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Leute, die Liebe schockt

Titel: Leute, die Liebe schockt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Hennig Lange
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meint. Da dieses Vorhaben nicht geklappt hat,
träumt Cotsch jetzt von etwas Pompösem in einem Märchenschloss, so à la Marie Antoinette im Reifrock. Meine Schwester fährt voll auf Rokoko ab. Stichwort: Gepuderte Perücken und Quetschkorsagen. Doch da meine Eltern in puncto Lebensführung eher die dezenten Typen sind, wurde die Eheschließung erst mal zu 100 Prozent auf Eis gelegt. Sie hoffen, dass meine Schwester und Helmuth sich trennen, bevor Cotsch ihr Abitur hat. Was vernünftig ist. Ich meine, er könnte ihr Vater sein! Im Übrigen kann meine Schwester gar nicht monogam leben. Ständig ist sie am Abchecken, ob sie irgendwelche Jungs rumkriegt, die sie zufällig an der Bushaltestelle trifft. Meine Schwester muss nur mit ihrem Geschichtskurs ins Museum gehen, schon hat sie was mit einem der Aufseher. Und wenn sie die Männer dann rumgekriegt hat, schmeißt sie die wie einen durchgekauten Kaugummi weg. Das ist das Hobby meiner Schwester: Männer verführen und entsorgen. Das will sie nur nicht zugeben.
    Um Schlimmeres zu verhindern, versuchen Mama und ich deshalb ständig, Cotsch beim Mittagessen von ihrem Hochzeitstrip runterzuholen. Wenn sie erst mal verheiratet ist, kann sie sich nicht so schnell wieder trennen. Das sieht man ja an Mama und Papa. Die beiden werden es nie schaffen, voneinander loszukommen, obwohl es zwischen ihnen ja nun alles andere als rosig läuft. Aber Cotsch will von Mamas und meinen Bedenken nichts wissen. Sie schimpft immer total empört: »Ich weiß überhaupt nicht, wie ihr darauf kommt, dass ich Helmuth nicht treu sein werde! Ich liebe ihn!«
    Wir glauben ihr ja, dass das zumindest ihr Traum wäre. Aber meine Schwester funktioniert besser, wenn
sie den anderen nicht sicher hat. Nur so bleibt sie am Ball und kämpft. Nun sieht es aber wiederum so aus, als ob Cotsch ihren Hochzeits-Plan schneller in die Tat umsetzen müsste als erwartet. Sie hat ja jetzt dieses speziell schlimme Problem.
    Cotsch heult auf: »Ich bringe mich um!«
    Ich sage: »Ach was!«
    Und obwohl ich Kinder gerne mag, bin ich froh, dass ich nicht in Cotschs Haut stecke. Katastrophe! Ja, ihr habt richtig verstanden: Meine Schwester ist schwanger! Und zwar von Helmuth - hoffe ich jedenfalls. So wie ich sie kenne, wäre es genauso gut möglich, dass einer aus ihrem Jahrgang der Vater ist. Dominique oder so. In ihrer zitternden Hand hält meine Schwester noch immer den positiven Schwangerschaftstest, den sie sich vorhin heimlich bei Rossmann besorgt hat. Meine Schwester macht dauernd Schwangerschaftstests, weil sie sich weigert, regelmäßig die Pille zu nehmen. Ich glaube, die Schwangerschaftstestbranche lebt von meiner Schwester. Ihre rote H&M-Satinunterhose hängt ihr in den Kniekehlen; passend dazu sind ihre Zehennägel im gleichen Rot lackiert. Damit sie nicht friert, habe ich ihr eben Mamas beigen Bademantel übergeworfen. Ich finde, sie sollte sich als Erstes den Schlüpfer wieder hochziehen, damit sie sich wie ein zivilisierter Mensch fühlt. So, in diesem heruntergekommenen Look, kann das ja nichts werden. So schafft sie es nie, wieder auf die Beine zu kommen und Mut zu fassen. Mama meint auch: »Die äußere Ordnung bestimmt die innere.« Übersetzt heißt das: Wenn man sich äußerlich ordentlich hält, ist man auch innerlich sortiert. Oder: Wenn man sich gehen lässt, stürzt man in
ein tiefes Loch. Es ist wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren, um nicht in Hysterie zu verfallen.
    Vorsichtig ruckle ich an Cotschs Schulter herum. »Zieh dir mal lieber deinen Schlüpfer wieder hoch, dann fühlst du dich bestimmt besser.«
    Sie macht es sofort. Damit habe ich nicht gerechnet, ich dachte eigentlich, sie schimpft mich an, von wegen: »Was hat der Schlüpfer mit meinem Problem zu tun?!«
    Manchmal ist Cotsch wirklich beschränkt. Ich meine, wie kann man im geschlechtsreifen Alter Sex ohne Verhütung haben? Bei so einem unvernünftigen Verhalten liegt doch auf der Hand, was die Folge sein wird: ein Baby. Dabei fällt mir ein: Ich mache es nicht anders! Also, in gewissem Sinne … Falls ihr es noch nicht wisst: Ich habe auch einen Freund. Der heißt Arthur und ist gerade achtzehn geworden. Er wohnt direkt nebenan. Wir sind seit fast zwei Jahren zusammen, davon war er ein halbes Jahr in Afrika, um dort für arme Kinder Brunnen und Hütten zu bauen. Seit ein paar Monaten ist er wieder da, und wir benutzen, wenn wir schon beim Thema sind, Kondome. Aber neulich ist das Ding irgendwie kaputtgegangen, und ich muss nicht

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