Ler-Trilogie 01 - Morgenrötes Krieger
wollten, programmierte Han keinen Orbitalkurs, sondern wählte eine niedrigere Flu g bahn mit minimalem Energieverbrauch. Als er damit fe r tig war, drehte er sich um. „ Wohin jetzt, Hath’ingar?“ Keine Antwort. Er war verschwunden. „Schön“, sagte er in Liszendirs Richtung, „wahrscheinlich schaut er sich den Wohnkomfort an.“
Im selben Augenblick tauchte Hath’ingar wieder auf, aber dieses Mal ohne die traditionelle Ler-Bekleidung; er war nackt bis auf einen Lendenschurz mit langen, präc h tig dekorierten Enden, und statt des geflochtenen grauen Haars zierte ihn nun ein glattrasierter Schädel. Auf seiner bloßen, unbehaarten Brust befand sich eine detaillierte Tätowierung, die einen titanischen Kampf zwischen zwei Ungeheuern zeigte, die Han noch nie zuvor gesehen ha t te. Er war längst nicht so alt, wie er vorher den Anschein erweckt hatte. Han knurrte grimmig; Hath’ingar hatte eine Waffe in der Hand, die exakt jener ähnelte, die Li s zendir damals in Efrems Wohnung entschärft hatte. Wo war sie eigentlich? Han knurrte erneut. Wenn es nicht die in Hath’ingars Hand war, so lag sie noch immer gut ve r packt in einer Box direkt hinter Hath’ingar. Sie hätte s o mit genausogut in Efrems Zimmer sein können – so u n nütz war sie im Augenblick. Und was jene Gestalt am anderen Ende des Raumes anbetraf: eine Masse voll g e ballter Kraft. Der ehemalige Stadtrat verharrte ruhig, das Körpergewicht auf den Fußballen balancierend.
„Ja, reingelegt“, sagte er. Dann fuhr er fort: „Ohne Umschweife und ohne faule Tricks bitte: Nimm Kurs auf die beiden Gasriesen dieses Sonnensystems. Sie stehen gerade in Konjunktion und liegen dem Zentrum der G a laxis gegenüber. Dort werden wir auf meine Krieger st o ßen.“
„Deine Krieger?“ Han wollte Zeit gewinnen, obwohl er nicht genau wußte, was er mit ihr anfangen sollte. U n ter ihnen verschwand allmählich der Planet Chalcedon.
„Ja, ich bin der Führer der Außenhorde. Mach keine hastigen Bewegungen. Diese Waffe spuckt Nadelbolzen mit einer höchst unerfreulichen Substanz aus. Auch wenn sie schnell wirkt, so fällt doch das Bewußtsein erst ganz zum Schluß aus. Ich bin ein Experte auf diesem Gebiet – aber auch auf vielen anderen. Daß nur keiner von euch glaubt, er könnte mir entwischen!“
Han schielte zu Liszendir hinüber. Es war kaum zu s e hen, aber ihm schien es, als ob unter ihrem Gewand jeder einzelne Körpermuskel arbeitete, um sich für den Einsatz aufzuwärmen. Ihre Kiefermuskeln strafften und spannten sich kaum merklich. Ein faszinierender Ausdruck kam in ihr Gesicht, einer, den Han in einem Anflug erotischen Verlangens in seiner ganzen Schönheit ein paar Mal schon gesehen hatte.
Als Hath’ingar einen sichernden Schritt nach vorn machte, schrie sie nur ein Wort: „Los!“ Dann vollführte sie ein ganz unglaubliches Manöver. Han ließ sich g e konnt auf den Boden fallen – wie sie es ihm beigebracht hatte. Mühelos sprang sie in die Höhe, ohne die Knie auch nur im geringsten dabei anzuwinkeln; Stiefel und Obe r gewand hinter sich lassend, schnellte sie durch den Ko n trollraum auf Hath’ingar zu. Ihr nackter weißer Körper stürzte Han in staunende Verwirrung – all dies spielte sich in einem Schwerefeld von 1 g ab. Noch im Rollen hörte er das Zischen der Pistole – doch der Treffer blieb aus!
Hath’ingar konnte nicht gleichzeitig auf sie zielen und ihren Angriff abwehren. Er entschied sich für die A b wehr und reagierte mit einer Vorwärtsbewegung, die a l les andere als schwerfällig war. Die Waffe behielt er d a bei in der Hand.
Nun begann ein Wirbel, dem Han nicht zu folgen ve r mochte. Hinterher konnte er sich nur noch an eine Serie von blitzartigen Angriffs- und Abwehrbewegungen eri n nern. Manchmal trafen die Körper aufeinander, und es gab eine verwirrend schnelle Abfolge gegenseitiger Aktionen, kurzer Schläge und erfolgloser Würgegriffe. Keiner von beiden erreichte sein Ziel, und Hath’ingar hatte noch i m mer die Pistole. Liszendir inszenierte im Kontrollraum ein schwindelerregendes Trommelfeuer von Vor- und Rüc k wärtsbewegungen, um Hath’ingar daran zu hindern, auf sie anzulegen. Dann gerieten sie wieder aneinander. Diesmal kam es zur entscheidenden Wende: Hath’ingar stürzte nach draußen, wobei er noch zum Schluß versuc h te, einen plazierten Schuß a b zugeben, aber er verfehlte knapp. Hans rechtes Ohr dröhnte.
Sie verriegelte die Tür und stand nun vor ihm: nackt, mit schweißnasser,
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