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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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um noch mehr Opfern Zuflucht bieten zu können. Aus den gleichen Gründen eröffnete sie ein Wohnheim für arbeitende Frauen und weitete die Aufgaben des Jennings Büros aus, indem sie Arbeit für viele ehemalige Soldaten fand, die mit körperlichen Behinderungen aus dem Krieg zurückgekehrt waren.
    Tabitha war zu dieser Zeit in Ohio, aber Peter, der damals eine Ausbildung zum Buchhalter machte, schrieb ihr sehr oft. Nicht selten war der Tonfall seiner Briefe zornig, weil Matilda immer noch von der besseren Gesellschaft gemieden wurde. Dabei wusste niemand so genau wie er, wie mildtätig und hilfsbereit sie war. Da Peter für Matildas gesamte Buchhaltung verantwortlich war, sah er, dass die kleinen Gewinne des Jennings Büros und des Wohnheims genau wie alle Spenden direkt den Mädchen zugute kamen, für die das Geld bestimmt war. Ein Drittel all ihrer Einkünfte aus London Lil’s floss verschiedenen anderen karitativen Einrichtungen zu, wovon die Unterstützung der Kriegswitwen Matilda am meisten am Herzen lag.
    Doch viele der Menschen der besseren Gesellschaft, die sie ablehnten, hatten ihr Vermögen während des Krieges durch Spekulation und Betrug vermehrt. Ihren Söhnen war es gelungen, sich von der aktiven Kriegsbeteiligung zu befreien, und manche von ihnen waren die skrupellosen Besitzer der Bordelle, gegen die Matilda kämpfte, oder Anteilseigner der Union Pacific Railroad.
    Es war also kein Wunder, dass es sie störte, wenn sich Matilda bei Versammlungen energisch für die Rechte der tausende von Chinesen einsetzte, deren Arbeitskraft beim Bau der Eisenbahnstrecken wie Sklavenarbeit ausgebeutet wurde, oder wenn sie Matildas Artikel in der Zeitung lasen, in denen sie nach medizinischer Unterstützung für die Armen verlangte, die Gleichberechtigung der Schwarzen und Weißen beschwor, sich für die respektvolle Behandlung der Indianer einsetzte und die polizeiliche Kontrolle und Säuberung des Rotlichtviertels forderte.
    Doch Tabitha, Peter und Sidney lernten mit der Zeit, diese heuchlerischen Menschen zu ignorieren, genau wie Matilda selbst. Ihre Arbeit belohnte sie schließlich auf andere Weise, und sie war zufrieden. Jedem Gegner, der sie aus Missgunst verleumdete, standen zehn Menschen entgegen, die die Wahrheit erzählten, weil sie ihr auf ewig dankbar für ihre Hilfe waren.
    Peter neckte sie oft, dass sie längst selig gesprochen worden wäre, wenn sie eine unscheinbare Frau mit einer weniger temperamentvollen Natur gewesen wäre. Die Armen kannten ihren Wert und liebten sie. Doch eine Frau, die lachen und tanzen konnte, mit ihren Gästen im London Lil’s trank, einen schicken Einspänner fuhr und die meisten zwielichtigen Charaktere der Stadt, einschließlich der Politiker, persönlich kannte, wurde nun einmal skeptisch beäugt. Matilda machte dies nichts aus, sie verlangte für sich nicht den Status einer Heiligen, denn sie identifizierte sich zu oft mit den Sündern.
    Tabitha dachte an das unglückliche Ereignis zurück, das einen Schatten auf ihre eigene Hochzeit und Matildas gesamte Zukunft geworfen hatte. Sidney und Peter hatten während der Hochzeitsfeierlichkeiten in New York die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und Five Points besucht, um ihren Wurzeln auf die Spur zu kommen. Matilda hatte sie damals nur widerwillig begleitet, weil sie gefürchtet hatte, dass ihnen als offensichtlich wohlhabenden Männern dort etwas geschehen könnte. Tatsächlich wurde Sidney von einem gewalttätigen Mann angegriffen und schwer verletzt. Dass Matilda seinen Angreifer selbst erschoss, konnte ihnen keinen Trost mehr spenden, denn Sidney trug einen irreparablen Hirnschaden davon. Obwohl er sich genug erholte, um reden, laufen, essen und sich ankleiden zu können, war er nach dieser Tragödie nur noch wie ein liebenswerter, großer Sechsjähriger.
    Matilda und Mary ließen damals das Apartment über London Lil’s vergrößern und holten Sidney nach Hause. Er konnte zwar noch einfache Arbeiten verrichten, aber es war undenkbar, dass er den Laden führte. Mary konnte er kein wirklicher Ehemann mehr sein, den Kindern kein Vater.
    Matilda pflegte ihn aufopferungsvoll bis zu seinem Tod vor fünfzehn Jahren. Mary war damals mit ihren siebenundvierzig Jahren noch eine attraktive Frau und heiratete ein Jahr später den Mann, der seit über zehn Jahren ihr Liebhaber war. Die einzige Person, die von dieser Beziehung wusste, war lange Zeit Matilda. Erst vor kurzem hatte Mary es auch Tabitha anvertraut.
    Sie wusste sehr

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