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Letzte Aufzeichnungen

Letzte Aufzeichnungen

Titel: Letzte Aufzeichnungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Honecker
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mit der BRD wäre in jedem Fall besser gewesen, um Gorbatschows »Abmachung« à la Kohl zu verhindern.
    Ein Wort noch zu den 40 Jahren DDR. Die 40 Jahre waren nicht nur SED, das waren ja auch 40 Jahre CDU, LDPD, NDPD, DBD, das waren Götting 44 und Gerlach 45 und Homann 46 und Goldenbaum 47 . Goldenbaum war der DDR treu, Gerlach war es schon 1949 nicht, ganz zu schweigen von der Zeit davor. Man sollte der KPD und der SED danken, dass sie nach 1945 zur Stelle waren. Nur ein Pieck konnte mit J. W. Stalin sprechen, bei ihm intervenieren. Er hat es getan, ich weiß es. Die deutschen Kommunisten waren nicht verantwortlich für die sowjetischen Ungeheuerlichkeiten und nicht für die faschistischen Verbrechen, das waren Hitler, Göring, Goebbels, Heß, diese ganze braune Pest. Sie haben die Welt in den Krieg gepeitscht – sie sind in die Sowjetunion wie die Barbaren eingefallen. Die Deutschen hatten allen Grund, der SED zu vertrauen, sie war die einzige Partei, die sie aus den Trümmern führte. Ja, man muss es klar sagen, die deutschen Kommunisten unter Führung von Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht und die deutschen Sozialdemokraten unter Führung von Otto Grotewohl und Max Fechner haben nach der Befreiung 1945 in der sowjetischen Besatzungszone mit Hilfe der Roten Armee den Weg in eine menschliche Zukunft gebahnt. Was wäre aus Europa ohne die Gründung der DDR und deren Einfluss geworden? Diese Frage sollte man sich stellen und ehrlich beantworten, bevor man die DDR verteufelt.
    Der heutigen Meldung über den Krieg in Jugoslawien, werden schon bald die ersten Anzeigen folgen: Mein Sohn, unser Sohn ist gefallen. 48 Zweieinhalb Jahre nach der Annexion der DDR, das geht schneller als nach dem Anschluss des Saarlandes an das »Reich« 1935. Da dauerte es noch vier Jahre bis zum Beginn des Krieges. Alles Dinge zum Überlegen. Aber wer überlegt heute schon? Einige vielleicht. Es ist eine Minderheit.
    Wenige merken, dass der Prozess gegen die Partei- und Staatsführung der DDR ein Teil der Kriegsvorbereitung ist. Wird zum Schluss etwas von Deutschland übrig bleiben? Bei einem Dritten Weltkrieg wohl nichts mehr.
    Es ist jetzt 12.30 Uhr. Soeben waren die Ärzte da – alles okay. Mehr wissen sie wohl nicht. 49
    Der Besuch von Rechtsanwalt Ziegler war sehr nützlich, und der von Professor Schneider, dem Leiter der Gutachtergruppe, eher nicht. Da wird nichts anderes herauskommen als die Freigabe zum Abschuss, wie ich bereits in Moskau zum Ausdruck brachte.
    Ich habe soeben die
taz
mit der Meldung von Konnis 50 Tod gelesen. Deshalb greife ich noch mal zur Feder. Sehr oft habe ich in diesen Tagen an ihn denken müssen, aber das jedoch keinesfalls erwartet. Seine Frau hat meine volle Anteilnahme. Im Übrigen, das habe ich schon in Lobetal gesagt, war es ein Fehler von mir, dem Politbüro und dem Sekretariat, ihn wegen seines Auftretens bei einigen Intellektuellen ablösen zu lassen. 51 Ich habe zwar kameradschaftlich mit ihm vorher gesprochen, aber die Entwicklung hat gezeigt, dass trotz aller Argumente die Ablösung falsch war. Das zeigte sich auch im Februar 1990, als er mich dringend sprechen wollte, aber das Gespräch nicht zustande kam. Er war ein aufrechter und ehrlicher Genosse. Wenn es geht, werde ich in Erinnerung bringen, dass Konrad Naumann es war, der die Initiative zum Bau des Nikolai-Viertels ergriff und durchsetzte. Das Viertel ist ein Denkmal für ihn und die Kulturpolitik der SED-Bezirksleitung der Hauptstadt der DDR. Ich habe ihn nie als Konkurrenten betrachtet, da mir ein solches Denken nicht entspricht. Jedenfalls wäre er besser als Krenz gewesen, nicht zu reden vom Verräter Schabowski 52 .
    Ein zweiter Punkt. Hier gibt es eine große Aufregung über ein gruseliges Bild von mir in der gestrigen
taz
– so kann man es auch machen. Für das Kriminalgericht ergab sich daraus ein Problem. Wegen »Erich mit erhobener Faust« gingen viele Telefonanrufe bis zur Geschäftsstelle des »Honecker-Gerichts« ein.
    Ich beginne mich bereits innerlich auf den Prozess vorzubereiten und mache Notizen.
    Nach dem 8. Mai 1945 haben wir unter schwierigen Bedingungen die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Verbindungen zwischen den Besatzungszonen aufrechterhalten wollen. An Geschäfte über die Zonengrenzen hinweg war zunächst nicht zu denken. Der Aussiedlerstrom musste gesteuert werden, der aus jenen Gebieten kam, aus denen Deutsche vertrieben wurden. Ich denke dabei besonders an die Gebiete jenseits der Oder-Neiße

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