Lesereise Mallorca
Mobilfunkrechnung an Joan und Cati schickt. »Hier braucht keiner einen Nachnamen«, findet Ranger Ignacio – und verschwindet mit den Fußballsachen in der Hand zum Umziehen in der Unterkunft.
Heute Abend wollen sie wieder spielen: Ranger und Polizisten im Team gegen Fischer und Freizeitskipper auf dem einstigen Bolzplatz der Militärs. Während der Fußball- WM 2006 in Deutschland sind sie sogar mal in Nationalfarben angetreten: die spanischen Insulaner gegen elf Italiener, die zufällig gleichzeitig mit ihren Booten in der Bucht ankerten. Ignacio spielte Verteidiger und hat seine Sache gut gemacht. Spanien hat vier zu zwei gewonnen. Und Italien wurde Weltmeister – im richtigen Leben. Und gefühlt eine halbe Welt entfernt. Anschließend haben sie sich in der Bar verabredet und gefeiert. Bei Bier, Schinkenbroten, Oliven und Akkordeonmusik. Der liebe Gott hat derweil den Mond gehisst, die Sterne angeknipst. Ein ganz typischer Abend auf Cabrera. Vier Jahre später, während der WM in Südafrika, war es heiß und schwül, dann windig und kühl, dann wieder heiß – nie richtiges Fußballwetter auf Cabrera. Da haben sie sich gleich in die Bar gesetzt, gar nicht selber gespielt, sondern auf den Fernseher an der Wand hoch oben in der Ecke neben dem Bartresen gestarrt. Und Schinkenbrote und Oliven geordert. Und viel kühles Bier.
Seewolf in Salzkruste
Mallorcas Edeljachthafen Puerto Portals
Manchmal müssen Gerhard Schwaigers Kellner ein paar Schritte mehr machen, Tische außerhalb des Restaurants eindecken und auf ihren Tabletts Seewolf in Salzkruste mit Blattspinat und Ravioli mit Sóller-Gamba über die Promenade balancieren: weil wieder jemand mit seiner Dreißig-Meter-Jacht am Liegeplatz direkt vorm Sterne-Restaurant Tristan im Luxushafen Puerto Portals festgemacht hat, der bei sich an Bord auftragen lässt. Für Schwaiger, lange Zeit mit zwei Michelin-Sternen der höchstdekorierte Koch der Insel, und sein Team ist das normal – für alle anderen auch. Sie kennen das schon – und manche ringen um den Liegeplatz direkt vor der Edelgaststätte mit dem hohen Promifaktor und dem besonderen Außer-Haus-Service für Jachteigner aus der ersten Reihe. Wegen des Seewolfs, der Gamba-Ravioli, wegen Rebhuhn im Kartoffelmantel und Felsenrotbarbe mit Champagnerfenchel. Und natürlich, weil alle schauen – sogar die im eigentlichen Restaurant.
Macht nichts, dass das achtgängige Gourmet-Tapa-Menü hundertdreißig Euro kostet, die mit Swarovski-Kristallen besetzte Dreiviertelliterflasche Mineralwasser mit über achtzig Euro zu Buche schlägt. Und dass Hafenkapitän Alberto Pons im Sommer rund dreihundertfünfzig Euro pro Nacht für den Liegeplatz eines Dreißig-Meter-Bootes berechnet – plus Mehrwertsteuer. All das ist egal, Peanuts sozusagen, wenn das Schiff zehn Millionen gekostet hat – und wenn man es endlich geschafft hat, einen der begehrten Liegeplätze in Puerto Portals zu ergattern.
Der edelste von Mallorcas einundvierzig Jachthäfen, ungefähr auf halbem Weg zwischen Palma und Andratx an der Südwestküste gelegen, hat Klang und rangiert auf einer Ebene mit Marbella und Monte Carlo, mit Saint-Tropez und Puerto Cervo. Die sechshundertsiebzig Liegeplätze sind heiß begehrt, werden lange im Voraus gebucht.
Der Hafenkapitän tut trotzdem auch bei kurzfristigen Anfragen, was er kann – »erst recht bei langjährigen Freunden unseres Hafens«, die es ausnahmsweise versäumt haben, sich rechtzeitig anzumelden. »Meistens«, sagt José Eraso, der diesen Posten über zwei Jahrzehnte lang ausgefüllt hat, »bekommen wir eine Vierzig-Meter-Jacht immer noch irgendwo unter. Und gerade im Sommer ist viel Bewegung. Da sind viele unserer Kunden auf dem Wasser, ankern irgendwo zwischen den Inseln oder kreuzen vor der Küste Südfrankreichs. Und Schiffe von dort kommen rüber zu uns. Zu anderen Jahreszeiten kann es ein bisschen schwieriger werden.«
Tatsächlich lebt das Geschäft davon, dass die Ganzjahresmieter im Sommer auf dem Mittelmeer kreuzen, in türkischen oder kroatischen Häfen festmachen und die freien Plätze in Puerto Portals an andere vergeben werden können, die Wind, Wetter und Ferienlaune im Gegenzug in balearische Gewässer geführt hat.
Über vierzehntausend Liegeplätze gibt es auf Mallorca: »Es sind genug Boote unterwegs für jeden Hafen auf der Insel. Alle kommen sie auf ihre Kosten. Und gleichzeitig findet jeder Eigner den idealen Liegeplatz seiner Bedürfnisse«, befindet Eraso, dessen ehemaliges
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