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Blutiges Gold

Blutiges Gold

Titel: Blutiges Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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Prolog
Sedona
Donnerstag, den 30. Oktober
    Die silberne Scheibe des beinah vollen Mondes ließ Virgil O’Connor nicht einschlafen. Doch das störte ihn nicht. Er war einundachtzig und wusste längst, dass er sich besser wach den tanzenden Nachtschatten von Arizona aussetzte als schlafend dem Würgegriff der Albträume, die ihn unter Schreien aufweckten.
    »Verzeiht mir, was ich getan habe«, flüsterte er in die Nacht. »Bitte, bitte, verzeiht mir, verzeiht mir …«
    Aus der Dunkelheit kam keine Antwort. Noch nie war eine gekommen.
    Sein Herz setzte einen Moment aus, tat einen Sprung, beruhigte sich wieder. Er atmete hörbar aus, doch das verschaffte ihm keine Erleichterung. Er wollte gerne sterben, doch das konnte er noch nicht. Nicht ehe die Toten ihm seinen Frevel an ihrem heiligen Gold verziehen hatten.
    Halsbänder aus geflochtenen Goldketten, so fein und schwer und geschmeidig, wie er selbst als junger Mann gewesen war.
    Armbänder von zwei Fingerspannen Umfang, aus schwerem Gold und mit so grausig-schönen Symbolen bedeckt, dass ihm die Haare zu Berge standen.
    Gewandspangen so groß wie seine Hand, Tieren nachgebildet, dennoch erschreckend menschenähnlich.
    Eine mehr als lebensechte Gesichtsmaske.
    Figuren längst vergessener Götter oder Dämonen oder Traumbilder.
    Siebenundzwanzig Stücke reinsten Goldes. Blendend schönes Gold.
    Blutiges Gold.
    Ein Schauer lief über seine Haut. Er griff automatisch nach seiner weichen Wolldecke, doch deren Wärme drang nicht bis an seine kältestarren Knochen.
    Er war ein Toter, der laut schrie.
    »Nein«, brachte er mit rauer Stimme hervor, »das wollte ich nicht! Ich habe nie etwas davon verkauft, auch wenn ich Geld brauchte. Ich habe hart gearbeitet, hatte zwei Jobs. Ich hätte auch alles einschmelzen können, oder … oder …«
    Jetzt war nur noch ein krächzendes Flüstern zu hören. Die Geister, die ihn verfolgten, konnten ihn nicht hören, das wusste er. Er hatte keinen Zugang zu ihnen und konnte seine Peiniger nicht von seiner Unschuld überzeugen.
    Es sei denn, er hielte ihre Goldstücke in beiden Händen. Diesmal ohne Handschuhe. Kein Schutz für seinen Körper. Nur seine Haut und das mächtige Gold.
    Der Gedanke daran ließ ihn erschaudern. Einmal, vor langer Zeit, hatte er das Gold mit bloßen Händen berührt. Danach hatte er das nie wieder getan. Darüber wollte er nicht einmal nachdenken. Doch er konnte es nicht verhindern, ständig dachte er daran, jedes düstere Detail dieser längst vergangenen Nacht stand ihm lebhaft vor Augen. Damals war er den Anweisungen seines verstorbenen Großonkels gefolgt und hatte einen Metalldetektor aus Militärbeständen organisiert, um in Großbritannien auf die Suche zu gehen, während um ihn herum die letzten Schlachten des Zweiten Weltkriegs tobten.
    Die heiligen Eichen, zu denen sich weder Römer noch Engel hinwagten. Neun Hügel. Sechs Baumgruppen. Drei Statuenmenhire gegenüber. Eine Quelle. Drei mal drei mal drei aus Gold.
    Er schüttelte heftig den Kopf. Er wollte nicht daran denken. Sein Herz kam dadurch ins Stocken wie in jener Nacht, und der Schmerz zuckte durch jede Faser seines Körpers und seiner Seele.
    »Halt durch«, beschwor er sich flüsternd. »Nur noch bis morgen. Bis Mitternacht. Dann werden sie endlich verstehen, warum ich das getan habe.«
    Andernfalls würde er sterben.
    Es war ihm beinahe egal, ob er lebte oder tot war. Ihm war nur eines wichtig: Das Gold sollte ihn nicht länger auf so quälende Weise langsam umbringen.
    »Halt durch. Morgen. Um Mitternacht.«

1
Los Angeles
Freitag, den 31. Oktober
Morgens
    Risa Sheridan arbeitete nur unregelmäßig als Gutachterin für die internationale Firma Rarities Unlimited . Doch es machte ihr nichts aus, für ein paar Stunden von Las Vegas nach Los Angeles zu fliegen, wenn sie einen Auftrag erhielt. Sie wusste nie im Voraus, welcher Art die Schätze waren, die von Sammlern zum Firmensitz von Rarities Unlimited gebracht wurden. »Kauf, Verkauf, Schätzen und Schützen«, lautete das Motto des Unternehmens. Sicher war dabei nur, dass alles, was ihr dort zur Begutachtung vorgelegt wurde, mindestens vierhundert Jahre alt war, meist aber noch viel älter. Alter Schmuck war nämlich ihr Spezialgebiet.
    Der Blick durch die Doppelglastüren, die zum Büro von Rarities Unlimited führten, dämpfte Risas erwartungsfrohe Stimmung ein wenig. Auf der anderen Seite des kugelsicheren Glases hatte sie Shane Tannahill erspäht. Sie war vor ihm in Las Vegas

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