Leitfaden Homöopathie (German Edition)
können, bedarf es einer besonderen Form der Anamnese. Das Ziel der Anamnese besteht nach Masis Ansicht in der Zerstörung des schönen Bildes, das uns der Patient von sich zeigt . Es muss zerstört werden, damit wir ihn ungeschützt sehen können, um ihn in seiner Not wahrzunehmen. Man muss dabei alles tun, um dem Patienten das Abschweifen zu erleichtern; man sollte ihn sozusagen in ein „Delirium“ bringen. Es ist wichtig, die Phantasien des Patienten hervorzulocken, weil gerade in ihnen am deutlichsten das primär-psorische Thema zum Ausdruck kommen wird. Dazu ist natürlich eine gute Atmosphäre notwendig und so wird empfohlen, den Patienten evtl. sogar zu Hause zu besuchen; jedenfalls sollte man ihm als Freund begegnen und durchaus affektiv auf den Patienten eingehen.
Welche Punkte sollten nun während der Anamnese berührt werden? Masi fragt in Zusammenhang mit dem Paradiesmythos die fünf Kerne ab, auch stellt er konkrete, auf religiöse Anschauungen bezogene, Fragen, z.B.:
Wie stehen Sie zur Religion?
Was hält Gott ihrer Meinung nach von Ihnen?
Wenn Sie die Möglichkeit hätten, selbst einen Gott zu erschaffen, wie würden Sie ihn sich wünschen?
Am Ende der Anamnese sollte man von dem Patienten drei Dinge wissen:
Was hält der Patient von sich selbst?
Was hält der Patient von anderen Menschen und von seiner Familie?
Wie steht der Patient zu den metaphysischen Themen?
Masi sieht in seiner Methode eine Möglichkeit, das entscheidende Mittel (Simillimum) zu finden, was von der körperlichen bis zur höchsten geistigen Ebene alle Bereiche beeinflussen und heilen soll; das bezeichnet er auch als die „Heilung mit dem Quantensprung“. Er sagt jedoch zugleich, dass es schwer ist, jenes Mittel zufinden,da er nicht in Polychreste und so genannte „kleine Mittel“ unterteilt, sondern alle Mittel in ihrer Bedeutung gleichwertig nebeneinander sieht, es aber zu einer Vielzahl von Mitteln nur wenig psychische Symptome in den Arzneimittelprüfungen gibt. Mit seiner Methode meint Masi bei fünf bis acht Prozent der Patienten eine derartig tiefgreifende Veränderung (Quantensprung) mit Hilfe des Simillimums zu erreichen.
Dynamik der Miasmen
Masi gebraucht den Miasmenbegriff in einem völlig anderen Zusammenhang als Hahnemann und sieht die Miasmen als verschiedene Etappen eines einzigen Prozesses, sodass er nur von der Psora als Miasma in verschiedenen zeitlichen Phasen spricht. Psora versteht er im wörtlichen Sinne als Befleckung und spricht von einem die Vorstellungskraft beschmutzenden Fleck.
Anstelle der Sykosis spricht er von einer egotrophen Haltung, anstelle der Syphilis von einer altero- oder egolytischen Haltung. Masi entwickelte ein System der miasmatischen Dynamik mit drei chronologischen Etappen . Dabei entspricht die miasmatische Dynamik den seelischen Reaktionsmöglichkeiten auf ein Leiden. Am Anfang steht dabei die Angst. Die primäre Psora entspricht dem Leitmotiv eines Menschen gemäß der verzerrten Wahrnehmung. In der sekundären Psora erlebt der Mensch seine Angst, seine Unzulänglichkeiten und Unsicherheiten werden ihm bewusst. Er beginnt die innere Problematik auf das äußere Umfeld zu projizieren. Gleichzeitig entwickelt er Strategien, Dinge zu verbergen und zu maskieren; eine zunächst noch schwankende Haltung ist dabei Aspekt der sekundären Psora. Im körperlichen Bereich treten zu diesem Zeitpunkt nur funktionelle Störungen auf. In der tertiären Psora kann der Mensch zwei mögliche Grundhaltungen einnehmen. Einerseits kann er im syphilitischen Sinne vor dem Leiden fliehen. Dabei kann er selbstzerstörerisch reagieren (Egolyse) oder destruktiv gegenüber anderen reagieren (Alterolyse). Andererseits kann er eine kompensatorische Haltung einnehmen und sein Selbstwertgefühl als sykotische Reaktion aufblähen. Die bei Hahnemann noch eigenständigen Miasmen Sykosis und Syphilis sind bei Masi Verteidigungsstrategien. Im Tertiärstadium treten auch strukturelle (Organ-)Veränderungen auf.
Werke zur Methode nach Masi
Verschiedene Gruppen beschäftigen sich damit, die Materia medica im Sinne der Masi-Methode aufzuarbeiten. Der bekannteste Homöopath einer solchen Gruppe in Deutschland ist Stefan Preis. 1997 erschien von ihm in Zusammenarbeit mit weiteren Autoren die „Materia Medica Homoeopathica, revidiert nach Dr. Alfonso Masi-Elizalde“, welche bisher 40 Arzneimittelbilder umfasst und kontinuierlich erweitert werden soll. Als Einführungsbuch in die Methodik gab er das Buch
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