Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Letzte Worte

Letzte Worte

Titel: Letzte Worte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
Vom Netzwerk:
Sie hatten im Hinterhof ihres Elternhauses gestanden, der See bot im Hintergrund einen spektakulären Sonnenuntergang. Jeffreys Haare waren noch feucht vom Duschen, und als sie ihm den Kopf an die Schulter legte, konnte sie den vertrauten Geruch seiner Haut riechen.
    » Hey, Baby. « Eddie stand hinter ihr auf der untersten Stufe. Sara drehte sich um. Sie lächelte, weil sie es nicht gewöhnt war, zu ihrem Vater hochsehen zu müssen.
    » Hattest du schlechtes Wetter bei der Herfahrt? «, fragte er.
    » Nicht allzu schlecht. «
    » Schätze, du hast den langen Weg genommen? «
    » Ja. «
    Mit einem traurigen Lächeln schaute er sie an. Eddie hatte Jeffrey geliebt wie einen Sohn. Immer wenn er mit Sara sprach, spürte sie seinen Verlust doppelt so stark.
    » Weißt du « , sagte er, » du wirst so hübsch wie deine Mutter. «
    Sie spürte ihre Wangen wegen des Kompliments erröten. » Du hast mir gefehlt, Daddy. «
    Er nahm ihre Hand in seine, küsste sie auf die Handfläche und drückte sie sich dann an sein Herz. » Kennst du den mit den beiden Hüten nebeneinander an der Garderobe? «
    Sie lachte. » Nein. Was ist mit denen? «
    » Sagt der eine zum anderen: Du bleibst auf dem Boden. Ich lasse mich zu Kopf steigen. «
    Sie schüttelte den Kopf über die schlechte Pointe. » Daddy, der ist ja furchtbar. «
    Das Telefon klingelte, der altmodische Klang einer läutenden Glocke erfüllte das Haus. Im Haus der Lintons gab es zwei Telefone: eines in der Küche und eines oben im Elternschlafzimmer. Die Mädchen durften nur das in der Küche benutzen, und die Schnur war so gedehnt, dass von der Spiralwicklung so gut wie nichts mehr vorhanden war, weil sie sie bis in die Speisekammer oder nach draußen gezogen hatten oder irgendwohin, wo es ein Minimum an Ungestörtheit gab.
    » Sara! « , rief Cathy. » Julie ist für dich am Apparat. «
    Eddie klopfte ihr auf den Arm. » Geh nur. «
    Sie ging den Gang entlang in die Küche, die so schön geworden war, dass sie wie angewurzelt stehen blieb. » O Mann. «
    » Warte, bis du den Pool siehst «, sagte Tessa.
    Sara strich mit der Hand über die zentrale Kochinsel. » Das ist Marmor. « Bis dahin hatten die Lintons orangefarbene Fliesen aus den Siebzigerjahren und Astkiefer als Schrankverkleidung bevorzugt. Sie drehten sich um und sah den neuen Kühlschrank. » Ist der von Sub-Zero? «
    » Sara. « Cathy hielt ihr das Telefon hin, das einzige Ding in der Küche, das nicht erneuert worden war.
    Sie wechselte einen entrüsteten Blick mit Tessa, als sie sich den Hörer ans Ohr drückte. » Hallo? «
    » Dr. Linton? «
    » Am Apparat. « Sie öffnete die Tür des Wandschranks aus Kirschholz und staunte über die ziselierten Glasscheiben. Aus dem Telefon war nichts zu hören. » Hallo? Hier spricht Dr. Linton. «
    » Ma’am? Tut mir leid. Hier ist Julie Smith. Können Sie mich verstehen? «
    Die Verbindung war schlecht, offensichtlich kam der Anruf von einem Handy. Dass das Mädchen kaum mehr als flüsterte, machte die Sache auch nicht gerade besser. Sara kannte den Namen nicht, wegen des näselnden Akzents vermutete Sara aber, dass Julie in den ärmeren Vierteln der Stadt aufgewachsen war. » Was kann ich für Sie tun? «
    » Es tut mir leid. Ich rufe aus der Arbeit an und muss leise sein. «
    Sara spürte, wie ihre Stirn sich in Falten legte. » Ich verstehe Sie gut. Wie kann ich Ihnen helfen? «
    » Ich weiß, dass Sie mich nicht kennen, und es tut mir leid, dass ich Sie einfach so anrufe, aber Sie haben doch einen Patienten namens Tommy Braham. Sie kennen Tommy, nicht? «
    Sara ging alle Tommys durch, die ihr einfielen, und dann erinnerte sie sich zwar nicht an sein Gesicht, aber an sein Krankheitsbild. Er war einer dieser vielen Jungs, die unzählige Male bei ihr gewesen waren wegen Problemen, die man erwarten würde: eine Perle in der Nase, ein Wassermelonenkern im Ohr, undefinierte Bauchschmerzen an wichtigen Schultagen. Er stach aus der Masse heraus, weil immer sein Vater, nicht seine Mutter, ihn in die Klinik gebracht hatte, was nach Saras Erfahrung ungewöhnlich war.
    Sara sagte zu dem Mädchen: » Ich erinnere mich an Tommy. Wie geht es ihm? «
    » Das ist es ja. « Sie verstummte, und Sara konnte im Hintergrund Wasser rauschen hören. Sie wartete, bis das Mädchen weiterredete. » Tut mir leid. Wie ich gesagt habe, er ist in Schwierigkeiten. Ich hätte nicht angerufen, aber er hat mich darum gebeten. Er hat mir aus dem Gefängnis eine SMS geschickt. «
    » Gefängnis? «

Weitere Kostenlose Bücher