Lensmen 08 - Drachen-Lensmen
haben, ist kein Traum. Es ist real, bewohnt von einer Vielzahl nicht-existenter Wesenheiten.«
»Eine Gespensterwelt?« fragte Worsel wie vom Donner gerührt. »Dort muß der Schwarze Lens-Träger zu Hause sein.«
»Nein, nein«, wandte Kallatra ein. »Das kann nicht sein. Sie müssen sich irren, Worsel. Vielleicht ist seine Psyche dort unterwegs, so wie es die unsere eben war, sein Körper aber muß sich irgendwo auf dem Weg befinden, den wir zurückgelegt haben.«
»Ich hoffe, Sie haben recht, Kallatra. Denn sonst würden wir ihn nie erwischen. Wenn wir ihn bei unserer stürmischen Verfolgung verpaßt haben, können wir ihn nur packen, wenn wir ihn veranlassen, zu uns zu kommen.«
Ohne Vorwarnung oder Aufforderung drängte sich Worsel abrupt in das Gehirn der jungen Lens-Trägerin, so nachdrücklich wie möglich, auf größtmögliche Abschirmung bedacht. »Vielleicht suchen wir gar nicht den Schwarzen Lens-Träger. Vielleicht haben wir gegen seinen Herrn gekämpft, vielleicht haben wir seinen Lenker verfolgt! Sie stehen dem Tode nahe, meine junge Freundin. Untersuchen Sie sich einmal selbst. Wir stehen hier nicht gegen einen einfachen Schwarzen Lens-Träger, sondern gegen einen Dämon, gegen einen Unhold! Er ist wie ein Gespenst aus der schlimmsten aller neun valerianischen Höllen. Sie sind der Exorzist, den das Wesen zu fürchten hat. Ich bin fest davon überzeugt, daß es zurückkehrt und gegen Sie losschlägt – jeden Augenblick kann das passieren. Sie sind des Todes.«
Kallatras Geist wogte in einem Aufwallen von Energie empor, mit einer Stärke, wie Worsel sie bisher noch nicht bemerkt hatte. »Sie haben recht, Worsel! Ich bin verwundbar! Schauen Sie sich doch meine Lens an!« Ihre Lens aus Arisia sah in der Tat erstaunlich aus. Anstelle des funkelnden, gesund schimmernden kristallinen Waberns, das Pseudoleben verhieß, breiteten sich auf der halben Oberfläche matte purpurne Flecke aus. »Trotz der Eingabe unserer vereinigten Lebenskraft ist der Lens Leben entzogen worden. Wenn das über einen gewissen Punkt hinaus weitergeht, werden die Kristalle sterben. Und auch Sie könnten nach mir dann vernichtet werden.«
»Lalla Kallatra«, meldete sich der große Velantier mit stockender, feierlicher Stimme. »Wir müssen hier und jetzt unser Leben aufs Spiel setzen. Wir sind an einen Ort des Todes durchgebrochen. Er hat uns angerührt – besonders Sie. Wer immer die Lens von Arisia trägt, ist in diesem Augenblick von einer immateriellen Kraft bedroht. Die ganze Zivilisation ist der Vernichtung ausgesetzt.«
»Sie haben recht, mein lieber Drache«, erwiderte Kallatra, überschwemmt von Emotionen, die sie sonst entschlossen verbarg. »Diese übelwollende boskonische Wesenheit belauert uns. Um meinetwillen fürchte ich den Tod nicht – aber für Sie und Deuce und die anderen. Mein Tod würde Ihnen die beste Waffe entreißen, die die Zivilisation besitzt, meine El-sike-Fähigkeit. Ich spüre, wenn wir fallen und untergehen sollten, könnte jede einzelne Lens zu einem Durchlaß in eine andere Dimension werden und die Vitalität der Patrouille und der ganzen Zivilisation entfliehen lassen.«
Die Qual von Worsels Gedanken war übergroß, verstärkt durch die überraschende Sentimentalität der jungen Frau. Wenn man sich vorstellt, daß womöglich auch die Lens versagen konnte!
»Mentor ist hier!«
Mentor!
In Worsels Geist strömte die beruhigende Präsenz der Mentor-Vereinigung, von so hoher und fein eingestimmter Frequenz, daß von den anderen niemand seine Existenz ahnte, nicht einmal Kallatra. »Soso, Worsel von Velantia, der Gegner zieht dich also in sein Netz!«
Worsels Laune besserte sich; Mentor war unaufgefordert zu ihm gekommen, allwissend im Augenblick der größten Not.
»Und jetzt«, fuhr Mentor gelassen fort, »mißtraust du der Lens. Sei beruhigt. Die Lens kann weder dir noch der Zivilisation schaden, auch nicht durch äußeren Einfluß von anderer Seite. Was deinen Gegner angeht, so wirst du ihn finden, weil er dich findet. In diesem Punkt hast du recht. Ihr kämpft nicht gegen einen Schwarzen Lens-Träger. Ihr bekämpft eine Lens-Träger-Illusion. Einen Lens-Träger-Unhold. Eine schreckliche Macht des Bösen aus einem Reich, das nicht einmal wir betreten können. Die Träger der Lens und die gesamte Zivilisation befinden sich wahrscheinlich in großer Gefahr. Was die Hilfe von Arisia angeht, so kann Mentor keine spezielle Unterstützung gewähren, weil so etwas nicht zu unserem Plan und zu
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