Ler-Trilogie 01 - Morgenrötes Krieger
sanken erschöpft auf das nächstb e ste Gestell, das wie ein Bett aussah und schliefen auf der Stelle ein.
Klar und rein wie das Wasser einer alten Dorfquelle brach der Morgen herein. Der Federbaum stand auf der Ostseite des Hauses, und dennoch wurden sie von dem hereinfließenden Licht geweckt. Nach kurzem Frühstück gingen sie zu jenem Feld zurück, wo sie mit dem Schiff gelandet waren und wo sich inzwischen eine buntg e mischte Menge versammelt hatte. Den größten Teil des langen Chalcedon-Vormittags beaufsichtigten Han und Liszendir das Be- und Entladen der Handelsgüter: ihre eigenen und jene, die sie dafür eingetauscht hatten.
Gegen Mittag war das meiste geschafft. Sie blieben a l lein zurück, inmitten eines gewaltigen Durcheinanders aus Bergen von Kisten, Kartons und anderem Plunder. Das Feld war aufgewühlt von Räderspuren, Hufen und Kufen. Die Pallenber war mit einer feinen Patina aus Staub und Dreck bedeckt.
Hath’ingar kam mit der letzten Wagenladung. Wie die anderen war auch er völlig verdreckt und verschmutzt, schien aber quicklebendig und voller Neugier.
„Ah, alles erledigt – den Profit eingestrichen, und jetzt nichts wie weg von diesem arg lädierten Planeten. Was ist denn das? Waffenkammern?“ fragte er überrascht, indem er auf einige verdächtig gewölbte Ausbuchtungen in der sonst glatten Außenhaut des Schiffbugs zeigte.
„Ja, Waffen“, antwortete Han. „Wir hielten es für a n gebracht, auf das Schlimmste vorbereitet zu sein. Wäre ja möglich, daß uns die Krieger über den Weg laufen – oder andere gewöhnliche Wegelagerer. Kommt schon noch vor – selbst in unserem Zeitalter. Angeblich soll das auch der Grund gewesen sein, warum Efrem so überstürzt a b reiste: Er fürchtete um seine Haut.“
„So wird’s gewesen sein“, antwortete Hath’ingar z u stimmend. „Dennoch war es nicht zu seinem Vorteil, stimmt’s? Jeder stirbt zu seiner Zeit, bei unterschiedl i cher Musik: einige bei leichten Liebestönen, andere bei Heldenmärschen und Trara, wieder andere bei Grabg e sängen – aber alle sterben!“
Dies klang merkwürdig fremd in Hans Ohren. Aber noch fremdartiger war Liszendirs Antwort, die sie sto ckend in ihrer eigenen Sprache formulierte: „Si-tasi maharalo al-tenzh-idh.“ Dann übersetzte sie für Han: „Das ist der Gang der Welt.“ Hath’ingar blieb die Antwort schuldig.
Es entstand eine Pause, als wüßte niemand so recht, was er jetzt sagen sollte. Dann ergriff Hath’ingar das Wort: „Was ist euer nächstes Ziel?“
Han entgegnete: „Ich denke, wir fliegen hinüber zur Westküste des Kontinents. Unsere Karten sind wah r scheinlich nicht ganz auf dem neuesten Stand, aber es soll dort angeblich eine größere Stadt geben. Bestimmt wurde sie ebenfalls stark getroffen; deshalb wird man auch dort einige Güter gut gebrauchen können.“
„Ja. Das wird Libreville sein. Sie leiden dort großen Mangel. Ich hörte, daß sie völlig ausgebombt wurden und die Stadt verlassen haben. Ich kenne noch andere Sie d lungsplätze, die eure Ware ebenso nötig hätten. Glaubt mir, ich will mich nicht aufdrängen, aber ich könnte euch zeigen, wo diese Orte liegen. Ihr wäret hier schneller fe r tig und könntet euch sofort auf den Weg machen.“
Liszendir war schon ins Raumschiff gegangen. Han musterte lange den älteren Ler unten auf dem Feld. Nach einiger Zeit meinte er, trotz einer inneren Stimme, die ihn warnte: „Also gut, komm herauf!“
Han blieb auf den Stufen stehen, um zu sehen, ob Hath’ingar beim Erklimmen der hohen Leiter Hilfe brauchte. Im Gegenteil – Han sah voller Überraschung, wie Hath’ingar mit weitaus größerer Leichtigkeit und Gewandtheit als er selbst die Sprossen erklomm. Er schrieb es seiner guten körperlichen Kondition zu und vergaß es wieder. Die beiden betraten das Schiff.
Als sie im Kontrollraum waren, wanderte Hath’ingar umher und nahm alles höchst amüsiert und voll bewu n dernder Anerkennung in Augenschein. „Absolut pe r fekt“, meinte er überschwenglich. „Wirklich erstklassige Arbeit – Spitzenqualität! Wurde das Schiff von Me n schen oder von Ler gebaut?“
„Menschenarbeit“, antwortete Han, als er sich in se i nen Pilotensessel fallen ließ. Liszendir setzte sich neben ihn, allerdings in einer merkwürdigen Art und Weise, die nichts Gutes vermuten ließ. Han spürte es deutlich, kon n te aber die Ursache nicht feststellen.
Sie hoben ab und fuhren die Landungsbeine ein. Da sie nicht sehr weit fliegen
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