Ler-Trilogie 02 - Die Zan-Spieler
übrigen, indem sie alles über den Kopf zog, wodurch das wie bei den anderen Heranreifenden kurzgeschnittene Haar zerzaust wurde, und ging entschlossen auf den Trog zu, nachdem sie ihren ganzen Mut zusammengenommen hatte. Das Wasser in dem Waschtrog war nichts weniger als eisig. Fellirian betrachtete den nackten, hellen Körper vor ihr. Pethmirvin war schlank, anmutig wie ein junger Baum, geschmeidig wie ein junges Eichhörnchen. Sie hatte den richtigen Namen: „Die Gerte, die sich im Winde wiegt“ war seine Bedeutung, unter dem Aspekt des Elements Wasser. Fellirian gefiel die Anmut des jungen Mädchens, ihr gefielen ihre kleinen Brüste, kaum größer als Knospen, ihre feinen, blassen Rippen, der flache Bauch, die schmalen, starken Schenkel. Ihre Haut war wegen der Kälte mit einer Gänsehaut überzogen.
Ohne weitere Vorwarnung sprang Pethmirvin plötzlich in den Waschtrog und begann wild umherzuplanschen, wobei das Wasser überallhin spritzte. Unterhalb des Lärms, den sie machte, konnte Fellirian das rasche, pfeifende Atmen des Mädchens hören. Während Peth herumplanschte und eine Menge Wasser über den Trogrand schwappen ließ, begann Fellirian, sich ihrer eigenen Kleider zu entledigen; des äußeren Umhangs, des Überhemds, des Unterhemds für den Winter. Und dann stand sie nackt da und spürte nun wirklich das Stechen der Kälte, blickte an ihrem eigenen bloßen Körper herab, der beinahe so blaß und mager wie der von Peth, aber kompakter, gedrungener und mit den reiferen Formen eines längeren Lebens, zumal durch das Gebären von Kindern, ausgestattet war. Drei, und nicht weniger. Pethmirvin, Kevlendos, Stheflannai. Nicht schlecht, dachte sie. Und so habe ich meine Figur immer noch weitgehend behalten. Nicht daß ich dadurch irgendeinen Nutzen hätte, so wie einst, außer daß ich weiß, daß in meinem Körper noch immer eine Menge Ausdauer steckt, ein langes Leben. Aber einst traf ich mich des Nachts mit einem Liebhaber, genau wie sie jetzt und Pentandrun bald. Einst, im Frühling meines Lebens, vor zwanzig Jahren und mehr, da jagten mich die Jungen durch den Wald und riefen „Fellir“ hinter mir her, wie sie ihr nun „Pethmir“ nachrufen. Peth hörte auf zu planschen und um sich zu schlagen, rannte keuchend aus dem Trog und hob hastig ihre Kleider auf, während sie rannte.
Die aus der Erinnerung aufgeschreckte Fellirian sagte: „Sag ihnen, daß ich gleich komme …“ Sie hielt inne. Pethmirvin war schon die Stufen hinaufgelaufen und im yos verschwunden.
Fellirian schüttelte resigniert den Kopf. Peth konnte sich diese Eile erlauben, denn was sie da wegspült, ist nichts als ein bißchen Spaß im geheimen. Das Wasser erinnert sie wieder daran, daß Spaß gleich Spaß ist, ein bißchen Spannung, aber daß sie heute abend diesen Farlendur vor der Tür lassen mußte. Das Geheimnis des Fremden. Unsere Bindungen in der Webe sind enger als Blut und Vererbungslehre. Aber was ich von mir abwasche, ist etwas Komplizierteres, eine quälende Sorge wegen etwas, von dem ich immerhin nur den geringsten Teil gesehen habe. Daß Vance, wo wir uns so lange kennen und so lange zusammen waren, es zulassen konnte, daß er und wir, ich mit ihm, auf Band aufgenommen, untersucht, beobachtet und, nun, bespitzelt werden, ohne zu protestieren, ohne ein Wort der Warnung! Ja, ich weiß. Er glaubte es zu verbergen, während seine Körpersprache doch die Wahrheit herausschrie. Aber was für eine Obszönität. Ein Übergriff auf das Bewußtsein ist nicht anders als ein Übergriff auf die Wohnung, den Körper. Fellirian holte tief Luft, ließ sie in einem langen, beherrschten Seufzer heraus, lauschte auf das Glucksen des Wassers im Waschtrog, ließ zu, daß das zufällige Geräusch, der wohltuende Klang ihren Geist von allem reinigte, von allem außer dem Jetzt, der Gegenwart, die so dünn wie ein Rasiermesser war, die Schwelle zwischen zwei Ewigkeiten.
Eine letzte ungestüme Welle kräuselte die friedliche Oberfläche ihres Gedankens. Wir führen in mancher Hinsicht ein idyllisches, gemächlich voranschreitendes Leben, frei von Druck. Ich, die ich die Außenseite sehe, kenne diese Dinge, die ich den anderen nicht sagen kann. Wir haben zu lange geschwiegen, haben uns zu viele Sommer lang einer Versuchung, einem Druck widersetzt. Ich spüre eine Verschiebung der Gewichte, andere Kräfte. Wir sind heute kein Volk, das sich gleich ihnen behende vorwärtsbewegt; ja, indem wir das Primitive suchten, haben wir es mit seiner
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