Lewis, CS - Narnia 5
glaube, das ist es auch. Es ist ein Unterwasserwald!
Sie segelten darüber hinweg, und plötzlich lief ein weiterer grauer Streifen auf den ersten grauen Streifen zu. Wenn ich da unten wäre, dachte Lucy, dann wäre dieser Streifen wie eine Straße, die durch den Wald führt. Und dort, wo der andere Streifen auftrifft, da ist eine Kreuzung. Ach, wenn es nur so wäre! Oh! Der Wald hört auf! Und ich glaube, der Streifen war wirklich eine Straße! Jetzt auf dem offenen Sand sehe ich ihn noch immer. Aber jetzt hat er eine andere Farbe. Und an den Seitenrändern ist er markiert–mit einer unterbrochenen Linie. Vielleicht sind das Steine. Und jetzt wird er breiter!
Aber in Wirklichkeit wurde er nicht breiter, sondern er kam näher. Sie merkte das daran, daß der Schatten des Schiffes plötzlich wieder auf sie zukam. Und die Straße–sie war jetzt sicher, daß es eine Straße war–begann in Zickzacklinien zu verlaufen. Offensichtlich kletterte sie einen steilen Berg empor. Und wenn Lucy den Kopf zur Seite wandte und zurückschaute, dann sah sie genau das, was man sieht, wenn man von einer Bergspitze auf eine sich nach oben windende Straße hinunterschaut. Sie sah sogar die Sonnenstrahlen, die durch das tiefe Wasser auf das bewaldete Tal fielen. Ganz in der Ferne verschwamm alles zu einem dämmrigen Grau. Aber manche Stellen–vermutlich die Stellen, die von der Sonne beschienen wurden–waren tiefblau. Sie konnte jedoch nicht viel Zeit darauf verwenden, zurückzuschauen, denn das, was jetzt vorne in Sicht kam, war viel zu aufregend. Die Straße war inzwischen offensichtlich auf der Spitze des Berges angelangt und führte nun geradeaus. Kleine Flecken bewegten sich darauf hin und her. Und jetzt–glücklicherweise im klaren Sonnenlicht oder zumindest so klar, wie Sonnenlicht eben ist, wenn es durch tiefes Wasser fällt–, jetzt tauchte etwas ganz Phantastisches auf. Es war höckerig und zerklüftet und hatte die Farbe von Perlen oder vielleicht von Elfenbein. Lucy befand sich fast genau darüber, und so konnte sie zuerst kaum erkennen, was es war. Aber alles wurde ihr klar, als sie den dazugehörigen Schatten sah. Die Sonnenstrahlen fielen über Lucys Schultern, und so lag der Schatten dessen, was es auch immer sein mochte, auf dem Sand ausgebreitet dahinter. Und an der Form des Schattens sah sie, daß er von Türmen und Zinnen, Minaretts und Domen herstammte.
Meine Güte! Es ist eine Stadt oder ein riesiges Schloß! dachte Lucy.
Sie ließen die Stadt hinter sich, aber der Meeresgrund stieg immer noch an. Er lag jetzt nur noch etwa hundert Meter unter ihnen. Die Straße war verschwunden. Sie segelten über ein offenes, parkähnliches Gelände, mit einzelnen kleinen Waldungen mit Gewächsen in leuchtenden Farben. Und dann–Lucy hätte vor Aufregung fast aufgeschrien–, dann sah sie Leute.
Es waren zwischen fünfzehn und zwanzig, und sie saßen alle auf Seepferden–nicht auf den winzig kleinen Seepferdchen, die ihr vielleicht schon einmal im Museum gesehen habt, sondern auf Pferden, die um einiges größer waren als die Leute selbst. Es müssen edle und mächtige Leute sein, dachte Lucy, denn bei einigen sah sie auf der Stirn Gold glänzen, und smaragdgrüne und orangefarbene Bänder hingen von ihren Schultern und bewegten sich in der Strömung. Dann …
Oh, zum Teufel mit diesen Fischen! dachte Lucy, denn ein ganzer Schwärm kleiner, fetter Fische, die dicht unter der Oberfläche schwammen, verdeckte ihr die Sicht auf die Meermenschen. Plötzlich schoß ein grimmiger kleiner Fisch, der völlig fremdartig aussah, von unten herauf, schnappte und sank dann mit einem der fetten Fische im Maul rasch wieder nach unten. Die Meermenschen saßen auf ihren Pferden und beobachteten, was da geschah. Sie schienen alle zu reden und zu lachen. Und noch bevor der jagende Fisch mit seiner Beute bei ihnen angelangt war, kam ein zweiter von diesen eigenartigen Fischen nach oben. Lucy war fast sicher, daß ihn einer der Meermenschen, der inmitten der Gruppe auf seinem Seepferd saß, heraufgeschickt hatte, und es sah so aus, als hätte er ihn bis dahin festgehalten.
Meine Güte! dachte Lucy. Es ist eine Jagdpartie! Oder eher so etwas wie eine Falkenjagd. Ja, das ist es. Sie reiten mit diesen grimmigen kleinen Fischen am Handgelenk aus, genau wie wir mit den Falken am Handgelenk ausritten, als wir vor langer Zeit Könige und Königinnen in Feeneden waren. Und dann lassen sie sie fliegen–oder eigentlich müßte man sagen schwimmen
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