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Lesereise Zypern

Lesereise Zypern

Titel: Lesereise Zypern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knut Diers
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zuvor und verwandelte Myrrha in einen Strauch. Aus dem fiel dann später ein Knabe heraus – namens Adonis.
    Aphrodite war augenblicklich von seiner Schönheit angetan. Um ihn vor den Begierden anderer zu schützen, packte sie ihn in eine Truhe, die sie Persephone gab, denn bei der Göttin der Unterwelt sollte er wohl sicher sein. Doch die Neugierige öffnete die Truhe, war ebenfalls gefangen von der Schönheit des Knaben, zog ihn auf und verliebte sich in den Jüngling. Aphrodite war außer sich, als sie davon hörte. Sie wollte ihn als ihren Liebhaber gewinnen, doch Persephone weigerte sich, Adonis herauszugeben. So kam es zum Streit zwischen den Damen, den nur einer schlichten konnte: Zeus.
    Der Götterchef entschied sich für ein Teilzeitmodell: Adonis sollte ein Drittel der Zeit bei Aphrodite verbringen, ein Drittel für sich haben und ein Drittel bei Persephone in der Unterwelt. Ach, aber selbst damit gab sich die Liebesgöttin nicht zufrieden. Sie vertraute auf die Wirkung ihres Gürtels, und tatsächlich mochte Adonis zum vereinbarten Übergabetermin nicht bei Persephone bleiben. Er fremdelte. Die Göttin der Unterwelt tuschelte das weiter zu Ares, dem Kriegsgott. Der verwandelte sich in einen wilden Eber und tötete Adonis auf der Jagd. So kam er zwangsläufig in die Unterwelt. Nun musste wieder Zeus einschreiten, der auf das Teilzeitmodell pochte. Nach der Frist erweckte er Adonis wieder zum Leben, sodass er Zeit mit Aphrodite verbringen konnte.
    Was für ein Hin und Her! Doch die antiken Märchenerfinder hatten ihren Spaß daran, das alltägliche Leid der Familienqualen in formschöne Göttererlebnisse zu kleiden. Wer auf Zypern unterwegs ist, wird an vielen Stellen auf Aphrodite und Adonis stoßen. Die Namen der beiden sind fast wie aus der Streubüchse über die Insel verteilt. Das Bad der Aphrodite, etwa acht Kilometer westlich von Polis, ist so ein Punkt. An einem Tümpel in den Felsen wächst noch ein Feigenbaum. Hier soll die Göttin der Schönheit einst gebadet haben – vermutlich hüllenlos. In dieser natürlichen Grotte lernte sie Adonis kennen. Also muss hier der immergrüne Myrte-Strauch gewachsen sein, aus dem der Knabe einst fiel. Aus dem Bergmassiv der Halbinsel Akámas, die von wundervollen Wanderwegen mit Blick auf das blaue Meer durchzogen ist, plätschert Wasser. Hier muss sie also gestanden haben. Dem verzückten Gast bietet gleich ein Hinweisschild in etwas rustikalem Englisch Einhalt: »Don’t enter in the Pool!«
    Die Zyprioten wissen, dass ein Bad in diesem Nass Schönheit und lange, wenn nicht gar ewige Jugend verheißt. Aphrodite, so wird überliefert, habe hier nach ihren Wanderungen gebadet und sich mit ihrem Geliebten Akámas vergnügt. Nach ihm ist nun die hübsche Halbinsel benannt. In der Nähe säumen Olivenbäume und Pinien den Weg. Bald führt ein steiler Pfad nach oben über einen felsigen Hang. Die weißen Steine setzen sich farblich von der roten Erde ab. Wurzelnester locken zur Rast. Von hier eröffnet sich ein famoser Weitblick auf die Chrysochoú-Bucht. An mehreren Stellen scheint ein Szene-Maler dicke weiße Tupfer ins Blau gedrückt zu haben. Es sind stattliche Segelschiffe, die in der Distanz klein erscheinen und das rechts beginnende Troodos-Gebirge entsprechend riesig wirken lassen. Von unten weht warme Luft herauf. Orchideen und wilde Tulpen sprießen hier. Geier ziehen ihre Kreise. Schwarze Bergziegen preschen davon. Dass auch dieser Wanderweg Aphrodite heißt, ist fast nicht mehr erwähnenswert. Zu naheliegend erscheint den Einheimischen diese inflationäre Namensgebung.
    Weiter zur Spitze der Halbinsel liegt das Ausweichbad Aphrodites, die »Quelle der Liebenden«. Hier soll die Holde sich liebestoll im frischen Wasser gewälzt haben. Dazu ist heftig viel Fantasie notwendig, denn die Quelle ist in einen hässlichen Betonschacht gekleidet worden. Die Fontana Amorosa, so der wohlklingende Name, hat ihre Schuldigkeit getan. Nach dem Abzug der Briten von der lieblichen Halbinsel, die sie als Übungsgelände missbraucht hatten, wird nun die Furcht der Einheimischen größer, hier könnten sich neue Feriensiedlungen breitmachen. Zum Glück hat Aphrodite noch viele Ausweichquartiere auf der Insel.
    Ein friedlicher Tempel der Lust sind die Bäder des Adonis bei Tala in einer Sackgasse der Landschaft. Das wilde Gelände in der Nähe von Pafos ist mit zwei Wasserfällen und zwei natürlich geformten Schwimmbecken ausgestattet. Vom 17. Jahrhundert bis 1959 klapperte

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