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Leon, Der Slalomdribbler

Leon, Der Slalomdribbler

Titel: Leon, Der Slalomdribbler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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der anderen, bis ich vor dem Tor stand. Vor mir waren nur noch Fettauge und Sense. Ich grinste sie an. Auch die würde ich sicherlich schaffen. Ich ging auf sie zu. Mir war es egal, dass unser Tor jetzt ohne Verteidiger war und das es niemanden gab, der Michi und Kong jetzt noch deckte. Ich würde das Ding hier schon machen. Da hörte ich Raban. Er rannte rechts hinter mir. „Oh, mein Gott!”, dachte ich. „Du hast es doch schon dreimal versiebt!” Also bohrte ich mich in die beiden Gegner hinein. Ich spielte den Ball an Fettauge vorbei und wollte durch die Beine von Sense. Da schrie Raban nochmal: „Vorsicht Leon, da kommt noch einer von rechts!”
    Ich sah nur den Schatten. Es war der Dicke Michi persönlich. Wie ein Jumbo bei einer Bruchlandung rutschte er auf mich zu. Da passte ich blitzschnell nach rechts. Raban rannte auf den Ball zu und holte mit dem falschen Fuß zum Schuss aus.
    „Nein, doch nicht mit links!”, schrie ich ihn an. „Du hast doch schon dreimal mit rechts daneben getreten!”
    Doch Raban hörte mich nicht. Er war viel zu entschlossen da-für, und dieses Mal traf er das Leder und donnerte es ins Netz.
    Wir hatten gewonnen und fielen über uns her. Dann nahmen wir Raban auf unsere Schultern und rannten mit ihm über den Platz. Nur ich lag noch vor dem Tor. Ich konnte es einfach nicht fassen, dass Raban der Held, tatsächlich der Held war. Da erschien Willi vor mir und reichte mir seine Hand.

    „Ich gratulier dir!”, sagte er.
    „Wofür?”, blaffte ich zu ihm hoch.
    „Dafür, dass du jetzt nicht nur Slalomdribbler und Torjäger bist”, schmunzelte Willi, „sondern auch der dickköpfigste Blitzpasstorvorbereiter, den es auf der Welt gibt.“
    Er grinste mich an und ich grinste zurück. Dann nahm ich seine Hand an. Er zog mich hoch und zusammen liefen wir zu den andern. Raban und ich nahmen uns in die Arme, und Schulter an Schulter setzten wir unseren Siegeszug fort.
    „Tolles Tor”, sagte ich, „und dann noch mit links!”
    „Toller Pass”, sagte Raban. „Und das Solo davor, war Weltklasse pur!”
    „Trotzdem. Hättest du mich nicht vor dem Dicken Michi gewarnt, dann ...“ Den Rest des Satzes gab es nicht mehr.
    „Was dann?”, zischte der Dicke Michi.
    Er stand direkt vor uns und hinter ihm standen seine besiegten Unbesiegbaren Sieger . Sie kochten vor Wut, und sie waren zu allem bereit. Mit einem Schlag war es mucksmäuschenstill, und in diese Stille hinein rasselte die Fahrradkette, die sich Sense von der Brust nahm. Er reichte sie Michi und der schwang sie drohend in seiner Hand.
    „Das Spiel war ein Witz!”, sagte er und zeigte sein finsterstes Grinsen. „Das ist euch doch klar, oder nicht? Ich mein, ich muss doch nicht deutlicher werden?”
    Wir schauten ihn an. Seine Augen glühten Löcher in uns hinein. Sein Atem rasselte und dazu schlug die Fahrradkette rhythmisch in seiner Hand. Es war wie das Ticken einer Bombe, die gleich explodiert.
    „Ich mein, ihr glaubt doch nicht wirklich, dass euch der Bolzplatz gehört!”, drohte er.
    Ohnmächtig und langsam wichen wir vor ihm zurück. Wir hatten gewonnen und trotzdem verloren. Da ertönte ein Knurren in unserem Rücken. Wir schauten uns um und sahen Joschka und Socke, der die Lefzen hochzog und seine eindrucksvollen Zähne entblößte.
    Im Gesicht des Dicken Michi zuckte es sichtlich nervös.
    „Wer ist denn das?!”, fluchte er überhaupt nicht mehr cool.
    „Die siebte Kavallerie!”, lachte Joschka vergnügt. Dann preschte Socke schon los.

    Der Dicke Michi spannte die Fahrradkette zwischen den Händen, doch er wich auch vorsorglich zwei Schritte zurück.
    „Ich warne euch!”, drohte er uns. „Passt auf euren Hund auf! Ihr wisst doch, was ich sonst mit ihm mach!”
    Doch Socke stürmte knurrend heran, und er sah aus wie ein Wolf. Eigentlich hat Socke so große Ohren, dass er mehr einer Fledermaus gleicht. Doch wenn er wütend wird und seine Zähne fletscht, fallen die Fledermausohren gar nicht mehr auf.
    „Ich warne euch!”, schrie der Dicke Michi nochmal.
    Dann suchte er sein Heil in der Flucht.
    „Los, Socke! Reiß ihm die Ohren ab!”, riefen wir hinter ihm her, und der Dicke Michi drohte zurück: „Das werdet ihr mir noch mal büßen!”
    Dann sprang er, als wäre er plötzlich 50 Kilo leichter geworden, über den Holzzaun hinweg. Die anderen Mistkerle rannten und sprangen hinter ihm her. Sie verschwanden so, wie sie aufgetaucht waren: wie Kakerlaken, wenn man das Licht anknipst.
    Vor uns aber lag

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