie Olive bemerkte. Dabei wusste er doch gar nicht, wie man die Waschmaschine bediente, oder doch?
»Herrlich«, sagte Olive.
»Du siehst gut aus.«
»Danke.«
Sie redeten wie zwei Fremde beim ersten Date. Und zwar deshalb, weil sie sich fremd waren. Das wurde Olive in diesem Augenblick klar. Sie hatten im selben Haus gelebt, im selben Bett geschlafen, und dennoch kannten sie sich nicht. Der David, den sie damals kennengelernt hatte, war längst verschwunden. Der Mann, der vor ihr stand, mochte einen schlimmen Rücken haben oder nicht, und sie hatte keine Ahnung, wofür er sein schwarz verdientes Geld ausgab oder was er tat, während sie arbeitete. Er hatte vielleicht gewusst, dass seine Mutter genauso simulierte wie er, oder nicht. Lauter Fragen und keine Antworten, was kein Zeichen für eine gesunde Beziehung war.
»Wo ist Doreen?«, fragte Olive und nickte zum Sessel.
»Ausgezogen.« David grinste. »Kevin auch. Wir haben das Haus ganz für uns.« Er zeigte mit dem Daumen zur Küche. »Ich habe uns Tee gemacht.«
Uns Tee gemacht? Sie war sprachlos, als er in die Küche lief und dabei »Wenn ich einmal reich wäre« vor sich hin sang.
»Das glaubst du mir nie!« Er kam mit einer Teekanne, einer Milchtüte und einer Zuckerschale auf einem Tablett zurück. Bin ich im falschen Haus? , dachte Olive. Sie hätte gewettet, dass er eine Teekanne nicht mal voneinem Mopp oder einem Schäferhund unterscheiden könnte, selbst wenn er dafür Geld bekäme.
»Also …«, begann er und schenkte ihnen Tee ein. Er konnte nur kurz gezogen haben, denn er war dünn wie Pipi. Dann schüttete David Milch und je zwei Zuckerwürfel in die Becher. Er wusste nicht einmal, dass sie ihren Tee stark, schwarz und ohne Zucker trank.
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